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Sherlock Holmes in Dresden

Sherlock Holmes in Dresden

Titel: Sherlock Holmes in Dresden
Autoren: Wolfgang Schüler
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weshalb ihn niemand im Laufe der Zeit hinaus zu dem anderen Unrat geschafft hat.«
    Die Balken schienen so alt wie die Burg zu sein. Sie waren an den Köpfen verfault. Ich umkreiste den großen Haufen und stieß auf drei große, leere Holzkisten. »Ich glaube, ich habe etwas gefunden«, sagte ich und schob eine Kiste beiseite. Unter ihr kamen Bretter zum Vorschein.
    Holmes räumte die anderen beiden Kisten weg. Die Bretter gehörten zu einer Falltür, die mit einer Kette und einem schweren Vorhängeschloss gesichert war.
    Mein Freund warf einen verächtlichen Blick darauf. »Bei diesem Schloss haben sie am Geld gespart. Es ist weit weniger stabil, als es aussieht. Wen soll es abhalten? Kinder einer Volksschule?« Er griff in seine Tasche und holte sein Einbruchswerkzeug heraus. Es knackte leicht, als der Bügel aufsprang. Dann klirrte die Kette. »Sieh her, auch hier sind die Scharniere gut gefettet. Wir befinden uns auf der richtigen Fährte«, äußerte er triumphierend.
    »Ich habe ein ungutes Gefühl«, meinte ich. »Ich glaube, wir werden beobachtet. So wie zwei Hamster in einem Käfig. Die Herrschaft steht daneben und freut sich, währenddessen die possierlichen Tierchen in einem Labyrinth nach dem richtigen Ausgang suchen.«
    »Deine Vermutung mag wohl stimmen. Wir sind so weit gekommen, wie wir konnten. Weiterzugehen, wäre Selbstmord. Wir warten auf die Verstärkung. Sie muss jeden Moment eintreffen, falls der Geheime Polizeirat sein Versprechen hält.« Er klappte die Falltür auf und sah in den Schacht hinunter. Eine steile Stiege führte hinab. Sie war links und rechts mit Brettern benagelt, wies ungefähr zwanzig Stufenauf und endete in einem Gang, der mit Holzblöcken gepflastert war.
    »Das ist ganz unzweifelhaft der Zugang zum Fasskeller und den Vorratskammern. Die aufgenagelten Bretter dienen als Rampe. Von dort unten aus muss es eine Tür zur Küche geben.«
    Wir warteten. Der Polizei-Motorwagen war noch immer nicht zu hören. Und dann wurden wir irgendwie des langen Ausharrens müde und stiegen hinunter. Der Gang unten war breit genug für zwei Personen. Nach etwa zwanzig Metern kamen wir an eine Treppe nach oben. Wir gingen hinauf und gelangten in einen völlig leeren Raum.
    Ich deutete auf die Kellertür. Sie hob sich von der dunklen Wandtäfelung kaum ab und war deshalb schwer zu erkennen. Ich gab zu bedenken: »Es wird schwer werden, sich den Einstieg zu merken. Die beiden Räume links und rechts sehen fast genauso aus.«
    »Eine gute Idee, wir werden den Rückweg einzeichnen«, antwortete Holmes. Er kramte aus seinen unergründlichen Taschen ein blaues Stück Ölkreide hervor und markierte den Ausgang mit einem Kreuz. »Wie du vielleicht unten bemerken konntest, mündet der Gang in einen großen Vorraum, von dem mehrere Kellertüren abgehen. Insofern hatte ich recht mit meiner Vermutung. Allerdings scheint es sich bei diesem Zimmer hier, in dem wir uns momentan aufhalten, keinesfalls um eine Küche gehandelt zu haben. Ich kann weder einen Herd noch eine Esse erkennen. Das finde ich merkwürdig, äußerst merkwürdig sogar.«
    Wir wandten uns nach rechts und marschierten durch endlos lange Zimmerfluchten in Richtung des Tordurchgangs, welcher die innere mit der äußeren Burg verband. Die meisten Räume waren leer. Nur vereinzelt standen noch Möbelstückeherum. Alles war wertloser Plunder: zerbrochene Stühle, kaputte Tische, verbogene Metallbettgestelle.
    »Das gesamte Gerümpel scheint aus einem Spital zu stammen«, stellte Holmes fest.
    Bald gelangten wir in einen erhöhten Saal. Durch einen Blick aus dem Fenster überzeugte ich mich davon, dass er direkt über dem Tordurchgang lag. In dieser Art Aula standen mehrere Reihen von braunen Stühlen wie in einem Theater. Über dem Kamin prangte ein Wandgemälde. Es zeigte einen grinsenden Jüngling auf einem Baum, der einer drallen Bäuerin einen Apfel hinunterreicht.
    Vom Kaminsaal aus gelangten wir über einige Stufen hinab in einen langen Flur. Er hätte dringend einer gründlichen Reinigung bedurft. Schwarze Spinnweben hingen von der Decke herab. Von den Wänden war teilweise der Putz abgefallen. Dutzende Papptüren gingen zu kleinen Verschlägen ab. Hinten ihnen waren seltsame schmatzende und gurgelnde Geräusche zu hören. Es roch nach Krankheit und Verwesung.
    Ich öffnete vorsichtig eine dieser Türen und sah in den schmalen Raum dahinter. In ihm stand ein Metallbett. Auf der blanken Matratze lag ein Skelett. Es war mit zwei breiten
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