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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht
Autoren: Bernard Cornwell
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Dabei hatte er in den letzten paar Wochen beinahe unaufhörlich an das Mädchen mit dem Habichtgesicht, das mit den Partisanentruppen an der Grenze zu Spanien ritt, gedacht. Er blickte den Sergeant an, auf dessen breitem Gesicht ein Ausdruck friedvoller Unschuld lag. »Ja, ich kann Teresa recht gut leiden«, erwiderte Sharpe trotzig. »Aber ich weiß ja nicht einmal, ob ich sie überhaupt je wiedersehe.«
    »Aber Sie würden gern«, stellte Harper klar.
    »Natürlich würde ich gern. Na und? Mädchen, die man wiedersehen will, gibt es nun einmal, aber deshalb benimmt man sich doch noch lange nicht wie ein verdammter Heiliger und wartet auf sie.«
    »Auch wieder richtig«, gestand Harper ein. »Und jetzt verstehe ich auch, weshalb Sie nicht zu uns zurückkommen wollten, Sir. Sie haben dort gesessen und Ihren Tee getrunken, während Miss Josefina nähte, und ich bin sicher, Sie haben sich beide prächtig unterhalten.«
    »Ich wollte nicht zurückkommen«, fiel Sharpe ihm scharf ins Wort, »weil mir verdammt noch mal ein Monat Urlaub versprochen worden war. Ein Monat! Und bekommen habe ich eine Woche!«
    Harper hegte nicht das geringste Mitgefühl. Der Monat Urlaub war Sharpe als Belohnung zugedacht gewesen, weil er hinter den feindlichen Linien einen Goldschatz erobert und zurückgebracht hatte, aber an diesem Einsatz hatte die gesamte Leichte Kompanie teilgenommen, und niemand hatte vorgeschlagen, auch der Rest von ihnen solle einen Monat Urlaub bekommen. Andererseits konnte Harper Sharpes Ärger verstehen, denn der Gedanke, einen ganzen Monat in Josefinas Bett zu verbringen, hätte selbst einen Bischof dazu gebracht, sich dem Trunk zu ergeben.
    »Eine verdammte Woche«, knurrte Sharpe. »Verdammte Armee von Bastarden.« Er trat einen Schritt vom Weg herunter und wartete, bis die Kompanie zu ihm aufgeschlossen hatte. In Wahrheit hatte seine schlechte Laune mit seinem gekürzten Urlaub wenig zu tun, aber er konnte Sergeant Harper gegenüber nicht zugeben, was sie wirklich verursachte. Er starrte auf den Zug, suchte nach der Gestalt von Lieutenant Slingsby. Das war das Problem. Der verdammte Lieutenant Cornelius Verdammt-noch-mal-Slingsby.
    Die Kompanie erreichte Sharpe, und die Männer setzten sich am Rand des Weges nieder. Sharpe befehligte jetzt eine Einheit von vierundfünfzig Mann, was einem Sonderkommando aus England zu verdanken war. Die Neuankömmlinge stachen aus der Menge heraus, weil sie leuchtend rote Röcke trugen. Die Uniformen der übrigen Männer waren in der Sonne ausgeblichen und mit braunem portugiesischen Stoff so achtlos geflickt, dass sie von Weitem eher wie Vagabunden und nicht wie Soldaten wirkten. Natürlich hatte Slingsby dagegen aufbegehrt. »Neue Uniformen, Sharpe«, hatte er begeistert geschnattert, »ein paar neue Uniformen, und die Männer werden fescher aussehen. Schöner neuer Baumwollstoff wird ihnen ein bisschen Schwung verleihen. Wir sollten welche bestellen.« Verdammter Narr, hatte Sharpe gedacht. Die neuen Uniformen würden schon rechtzeitig kommen, im Winter vermutlich, es hatte überhaupt keinen Sinn, früher danach zu fragen. Außerdem mochten die Männer ihre alten, bequemen Röcke, genau wie sie ihre französischen Tornister aus Ochsenleder mochten. Die neuen Männer hatten alle britische, von Trotters gefertigte Tornister, die über der Brust festgeschnallt wurden, bis man auf einem langen Marsch feststellen musste, dass ein glühend heißes Band aus Eisen einem die Rippen zusammenpresste. »Trotters Qualen« wurde dieses verdammte Ding genannt, und die französischen Tornister waren bedeutend bequemer.
    Sharpe schritt die Kompanie ab, befahl jedem der Neuankömmlinge, ihm seine Feldflasche zu geben, und wie er erwartet hatte, war jede einzelne leer. »Ihr seid Narren«, sagte Sharpe. »Einteilen solltet ihr das. Nur einen Schluck auf einmal! Sergeant Read!«
    »Sir?« Read, ein Rotrock und Methodist, salutierte vor Sharpe.
    »Sorgen Sie dafür, dass niemand den Männern Wasser gibt, Sergeant.«
    »Das werde ich tun, Sir, das werde ich tun.«
    Die neuen Männer würden sich trocken wie Staub fühlen, kaum dass der Nachmittag vorüber war. Keuchend, mit zugeschwollenen Kehlen, würden sie nach Luft schnappen, aber zumindest würden sie sich nie wieder so töricht verhalten. Sharpe schritt die Kompanie weiter ab bis zu der Stelle, an die Lieutenant Slingsby die Nachhut geführt hatte. »Keine Nachzügler«, berichtete Slingsby mit dem Eifer eines Terriers, der glaubt, eine
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