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Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition)

Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und die Moriarty-Lüge (German Edition)
Autoren: J. J. Preyer
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Wir frühstückten gemeinsam, ich ging in die Praxis hinunter. Als ich gegen zwölf Uhr dreißig nach oben kam, war die Wohnung leer. Kein Brief, nichts.«
    »Fehlte etwas aus der Wohnung?«
    »Ihr Wintermantel. Sonst nichts.«
    »Schuhe?«
    »Ja.«
    »Das heißt, sie war ausgegangen und nicht zurückgekehrt.« »Man sah sie in eine Droschke steigen. Schwarz, mit geschlossenen Vorhängen. Schwarze Rappen.« »Moriarty.« »Das heißt ...« »Nein, heißt es nicht. Ich bin sicher, Ihre Frau ist noch am Leben und Sie werden sie wiedersehen.«
     
    Die geistige Anstrengung, die, wenn auch nur imaginierte, Begegnung mit Sherlock Holmes hatte den Doktor so erschöpft, dass er noch im Sessel in einen bleiernen Schlaf fiel, aus dem er am Morgen benommen, mit Gliederschmerzen, erwachte.
    Er bat Mrs. Remington, die für ihn das Haus in Ordnung hielt, nach Dr. Solvay zu senden. Der Mann hatte zwar schwedische Vorfahren, war aber ein guter Diagnostiker.
     
    Watson musste nach dem Frühstück, das er bis auf eine Tasse Tee ohne Milch kaum angerührt hatte, wieder eingeschlafen sein, jedenfalls weckte ihn von der Tür her die Stimme eines Mannes, die ihm bekannt vorkam, nur konnte er sie vorerst nicht einordnen. »Fieber, jenes interessante Phänomen, dessen Name sich vom lateinischen ferveo , brennen, ableitet, ist ein Körperzustand, der durch erhöhte Temperatur gekennzeichnet ist. Fieber begleitet viele Krankheiten und muss als Symptom und nicht als Ursache betrachtet werden. Fieber ...«
    »Wenn es nicht völlig unmöglich wäre, so handelt es sich um meinen alten Freund Holmes. Aber es ist wohl nur ein weiterer Fiebertraum«, erwiderte Watson matt.
    »Dabei habe ich mir so viel Mühe gegeben, meine Stimme der eines Arztes mit schwedischen Wurzeln anzugleichen. Das Fachwissen entstammt der Encyclopaedia Britannica .«
    Nun zeigte sich der hochgewachsene, fast dürr zu nennende Mann, der an die vierzig Jahre alt sein mochte, dem im Krankenbett liegenden Watson, indem er den Schlafraum betrat. Es handelte sich dabei um ein Zimmer, das dem in der Baker Street auf verblüffende Weise glich, mit einem allerdings wesentlich breiteren Bett in der Mitte, zu dessen linker und rechter Seite je ein Tischchen mit einer Kerze stand. Das Fenster zum Park lag am Kopfende, sodass der Schlafende nicht von der Helligkeit des Morgens gestört wurde. Ein großer Kleiderschrank und ein offener Kamin in der Ecke rechts vom Eingang ergänzten die Einrichtung. Wie in der Baker Street war auch dieses Gemach mit einem Grammophon ausgestattet.
    Die Hand der tüchtigen und liebenden Frau zeigte sich in der Auswahl der Textilien des Bettes und der Vorhangstoffe und vermutlich auch der Bilder an den tapezierten Wänden, die Szenen indischer Landschaften zeigten, jenem Land, in dem Mary Morstan ihre Kindheit verbracht hatte.
    »Bleiben Sie liegen, guter Doktor. Sie sind krank«, sagte Holmes.
    »Aber ... wie ...«, stammelte Watson.
    »Ich lebe, ja, und ich dachte, ich zeige mich meinem Freund, in der Hoffnung, dass dies zu seiner Gesundung beitrage und wir gemeinsam nach seiner verschwundenen Frau suchen können.«
    »Holmes, Mary«, murmelte der Doktor. Sein Gesicht glühte.
    »Haben Sie es schon mit Chinarinde versucht? Ich habe einen Auszug davon mitgebracht. Nehmen Sie davon!« Der Detektiv reichte seinem Freund ein braunes Fläschchen. »Zehn Tropfen. Nicht mehr und nicht weniger.«
    Watson mischte die Tinktur mit Wasser.
    »Vorsicht, bitter«, warnte Holmes, aber Watson hatte das Glas schon geleert.
    »Sie mit Ihren ...«
    »Drogen wollten Sie sagen, nicht wahr, Doktor?«, meinte Holmes noch, aber da war Watson schon in einen tiefen Schlaf gesunken.
    Holmes betrachtete noch einige Minuten das erschöpfte Gesicht des fünf Jahre älteren Freundes, der trotz seines noch immer athletischen Aussehens zunehmend zur Korpulenz neigte, dann erhob er sich, um die Haushälterin zu bitten, eine Geflügelsuppe zu kochen. Damit wollte er zur Gesundung des Mannes beitragen, dessen Erkrankung in Holmes' Augen jedoch im Wesentlichen auf die seelische Erschütterung durch den Verlust seiner Frau zurückzuführen war. Aber das machte nichts. Jede Form der Zuwendung würde die Genesung des armen Mannes fördern. Und irgendwie hatte auch Holmes in diesen vier Jahren seinen Gefährten vermisst.
    Er unterhielt sich inzwischen mit Linda Remington, der Haushälterin, mit den vom Schrubben und Waschen roten, kräftigen Händen, bei einer Tasse Tee in der Küche des
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