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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe
Autoren: Bernard Cornwell
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getränkt war, Schweiß von der Stirn. In der vergangenen Nacht hatte er getrunken, und sein Magen und seine Verdauung machten ihm zu schaffen. Wenn das Bataillon nicht in die Schlacht gezogen wäre, dann wäre er davongaloppiert, hätte sich einen privaten Ort gesucht und seinen Darm entleert, doch dies konnte er jetzt kaum tun, weil seine Männer dies als ein Anzeichen auf Schwäche auslegen konnten, und so hob er stattdessen seine Feldflasche und schluckte etwas Arrak in der Hoffnung, dass der Branntwein den Aufruhr in seinem Magen besänftigen würde.
    »Jetzt, Sergeant«, rief er, als die vordere Kompanie ausreichend weit vorausmarschiert war.
    »Vorwärts, Halbkompanie!«, brüllte Hakeswill. »Vorwärts, marsch! Flott jetzt!«
    Lieutenant Lawford, der die Aufsicht über die letzte Halbkompanie des Bataillons hatte, wartete, bis Hakeswills Männer zwanzig Schritte marschiert waren, und nickte dann Sergeant Green zu. »Vorwärts, Sergeant!«
    Die Rotröcke marschierten mit ungeladenen Musketen, denn der Feind war noch weit entfernt und es gab weder ein Anzeichen auf die Infanterie von Tippu Sultan noch auf seine gefürchtete Kavallerie. Es gab nur die Geschütze des Feindes und, hoch am Himmel, die kreisenden Geier.
    Sharpe marschierte in der führenden Reihe der letzten Halbkompanie, und Lieutenant Lawford, der zu ihm blickte, dachte wieder einmal, dass Sharpe ein gut aussehender Mann war. Sharpes schmales, sonnengebräuntes Gesicht strahlte Zuversicht aus, und seine hart blickenden blauen Augen verrieten Verwegenheit und Kompetenz. Dieses Äußere war beruhigend für einen jungen Lieutenant, der zu seiner ersten Schlacht vorrückte. Mit Männern wie Sharpe können wir nicht verlieren, dachte Lawford.
    Sharpe wusste nichts von der Einschätzung des Lieutenants, und wenn man ihm gesagt hätte, dass allein sein Äußeres Anlass zu Vertrauen und Zuversicht gab, wäre er in Gelächter ausgebrochen.
    Sharpe hatte keine Vorstellung davon, wie er aussah, denn er schaute selten in einen Spiegel, und wenn er es tat, bedeutete ihm sein Spiegelbild nichts, obwohl er wusste, dass er den Frauen gefiel und sie ihm. Er wusste ebenfalls, dass er der größte Mann in der Leichten Kompanie war, so groß, dass er in der Grenadierkompanie hätte sein sollen, die den Vormarsch des Bataillons anführte, aber als er vor sechs Jahren zum Regiment gekommen war, hatte der befehlshabende Offizier der Leichten Kompanie darauf bestanden, Sharpe in seinen Reihen zu haben.
    Captain Hughes war jetzt tot, die Ruhr hatte ihn in Kalkutta umgebracht, doch zu seinen Lebzeiten war es sein Stolz gewesen, die schnellsten und schneidigsten Männer in seiner Kompanie zu haben, Männer, denen er vertrauen konnte, dass sie allein in der Schützenlinie kämpften. Es war Hughes Tragödie gewesen, dass er seine ausgewählten Männer nur einmal dem Feind gegenüber gesehen hatte, und dieses eine Mal war es ein verkorkster Feldzug zu der nebligen Insel vor der Küste von Flandern gewesen, wo keine noch so tollen Kämpfer den Erfolg für einen mit Blödheit geschlagenen General hätten retten können.
    Jetzt, fünf Jahre später auf einem indischen Schlachtfeld, marschierte das 33. Regiment wieder gegen einen Feind, doch jetzt wurde die Leichte Kompanie nicht von dem begeisterten und großzügigen Captain Hughes befehligt, sondern von Captain Morris. Ihm war es gleichgültig, wie clever oder schnell seine Männer waren, ihn interessierte nur, dass sie ihm keine Probleme machten. Deshalb hatte er Sergeant Hakeswill in die Kompanie geholt. Und deshalb dachte der große, verwegen gut aussehende Private namens Richard Sharpe ans Weglaufen.
    Doch heute würde er nicht desertieren. Heute würde es eine Schlacht geben, und darauf freute sich Sharpe. Eine Schlacht bedeutete anschließendes Plündern – die indischen Soldaten nannten es »Kriegsbeute machen« –, und jeder Mann, der ans Desertieren und an den Aufbau eines eigenen Lebens dachte, konnte ein bisschen Beute als Grundstock dafür brauchen.
    Die sieben Bataillone marschierten auf den Höhenkamm zu. Sie waren alle in Kolonnen aus Halbkompanien eingeteilt, sodass sie aus der Sicht der Geier wie hundertvierzig kleine scharlachrote Rechtecke wirkten, die über eine Viertelmeile grünen Lands stetig auf die wartende Linie von Geschützen auf dem vom Feind gehaltenen Höhenkamm vorrückten.
    Die Sergeants marschierten neben den Halbkompanien, während die Offiziere entweder ritten oder zu Fuß gingen.
    Aus der
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