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Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Sherlock Holmes - Der Rote Kreis

Titel: Sherlock Holmes - Der Rote Kreis
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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betrachten. Wir wollen annehmen, daß der Brief aus diesem fremden Haus stammt und für Garcia die Einladung bedeutete, einen geplanten Anschlag auszuführen. Wer hat die Notiz geschrieben? Es war jemand innerhalb der Zitadelle. Es war eine Frau. Wer ist dann also Miß Burnet, die Gouvernante? All unsere Argumente scheinen in die Richtung zu weisen. Auf jeden Fall werden wir es als Hypothese annehmen und sehen, wohin uns das führt. Ich möchte hinzufügen, daß Miß Burnets Alter und Charakter meine erste Annahme untermauert, - eine Liebesaffaire ist sicherlich ausgeschlossen.
    Wenn sie die Notiz geschrieben hat, dann war sie eine Freundin und Verbündete von Garcia.
    Was hat sie gemacht, als sie von seinem Tod gehört hat? Wenn er um einer ungesetzlichen Tat willen gestorben ist, dann sind ihre Lippen jedenfalls versiegelt. Trotzdem muß sie in ihrem Herzen sicherlich Haß und Bitterkeit gegen die hegen, die ihn umgebracht haben. Sicher würde sie helfen, ihn zu rächen. Können wir sie sehen und versuchen, sie zu benutzen? Das war mein erster Gedanke. Aber jetzt kommen wir zu einer teuflischen Tatsache. Seit der Mordnacht ist Miß Burnet von keinem menschlichen Auge gesehen worden. Von jenem Abend an ist sie wie vom Erdboden verschwunden. Lebt sie noch? Bedeutet es, daß diese Nacht, in der sie ihren Freund gerufen hatte, gleichzeitig ihre letzte Nacht war? Oder ist sie einfach nur gefangen und eingesperrt? Über diesen Punkt müssen wir uns noch Klarheit ve r-schaffen.
    Watson, Sie begreifen die Schwierigkeit dieser Lage sicherlich. Es gibt keine Handhabe für einen Durchsuchungsbefehl. Unsere Pläne "sehen in den Augen des Magistrates viel zu pha ntastisch aus. Das Verschwinden der Frau zählt nicht, denn in diesem seltsamen Haushalt kann sicherlich auch jemand mal für eine Woche unsichtbar sein. Und doch kann sie in diesem Augenblick in Lebensgefahr schweben. Alles was ich tun kann, ist das Haus zu beobachten und meinen Freund Warner das Tor hüten zu lassen. Diese Situation kann aber nicht für immer fortdauern. Wenn das Gesetz nichts tun kann, müssen wir das Risiko selber tragen. «
    »Was schlagen Sie denn vor?«
    »Ich weiß jetzt, wo ihr Zimmer ist. Von einer angebauten Scheune aus könnte man dort einsteigen. Ich schlage vor, daß Sie und ich heute abend hingehen, mitten ins Herz des Rätsels.«
    Ich muß sagen, daß dies keine allzu angenehme Aussicht war. Das alte Haus mit seiner Mord-atmosphäre, den fremden, feindlich gesinnten Bewohnern, den unbekannten Gefahren, die das Unternehmen mit sich brachte, die Einsicht, daß wir uns legal gesehen in eine falsche Position brachten, all das war sehr dazu angetan, meine Begeisterung zu dämpfen. Aber Holmes argu-mentierte so eiskalt, daß es mir unmöglich wurde, mich diesem gemeinsamen Abenteuer zu entziehen. Ich wußte, daß so, aber auch nur so die Lösung gefunden werden konnte. Ich drückte ihm schweigend die Hand und der Bund war besiegelt.
    Es war uns jedoch nicht vergönnt, unsere Ermittlung zu einem so abenteuerlichen Ende zu führen. Um fünf Uhr etwa, als die Schatten des Märzabends zu fallen begannen, stürzte ein aufgeregter Landbewohner zu uns ins Zimmer.
    »Sie sind fort, Mr. Holmes. Sie haben den letzten Zug genommen. Die Dame ist ausgerissen und ich habe sie in einem Wagen unten. «
    »Ausgezeichnet, Warner!« rief Holmes und sprang hoch. »Watson, die Lücken schließen sich.«
    Wir halfen der Frau, die fast ohnmächtig vor nervlicher Erschöpfung war, aus dem Wagen.
    Ihre adlerförmige Nase und das schmale Gesicht trugen die Spuren jüngst vergangener Tortu-ren. Ihr Kopf war gesenkt. Sie hob ihn jedoch einmal und richtete ihre dumpfen Augen auf uns. Ihre Pupillen waren dunkle Punkte im Zentrum der grauen Iris. Sie hatte Opium geno mmen.
    »Ich habe das Tor bewacht, Mr. Holmes, wie Sie es mir aufgetragen haben«, sagte unser Bo tschafter, der entlassene Gärtner. »Als die Kutsche herausfuhr, folgte ich ihr bis zum Bahnhof.
    Die Frau war wie jemand, der schlafwandelt, aber als sie versuchten, sie in den Zug zu zerren, kam sie zu sich und kämpfte. Sie stießen sie ins Abteil. Sie kämpfte sich wieder heraus. Ich habe ihr ein bißchen beigestanden und ihr in meinen Wagen geholfen und hier sind wir nun.
    Henderson hat mich aus dem Abteilfenster heraus angestarrt, als ich losfuhr und er nichts mehr machen konnte. Diesen Blick werde ich wohl nie vergessen. Wenn er könnte, wie er wollte, wäre mein Leben nur noch kurz - dieser schwarzäugige,
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