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Sherlock Holmes in Dresden

Sherlock Holmes in Dresden

Titel: Sherlock Holmes in Dresden
Autoren: Wolfgang Schüler
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schmiedeeisernen Verzierungen. Zu den Gebäudeflügeln links und rechts vom Tordurchgang führten zwei nahezu identische Freitreppen mit geschwungenen Treppenläufen, die von einigen Gräbern mit erhabenen Marmorplatten und steinernen Kreuzen flankiert wurden.
    Zwei Motorwagen parkten nebeneinander: Ein grünes Benz-Automobil mit hinterem Kastenaufbau und halb offenem Chauffeurssitz sowie ein Adler-Krankenwagen, der so ähnlich aussah wie der, mit dem ich verschleppt worden war. Nirgendwo ließ sich eine Menschenseele blicken. Dessen ungeachtet fühlte ich mich äußerst unwohl. Mir war so, als ob mich ständig Blicke aus hasserfüllten Augen streifen würden.
    »Hier drin sieht es gar nicht so schlimm aus«, versuchte ich mich selbst zu beruhigen und blickte mich um. Lediglich im Ostflügel fehlten einige Ziegel. Bis auf die Dachluken waren alle Fenster vergittert. Die meisten Scheiben schienen unversehrt zu sein. »Wo fangen wir an zu suchen? Die Burg ist riesig.«
    »Die Freitreppe links scheint mir einen passablen Eindruck zu machen. Halte ab sofort deinen Revolver bereit.«
    Mit schweißnassen Händen umklammerte ich meinen alten treuen Webley, den Holmes für mich aufbewahrt hatte. Er musste sich mit dem Schießprügel begnügen, der von dem toten Colonel Moran stammte.
    Als wir näher an die Freitreppe herankamen, bemerkten wir sofort, dass wir uns auf dem falschen Weg befanden. Die Schmutzablagerungen auf den Stufen verrieten, dass sie seit Langem niemand mehr benutzt hatte. Die Türklinke in Form eines Raubvogelkopfes war eingerostet und ließ sich nicht nach unten drücken. Hinter den filigran vergitterten Fensterscheiben hing ein schwarzer Vorhang und versperrte den Blick nach innen.
    Auf der anderen Seite erwartete uns das gleiche Ergebnis. Dann gab es noch eine solide, zweiflügelige Stahltür. Sie war fest verriegelt.
    Holmes untersuchte das Schlüsselloch. »Es handelt sich um ein Chubb-Sicherheitsschloss. [ 2 ] Es besitzt mehrere Zuhaltungen, Federn und Stifte. Darüber hinaus ist es mit einem Detektor versehen, der den Riegel arretiert, sobald ein Einbrecher versucht, ihn mittels Sperrzeugs zu heben. Es öffnen zu wollen, würde viel zu viel Zeit kosten.«
    Ein weiterer Zugang ließ sich nicht erkennen. »Wollen wir bei einer der Türen versuchen, ein Gitter herauszubrechen?«, fragte ich.
    »Das machen wir erst, wenn wir komplett gescheitert sind. Wir wissen nicht, was uns hinter den Vorhängen erwartet.«
    Das stimmte natürlich nicht. Wir wussten ganz genau, wer uns hier auflauerte, nämlich Colonel James Moriarty und Dr. Alexander von Schleuben-Aumont. Nur um die beiden zu treffen, waren wir hier.
    Aber es gab Hoffnung: »Die Burg scheint völlig verlassen zu sein. Nirgendwo zeigt sich auch nur die geringste Regung. Vielleicht sind die Bewohner mit einem dritten Motorwagen fortgefahren, um nach dem längst überfälligen Colonel Moran zu suchen. Ich schlage vor, wir nehmen noch einmal den Tordurchgang zwischen der inneren und der äußeren Burg in Augenschein. Dort habe ich eine Öffnung gesehen«, erinnerte ich mich.
    Hinter dem Durchlass befand sich die ehemalige Wachstube. Die Tür stand offen. Aus dem kleinen Raum dahinter gab es keine Verbindung zum Inneren der Burg.
    »Das wäre auch unlogisch gewesen. Der Feind durfte nirgendwo eindringen können. Gehen wir zurück in den Innenhof, wir haben etwas übersehen«, meinte Holmes. Er betrachtete aufmerksam die Steinplatten auf dem Boden und suchte lange Zeit nach einem Hinweis, nach einer Abweichung im Muster. Umsonst. Er konnte keine verborgene Falltür entdecken. Auch die Grabplatten machten nicht den Eindruck, als wären sie in den letzten hundert Jahren bewegt worden.
    Ich umrundete inzwischen den Burghof und besah die Mauern. Überall gab es nur glatte, graue Wände.
    »Was tut ein findiger Entdecker, der weiß, dass etwas da sein muss, was er aber partout nicht finden kann?«, fragte Holmes.
    »Er hört endlich auf, an den falschen Stellen zu suchen.«
    »Genau. Wo haben wir noch nicht nachgesehen?«
    »In der Gasse zur äußeren Burg.«
    »Das stimmt zwar, aber dort werden wir schwerlich etwas finden. Die Fachwerkhäuser sind für uns ohne Interesse, zunächst jedenfalls. Es ist zwar gut möglich, dass von dort aus ein Geheimgang zur inneren Burg führt, aber er wird perfekt getarnt und schwer zu öffnen sein. Deshalb sollten wirzunächst dort hinten den Haufen verrottender Balken näher in Augenschein nehmen. Ich frage mich nämlich,
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