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Shimmer

Shimmer

Titel: Shimmer
Autoren: Hilary Norman
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South Beach feste Regeln – eine Liste von Verboten, die überall entlang der Promenade angeschlagen war. Keine alkoholischen Getränke, keine Glasbehälter, kein Wandern über die Dünen. Keine Tiere, keine Feuerwaffen, kein Feuerwerk. Keine »sittenwidrigen Aktivitäten«.
    Doch keine dieser Regeln deckte auch nur ansatzweise ab, worauf Joe Myerson gestoßen war, als er wie jeden Freitagmorgen bei Sonnenaufgang im Meer seine Bahnen zog.
    Joe genoss diese knapp bemessene Zeit.
    »Sollte ich mal ertrinken, einen Herzanfall erleiden oder von einem verdammten Hai gefressen werden, während ich da draußen bin«, hatte er einmal zu seinem Bruder gesagt, »dann weißt du, dass ich als glücklicher Mann den Löffel abgegeben habe.«
    Beinahe hätte er an diesem Morgen die Tour durch sein privates Freitagsparadies beendet.
    Es würde nie wieder so sein wie früher.
    Auf den ersten Blick schien es nicht mehr zu sein als ein abgetriebenes Ruderboot. Rosa gestrichen und ziemlich heruntergekommen schaukelte es auf den Wellen.
    Joe hatte das Boot schon auf dreißig Meter Entfernung gesehen und war sofort neugierig geworden – und das nicht nur, weil selbst abgehalfterte alte Ruderboote gemeinhin vertäut oder an Land gezogen wurden. Aus irgendeinem Grund war Joe der Gedanke gekommen, dass dieses Boot nicht leer war. Vielleicht lag jemand darin, den er nicht sehen konnte. Der womöglich krank war.
    Tatsächlich lag jemand im Boot, doch krank war er schon lange nicht mehr.
    Was man von Joe nicht behaupten konnte.
    Es war das Schlimmste, was er in seinem Leben gesehen hatte.
    Und er hoffte, so etwas nie, nie wieder zu sehen.
    »Mr. Myerson hat das Boot persönlich ans Ufer gezogen«, sagte Neal Peterson – der Streifenbeamte des Miami Beach Police Departments, der als Erster vor Ort gewesen war – zu den Detectives Sam Becket und Alejandro Martinez, als sie um kurz nach acht eintrafen.
    Sie standen am Strand, unmittelbar gegenüber vom Ocean Drive und der Zehnten Straße, nur ein paar Blocks von ihrem Büro an der Washington Avenue entfernt.
    Das Böse lauerte gleich um die Ecke.
    Die Spurensicherung war schneller gewesen als die Detectives und untersuchte bereits das Ruderboot und die unmittelbare Umgebung, die mit Polizeiband abgesperrt war.
    Peterson kannte die beiden Detectives schon lange, und er wusste, wie eng das Band zwischen Becket, dem großen, langgliedrigen Afroamerikaner, und Martinez, dem kleineren, noch schlankeren, bisweilen aber auch zäheren Kubaner, war.
    »Am Bug war ein Tau befestigt, das offenbar durchgehackt wurde«, fuhr der Streifenpolizist fort. »Mr. Myerson hat gesagt, kaum habe er das Opfer gesehen, wollte er nur noch weg, so schnell wie nur möglich. Doch er wusste, er würde es sich nie verzeihen, sollte das Boot noch weiter aufs Meer hinaustreiben und womöglich kentern.«
    »Der arme Kerl.« Sam schaute zum Boot und dann aufs Meer hinaus.
    »Er hat mehr Mumm als die meisten Leute«, bemerkte Peterson.
    »Ja, er ist ein richtiger Held«, erwiderte Martinez, der solche Aussagen nur selten für bare Münze nahm. »Wo steckt er?«
    Peterson drehte sich um und zeigte auf seinen Partner, der gerade gut fünfzehn Meter entfernt vor einer Gestalt stand, die im Sand kauerte. »Er hat vom Ziehen des Bootes Schrammen an den Armen.«
    »Sind diese Schrammen wirklich vom Ziehen?«, fragte Sam.
    »Doc Sanders scheint jedenfalls dieser Meinung zu sein«, antwortete der Officer. »Er hat einen Abstrich gemacht und die Wunden verbunden. Nähen war nicht nötig.« Er hielt kurz inne. »Nichts deutet darauf hin, dass die Wunden von einem Kampf stammen.«
    »Weiß er, dass er mit uns sprechen muss?«, erkundigte sich Sam.
    Im Dezernat für Gewaltverbrechen wurde in einer Art Lotterie darüber entschieden, wer die Leitung bei einem neuen Fall bekam, und Sergeant Alvarez hatte Sam diese Sache aufs Auge gedrückt, sodass er im Büro den größten Teil des Papierkrams würde erledigen müssen. Draußen vor Ort war es Sam und Martinez jedoch ziemlich egal, wer offiziell das Sagen bei den Ermittlungen hatte; sie waren schon zu lange Partner, als sich deshalb in die Wolle zu kriegen.
    »Ja, Sir«, beantwortete Peterson nun Sams Frage. »Er sagte, es macht ihm nichts aus, wenn er warten muss. Er könne sich ohnehin nicht vorstellen, bald wieder zur Arbeit zu gehen.«
    Eine weitere Gestalt – hemdsärmelig und übergewichtig, aber nicht schwerfällig – kam über den Sand auf die beiden Detectives zu und duckte sich
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