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Sheylah und die Zwillingsschluessel

Sheylah und die Zwillingsschluessel

Titel: Sheylah und die Zwillingsschluessel
Autoren: Lolaca Manhisse
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Sorgen. Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass ihre Mutter und Oma diesen Schlüssel besessen hatten und er ihr deswegen Trost spendete – so wie jetzt, als sie ihn in der Hand hielt und mit zusammengekniffenen Augen in die Wüste starrte. Sie glaubte, am Horizont schwarze Umrisse zu sehen. Als sie ihre Augen anstrengte, erkannte sie ein Gebirge. Na toll! Sie hatte also die Möglichkeit, riesige Berge zu erklimmen oder es in der offenen Wüste zu versuchen und zu hoffen, dass sie nicht verdurstete. Sie entschied sich für Ersteres. Wo Berge waren, war aller Wahrscheinlichkeit auch Wasser, was ihr angesichts der sengenden Hitze als ein gutes Argument erschien. Sie steckte Tarem wieder unter ihr Shirt und lief Richtung Berge. Wo war sie nur? In Erdkunde hatte sie vielleicht nicht immer aufgepasst, aber an eine Wüste in Europa hätte sie sich erinnert. Europa! Sie musste sich mindestens noch in Deutschland befinden, wenn nicht sogar in Berlin. Ohne Geld, Fahrkarte und im Schlafzustand konnte sie unmöglich so weit gekommen sein. Aber hier war sie, mitten in einer Einöde und bei vollem Bewusstsein, da war sie sich sicher.
    Sie wusste nicht, wie lange sie schon lief. Minuten oder Stunden, Zeit hatte für sie keine Bedeutung mehr. Ihre Haut war verbrannt, ihre Lippen trocken und ihre Füße – hatte sie überhaupt noch welche? – fühlten sich an, als liefe sie auf Stummeln. Aber das Schlimme an der ganzen Sache war, dass die Berge kein Stück näher kamen. Sheylah lief und lief, doch es schien, als wollten sie einfach nicht von ihr eingeholt werden. Irgendwann brach sie zusammen und rührte sich nicht mehr. Sie lag mit dem Gesicht im Sand und atmete die kleinen Körner ein, zu schwach, ihren Kopf zu heben. Sie würde hier sterben, mitten im Nirgendwo und niemand würde sie finden. Plötzlich erzitterte der Boden unter ihrem Körper und die winzigen Sandkörner hüpften wild herum. Erschrocken schlug sie die Augen auf. Ein Erdbeben? Mit großer Mühe schaffte es Sheylah, sich hochzustemmen. Sie stand zwar auf wackligen Beinen, aber sie stand. Mit zusammengekniffenen Augen schaute sie in Richtung der Berge. Etwas Großes bewegte sich auf sie zu. Es war eine riesige Staubwolke. Oh Gott, ein Sandsturm? Dann war sie geliefert. Sie wollte schon in Panik geraten, als sie ein bekanntes Geräusch vernahm. War das ein Wiehern gewesen? Gleich darauf hörte sie das Trampeln vieler Hufe. Pferde, das bedeutete auch Menschen! Sheylah gab einen Freudenschrei von sich und schwankte der Staubwolke entgegen. Endlich würde sie gerettet und aus dieser gottverdammten Wüste gebracht werden. Es dauerte nicht lange, bis sie die Pferde erkennen konnte. Nur deren Reiter erschienen als schwache dunkle Schemen und verschwammen immer wieder vor ihren Augen. In einem Abstand von etwa fünfzig Metern hielten sie an und auch Sheylah blieb verunsichert stehen. Es konnte eine harmlose Karawane sein oder aber Banditen, überlegte sie. Sheylah schätzte sie auf einhundert Mann, auch wenn sie die Reiter immer noch nur undeutlich wahrnahm.
    Was auch der Grund war, wieso sie das plötzliche Händeheben eines der Männer falsch deutete. Zuerst dachte sie, er winkte ihr, doch dann erklang ein sirrendes Geräusch. Es geschah so schnell, dass Sheylah keine Zeit hatte, zu reagieren. Etwas schnitt sie seitlich am Bauch, dann wurde sie mit solcher Wucht nach hinten gerissen, dass sie mit dem Hinterkopf auf dem Sand aufschlug. Kleine Sterne blitzten vor ihren Augen auf und sie stöhnte vor Schmerzen. Langsam versuchte sie sich aufzurichten, doch irgendetwas hielt sie fest. Sie schaute an sich herab und erschrak. Ein silberner langer Speer hatte sich seitlich in ihr Shirt gebohrt und ihre Haut angeritzt. Er steckte so tief im Boden, dass er sie buchstäblich festnagelte. Sie konnte es nicht glauben, dass jemand mit einem Speer nach ihr geworfen hatte! Blieb bloß die Frage, ob derjenige gut gezielt oder schlecht getroffen hatte. Sie wusste nicht, was von beidem sie mehr beunruhigte. Mit geschlossenen Augen blieb sie liegen und versuchte das Schwindelgefühl loszuwerden – es gelang ihr nicht. Sie hörte, wie die Reiter näher kamen und linste durch halbgeöffnete Augen. Vielleicht sollte sie sich totstellen und hoffen, dass sie weiterzogen. Doch sie verwarf den Gedanken gleich wieder und schob ihre unsinnigen Überlegungen dem Wassermangel zu. „Ist sie es?“, hörte sie eine tiefe männliche Stimme fragen.
    „Das werden wir gleich herausfinden“,
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