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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht
Autoren: Bernard Cornwell
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Hang. Dragoner mögen Schützenlinien, Slingsby. Da haben sie endlich mal Gelegenheit, ihre Säbel einzusetzen.« Er drehte sich zur Kapelle um. Die ihm zugewandte Mauer hatte zwei verrammelte Fenster, die seiner Einschätzung nach gute Schießscharten abgeben würden, falls er den Hügel verteidigen musste. »Wie lange haben wir noch bis zum Sonnenuntergang?«
    »Zehn Minuten weniger als drei Stunden«, erwiderte Slingsby prompt.
    Sharpe brummte. Er bezweifelte, dass die Dragoner angreifen würden, aber wenn sie es taten, konnte er sie leicht bis zur Dämmerung hinhalten, und nach Einbruch der Dunkelheit würde kein Dragoner in feindlichem Gebiet bleiben, weil er die Angriffe der Partisanen fürchtete. »Sie bleiben hier«, befahl er Lieutenant Slingsby. »Beobachten Sie sie, und tun Sie nichts, ohne mich zu fragen. Haben Sie mich verstanden?«
    Slingsby wirkte gekränkt, wozu er durchaus ein Recht hatte. »Natürlich habe ich verstanden«, antwortete er mit Protest in der Stimme.
    »Ziehen Sie keine Leute vom Gipfel ab, Lieutenant«, sagte Sharpe. »Und das ist ein Befehl.« Er schritt auf die Kapelle zu und fragte sich, ob seine Männer wohl in der Lage wären, in die vorsintflutlichen Wände ein paar Schießscharten zu hämmern. Das richtige Werkzeug hatten sie nicht dabei, weder Vorschlaghämmer noch Brecheisen, aber das Mauerwerk wirkte alt, und der Mörtel bröckelte.
    Zu seiner Verblüffung vertraten Major Ferreira und einer der Zivilisten ihm den Weg zur Kapelle. »Die Tür ist verschlossen, Captain«, sagte der portugiesische Offizier.
    »Dann trete ich sie ein«, erwiderte Sharpe.
    »Aber es ist eine Kapelle«, sagte Ferreira tadelnd.
    »Dann bete ich eben um Vergebung, nachdem ich sie eingetreten habe«, entgegnete Sharpe und versuchte, sich an dem Major vorbeizudrängen. Dieser hob eine Hand, um ihn aufzuhalten. Zornig starrte Sharpe ihn an. »Fünfzig französische Dragoner sind auf dem Weg hierher, Major«, sagte er. »Und ich werde diese Kapelle benutzen, um meine Männer zu schützen.«
    »Ihre Arbeit hier ist erledigt«, gab Ferreira brüsk zurück. »Sie sollten jetzt gehen.« Sharpe sagte nichts. Stattdessen versuchte er noch einmal, an den beiden Männern vorbeizugelangen, aber sie schnitten ihm den Weg ab. »Ich erteile Ihnen einen Befehl, Captain«, beharrte der portugiesische Offizier. »Gehen Sie.«
    Der Zivilist, der neben Ferreira stand, hatte seine Jacke ausgezogen und sich die Hemdsärmel aufgekrempelt, wobei enorme Arme zum Vorschein kamen, die beide mit zerbrochenen Ankern tätowiert waren. Bisher hatte Sharpe dem Mann wenig Beachtung geschenkt, er war höchstens beeindruckt von seiner imposanten Statur gewesen, jetzt aber sah er dem Zivilisten ins Gesicht und stieß auf pure Feindseligkeit. Der Mann war gebaut wie ein Preisringer, tätowiert wie ein Seemann, und in seinem vernarbten, brutalen Gesicht, das von atemberaubender Hässlichkeit war, stand eine unmissverständliche Botschaft. Er hatte eine breite Stirn, mächtige Kiefer, eine abgeflachte Nase und Augen, die Tieraugen glichen. Sie verrieten nichts als die Gier zu kämpfen, und diesen Kampf wünschte er sich Mann gegen Mann, Faust gegen Faust. Als Sharpe einen Schritt zurückwich, sah er enttäuscht aus.
    »Ich sehe, Sie nehmen Vernunft an«, bemerkte Ferreira seidenglatt.
    »Ich bin dafür bekannt«, entgegnete Sharpe, dann hob er die Stimme. »Sergeant Harper!«
    Der große Ire kam um die Kapelle herum und erkannte die Lage. Der bullige Mann, noch größer und breiter als Harper selbst, der zu den stärksten Männern der Armee gehörte, hatte die Hände zu Fäusten geballt. Er sah aus wie eine Bulldogge, die darauf wartete, von der Leine gelassen zu werden, und Harper wusste, wie man tollwütige Hunde behandelte. Er ließ seine Salvenbüchse von der Schulter gleiten. Es war eine merkwürdige Waffe, die für die Royal Navy gefertigt worden und dazu gedacht war, vom Deck eines Schiffes aus benutzt zu werden. Die Schützen des Gegners sollten damit von ihren Kampfplattformen geschossen werden. Sieben Halbzoll-Läufe waren gebündelt, sie wurden durch ein einziges Flintenschloss abgefeuert, und für den Einsatz auf See hatte sich die mächtige Büchse als zu kraftvoll erwiesen. In bald der Hälfte der Fälle hatte sie dem, der sie abfeuerte, die Schulter gebrochen, aber Patrick Harper war groß genug, um die siebenläufige Büchse in seinen Händen klein erscheinen zu lassen. Wie beiläufig richtete er sie jetzt auf den
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