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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe
Autoren: Bernard Cornwell
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Ferne sahen die roten Blöcke schick aus, denn das Scharlachrot der Uniformröcke war mit weißen Kreuzgurten unterbrochen, doch in Wirklichkeit waren die Soldaten schmutzig und verschwitzt. Ihre Uniformen waren aus Wolle, geschneidert für die Schlachtfelder in Flandern, nicht Indien, und die scharlachrote Färbung war jetzt in schweren Regenfällen zu Rosa oder mattem Purpur verblichen, und alles war mit getrocknetem Schweiß befleckt. Jeder Mann im 33. Regiment trug eine hohe, steife Lederhalsbinde, die sich in die Haut seines Nackens grub, und jeder hatte sein langes Haar straff zurückgekämmt, mit Kerzenwachs gefettet und dann das Ende um einen mit Sand gefüllten Lederbeutel gedreht, der mit einem schwarzen Lederstreifen gesichert war, sodass das Haar wie eine Keule am Nacken hing. Dann war das Haar mit Mehl gepudert worden, und zwischen dem weißen Mehlstaub gab es einen Tummelplatz für Läuse und Flöhe. Die eingeborenen Sepoys der East India Company waren glücklicher. Sie puderten ihr Haar nicht, und sie trugen auch nicht die schweren Hosen der britischen Soldaten und marschierten barfuß. Sie trugen auch nicht die Lederhalsbinden und, sogar noch erstaunlicher, es gab keine Prügelstrafe in den indischen Bataillonen.
    Eine feindliche Kanonenkugel fand schließlich ein Ziel, und Sharpe sah eine Halbkompanie auseinander spritzen, als das Geschoss in die Reihen schlug. Für einen Augenblick glaubte er es über der Formation rötlich wie blutiger Nebel schimmern zu sehen, als die Kanonenkugel hindurchfegte, doch das war vielleicht nur eine Illusion.
    Zwei Männer blieben am Boden, als ein Sergeant die Reihen schloss. Zwei weitere Männer humpelten, und einer schleppte sich taumelnd weiter und brach dann zusammen.
    Die Trommler, die hinter den Fahnen vorrückten, markierten den Rhythmus des Marsches mit stetigem Trommeln, durchsetzt mit Trommelwirbel, doch als die Jungs an den reglosen Gestalten vorbeimarschierten, die noch vor Sekunden Soldaten der Grenadierkompanie gewesen waren, ließen sie ihre Stöcke schneller wirbeln und beschleunigten so das Tempo des Regiments, bis sich Major Shee im Sattel umdrehte und ihren Übereifer verfluchte.
    »Wann werden wir laden?«, fragte Private Mallinson Sergeant Green.
    »Wenn es Ihnen gesagt wird, Junge, wenn Sie den Befehl erhalten. Nicht eher. O verdammt!« Letzteres von Sergeant Green war auf eine ohrenbetäubende Kanonade vom Höhenkamm zurückzuführen. Ein Dutzend weitere von Tippus kleineren Geschützen hatte das Feuer eröffnet, und die Anhöhe war jetzt in eine grau­weiße Wolke gehüllt. Die beiden britischen Geschütze zur Rechten waren jetzt abgeprotzt und hatten zu feuern begonnen, doch die feindlichen Kanonen waren von ihrem eigenen Rauch verdeckt, und dieser dichte Schirm verhinderte jeden Schaden, den die kleinen Kavalleriegeschütze hätten anrichten können. Weitere Kavallerie trabte zur rechten Flanke des 33. Regiments. Diese Neuankömmlinge waren indische Soldaten mit scharlachroten Turbanen, die lange Lanzen hielten.
    »Was sollen wir also verdammt tun?«, beschwerte sich Mallinson. »Einfach mit leeren Musketen zu der verdammten Anhöhe raufmarschieren?«
    »Wenn Ihnen das befohlen wird, werden Sie es tun«, sagte Sergeant Green. »Und jetzt halten Sie Ihre verdammte Schnauze.«
    »Ruhig da hinten!«, rief Hakeswill von der Halbkompanie voraus. »Dies ist kein verdammter Gemeindeausflug! Dies ist ein Kampf, ihr Bastarde!«
    Sharpe wollte bereit sein, und so wickelte er das Tuch vom Schloss der Muskete und stopfte es in die Tasche, wo er den Ring aufbewahrte, den Mary ihm geschenkt hatte. Der Ring, ein schlichtes Band aus abgegriffenem Silber, hatte Sergeant Bickerstaff gehört, Marys Ehemann, doch der Sergeant war jetzt tot, und Green hatte Bickerstaffs Streifen eines Staff Sergeants übernommen und Sharpe sein Bett. Mary kam aus Kalkutta. Das ist eine Stadt, in die man desertieren kann, dachte Sharpe. Da wimmelt es von Rotröcken.
    Dann vergaß er jeden Gedanken an Fahnenflucht, denn plötzlich füllte sich die Landschaft voraus mit feindlichen Soldaten. Eine Masse von Infanteristen überquerte das nördliche Ende des niedrigen Höhenrückens und marschierte in die Ebene hinunter. Ihre Uniformen erschienen blasspurpurfarben, sie hatten breite rote Turbane und waren wie die indischen Soldaten der Briten barfuß. Die Fahnen über den marschierenden Männern leuchteten rot und gelb, doch der Wind war so schwach, dass sie herabhingen und den Blick
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