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Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel

Titel: Sherlock Holmes - Der verwunschene Schädel
Autoren: Alisha Bionda
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kam ja nur mit den wirklich ungewöhnlichen Problemen zu Sherlock Holmes. So dachte ich jedenfalls, als Lestrade mit seinen Ausführungen anhub, und ich wie üblich auf einem Block Notizen machte, die ich später für eine mögliche Geschichte zu verwerten gedachte.
    „Es ist wie verhext. Als ob er einen seiner Zaubertricks kopiert hätte, mit denen er allabendlich das Publikum im Palladium erstaunte.
    Sie haben es vielleicht gesehen oder davon gehört, Holmes, wie er in einen leeren Kasten steigt, seine Assistentin – die Inderin – den Kasten vor unseren Augen verschließt, Schwerter hindurchstößt und er dann urplötzlich an anderer Stelle wieder auftaucht, während der Kasten leer ist. Eine höchst bemerkenswerte Vorstellung, glauben Sie mir.“
    „Nicht so bemerkenswert wie Sie vielleicht glauben, Lestrade. Ich vermag mir mehrere Möglichkeiten vorzustellen, wie ein geschickter Illusionist bei seinem Publikum den von Ihnen geschilderten Täuschungseffekt hervorzubringen vermöchte.“
    „Natürlich weiß ich auch, dass das alles nur auf Täuschung beruht, Holmes. Die Londoner Polizei ist nicht so einfältig, wie Sie meinen.
    Aber das Verschwinden und die anderen Tricks sind doch auch wieder nur vorpräparierte Bühnentricks, mit einer geheimen Falltür, verborgenen Spiegeln und dergleichen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass es solche Dinge im Gefängnis Ihrer Majestät in Reading sicher nicht gibt. Auch keine geheimen Türen in der Wandtäfelung, abgesehen davon, dass die Wände dort lediglich aus Mauerwerk und Putz bestehen. Und die einzige Tür, die aus der Zelle herausführt, besteht aus dickem Stahl und war stets gut verschlossen.“
    „Es ist aber nicht unmöglich, dass Hunzicker einen geheimen Helfer unter den Beamten hatte, der ihm zur Flucht verhalf, oder?
    Holmes, meinen Sie nicht, dies sei die einfachste Lösung?“ Lestrade musterte mich mit einem Blick, der fast ebenso irritierend war wie der dunkle Fleck auf dem Teppich, der sich weiter und weiter auszubreiten begonnen hatte. „Sie meinen also, einer meiner Leute wäre bestechlich gewesen?“ Es klang, als müsse er nicht die Redlichkeit seiner Leute, sondern gleich die Glaubenssätze der Anglikanischen Kirche verteidigen.
    „Warum nicht? Die englische Polizei wäre nicht die einzige auf der Welt, in der es schwarze Schafe gäbe!“

    „Schon möglich. Allerdings habe ich selbst noch wenige Sekunden vor seinem Verschwinden einen Blick auf den sogenannten ‚indischen Fakir’ durch das Guckloch in der Zellentür werfen können. Er war da! Und als ich mich kurz umwandte, um mit einem der Beamten zu sprechen, und dann wieder durch das Guckloch schaute – da war er verschwunden!“
    Durch Sherlock Holmes’ hagere Gestalt ging ein Ruck. Er schien sich in seinem Sessel aufzurichten, umkrampfte mit der freien Hand die Armlehne und zog heftiger an seiner Pfeife. Ein untrügliches Zeichen, dass ihn das Problem zu interessieren begann. Lestrade stand immer noch da und tropfte auf den Teppich. „Erzählen Sie. Was hat er gemacht, als Sie ihn zum letzen Mal durch das Guckloch beobachteten?“
    „Das, was er die achtundvierzig Stunden zuvor auch schon tat, ausgenommen in den Pausen, in denen er die Mahlzeiten zu sich genommen oder geschlafen hat: Er saß auf seinem Stuhl, las laut aus seinem Buch vor und betrachtete dazu die Photographie seiner Frau und seines Kindes. Sie wissen schon, die beiden, die so grausam ermordet wurden.“
    Es scheint mir an dieser Stelle zweckmäßig, einige Informationen über den Mann einzufügen, den die Welt vor allem als den ‚indischen Fakir’ kennt. Vor zwanzig Jahren war Alistair V. Hunzicker ein aufstrebender junger Arzt gewesen, Oxfordabsolvent und trotz seiner jungen Jahre bereits Mitglied der Royal Academy of Science. Seine Karriere schien steil nach oben zu weisen. Leider interessierte sich der junge Gesellschaftsarzt für eher ungewöhnliche Behandlungsmethoden wie Heilung durch Handauflegen, Schamanismus und die Austreibung böser Krankheitsgeister durch spezielle Rituale – alles wenig dazu angetan, ihn in medizinischen Fachkreisen als seriös erscheinen zu lassen. Dann geschah irgendein Skandal. Man entzog ihm die Approbation, er verließ Hals über Kopf England und tauchte in Indien unter. Dort widmete er sich anscheinend eingehender seinen speziellen Vorlieben. Als er vor einigen Jahren wieder auf dem europäischen Festland auftauchte, war er ‚Mahatma Al’air’, der ‚indische Fakir’,
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