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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht
Autoren: Bernard Cornwell
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aus irgendwelchen Gründen war diese Station nicht zerstört worden. Es war wenig sinnvoll, sie intakt zu belassen, sodass die Franzmänner sie benutzen konnten, also war Sharpes Kompanie vom Bataillon getrennt und damit beauftragt worden, die Station niederzubrennen.
    »Könnte es ein Franzose sein?«, fragte Slingsby, eingedenk der blauen Uniform. Er klang beflissen, als wolle er den Hügel hinauf zum Angriff schreiten. Er war nur um drei Zoll größer als fünf Fuß und von einer Aura ständiger Bereitschaft umgeben.
    »Macht nichts, wenn es ein verdammter Franzmann ist«, sagte Sharpe säuerlich. »Wir sind in der Überzahl. Ich werde Mister Iliffe nach oben senden, um ihn zu erschießen.«
    Iliffe wirkte erschrocken. Er war siebzehn Jahre alt und sah aus wie vierzehn, ein grobknochiger Jüngling, dessen Vater ihm ein Patent gekauft hatte, weil ihm nichts anderes eingefallen war, was sich mit dem Jungen anfangen ließ. »Zeigen Sie mir Ihre Feldflasche«, befahl Sharpe.
    Jetzt wirkte Iliffe wirklich schreckensstarr. »Sie ist leer, Sir«, gestand er und krümmte sich zusammen, als erwarte er, dass Sharpe ihn bestrafte.
    »Sie wissen, was ich den Männern mit den leeren Feldflaschen gesagt habe?«, fragte Sharpe. »Dass sie Idioten sind. Aber Sie sind kein Idiot, denn Sie sind ja Offizier, und Offiziere, die Idioten sind, gibt es nicht.«
    »Gut gesagt, Sir«, warf Slingsby ein und schnaufte gleich darauf. Er schnaufte immer, wenn er lachte, und Sharpe unterdrückte den Wunsch, dem Bastard die Kehle durchzuschneiden.
    »Da, nehmen Sie Ihr Wasser«, sagte Sharpe und warf die Feldflasche Iliffe wieder zu. »Sergeant Harper! Weitermarschieren!«
    Es dauerte eine weitere halbe Stunde, bis sie die Kuppe des Hügels erreichten. Bei dem scheunenähnlichen Gebäude handelte es sich offenbar um eine Kapelle, denn in eine Nische über der Tür war eine lädierte Statue der Jungfrau Maria montiert. Der Mast des Telegrafen war gegen den Ostgiebel der Kapelle gebaut worden, der half, das Gitterwerk aus dicken Latten zu stützen. Dieses trug wiederum die Plattform, auf der der Ensign seine obskure Tätigkeit ausgeübt hatte. Der Mast war jetzt verlassen, seine zerschlissenen Signalseile schlugen im scharfen Wind, der um die Hügelkuppe blies, gegen den geteerten Mast. Die schwarz gestrichenen Säcke waren abgenommen worden, aber die Seile, um sie in die Höhe zu ziehen und wieder herabzulassen, waren noch vorhanden. An einem von ihnen hing ein quadratisches weißes Tuch. Sharpe fragte sich, ob die Fremden auf dem Hügel diese provisorische Flagge wohl als Signal gehisst hatten.
    Diese Fremden, ein Dutzend Zivilisten, standen neben der Tür der Kapelle. Bei ihnen befand sich ein Offizier der portugiesischen Infanterie. Sein blauer Mantel war zu einer Farbe verblichen, die dem französischen Blau täuschend ähnlich sah. Der Offizier trat jetzt vor, um sich Sharpe vorzustellen. »Ich bin Major Ferreira«, sagte er in gutem Englisch. »Und Sie sind?«
    »Captain Sharpe.«
    »Und Captain Slingsby.« Lieutenant Slingsby hatte darauf bestanden, Sharpe bei der Begegnung mit dem portugiesischen Offizier zu begleiten, genau wie er darauf bestand, seinen vorübergehenden Rang zu nennen, auch wenn er nicht länger das Recht hatte, ihn zu führen.
    »Ich führe hier das Kommando«, bemerkte Sharpe lakonisch.
    »Und was haben Sie vor, Captain?«, forderte Ferreira zu wissen. Er war ein hochgewachsener Mann, schlank und dunkel, mit einem sorgsam gestutzten Schnurrbart. Er legte das Verhalten und die Haltung eines privilegierten Mannes an den Tag, und dennoch bemerkte Sharpe an dem portugiesischen Major eine gewisse Beklommenheit, die Ferreira durch Schroffheit zu verbergen suchte. Und eben das reizte Sharpe zur Unverschämtheit. Er widerstand der Versuchung und sagte stattdessen die Wahrheit.
    »Wir haben Befehl, den Telegrafen niederzubrennen.«
    Ferreira wandte den Blick hinüber zu Sharpes Männern, die sich über die Kuppe des Hügels verteilten. Sharpes Worte schienen ihn zu erstaunen, dann aber bemühte er sich um ein Lächeln, das wenig überzeugend geriet. »Ich übernehme das für Sie, Captain. Es wird mir ein Vergnügen sein.«
    »Ich führe meine Befehle selbst aus, Sir«, widersprach ihm Sharpe.
    Ferreira nahm die Frechheit zur Kenntnis und bedachte Sharpe mit einem zweifelnden Blick. Eine Sekunde lang dachte Sharpe, der portugiesische Major habe vor, ihn zu tadeln, doch stattdessen nickte Ferreira knapp. »Wenn Sie darauf
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