Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sharpes Festung

Titel: Sharpes Festung
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
gekannt, die klumpige Titten hatte«, sagte Private Hollister. Er war ein stoppelbärtiger Hüne, der selten sprach. »Mann, das waren schwere Dinger – wie Kanonenkugeln.« Er runzelte die Stirn in der Erinnerung. »Sie ist gestorben.«
    »Dieses Gespräch geziemt sich nicht«, sagte Colquhoun ruhig. Die Männer zuckten mit den Schultern und schwiegen.
    Sharpe spielte mit dem Gedanken, den Sergeant über die Weintrauben zu befragen, doch er wusste, dass eine solche Frage nur zu Zoten der Männer führen würde, und als Offizier wollte er nicht riskieren, sich zum Narren zu machen. Trotzdem klang es komisch für ihn. Warum würde jemand sagen, eine Frau hätte Titten wie Weintrauben? Oder wie Kanonenkugeln?
    Wieder knallte es in der Ferne, und es kam ihm vor wie Kartätschenfeuer. Er fragte sich, ob die Bastarde mit Kartätschen ausgerüstet waren. Nun, das waren sie natürlich, aber es hatte keinen Sinn, Kartätschen auf einem Getreidefeld zu verschwenden. Was war das überhaupt für ein Getreide? Es kam ihm sonderbar vor, aber Indien war voller Besonderheiten. Es gab nackte Blödmänner, die behaupteten, Heilige zu sein, Schlangenbeschwörer, die Reptilien nach ihrer Pfeife tanzen ließen, Tanzbären, die mit Glöckchen behängt waren, und Schlangenmenschen in Schwulenflitterklamotten – ein verrückter Zirkus. Und die Clowns würden Kartätschen haben. Sie würden auf die Rotröcke warten und die Blechbüchsen laden, die wie Entenschrot aus den Geschützläufen rasten. Die Ladungen werden uns zwischen den Binsen am Graben erwischen, dachte Sharpe, möge der Herr uns gnädig sein.
    »Ich habe es gefunden«, sagte Colquhoun ernst.
    »Was gefunden?«, wollte Sharps wissen.
    »Ich war mir ziemlich sicher, dass die Bibel Hirse erwähnt. Und so ist es. Hesekiel, viertes Kapitel, neunter Vers.« Der Sergeant hielt die Heilige Schrift dicht unter die Augen. Er hatte ein rundes, pickliges Gesicht. »So nimm nun dir Weizen, Gerste, Bohnen, Linsen, Hirsen und Spelt und tue alles in ein Fass und mache dir so viel Brot daraus ...«, las er angestrengt vor. Dann schloss er die Bibel, wickelte ein Stück fleckiges Segeltuch darum und verstaute sie in seiner Tasche. »Es gefällt mir, Sir, wenn ich jeden Tag interessante Dinge in der Bibel finden kann. Das mag ich, und ich sehe sie und stelle mir vor, dass mein Herr und Erlöser dieselben Dinge sieht.«
    »Aber warum Hirse?«, fragte Sharpe.
    »Diese Saaten«, sagte Colquhoun und wies auf die hohen Stängel, von denen sie umgeben waren, »sind Hirse, Sir. Die Eingeborenen nennen sie jowari , doch unsere Bezeichnung ist Hirse.« Er wischte sich mit dem Ärmel Schweiß aus dem Gesicht. Das Rot seines Uniformrocks war zu einem matten Purpurton verblichen. »Dies ist natürlich Rispenhirse, aber ich bezweifle, dass die Heilige Schrift Rispenhirse besonders erwähnt.«
    »Hirse, aha«, sagte Sharpe. Die Halme waren neun oder zehn Fuß hoch. »Muss verdammt schwer zu ernten sein«, sagte er.
    Colquhoun schwieg. Der Sergeant versuchte immer, Kraftworte oder Flüche zu ignorieren.
    »Was ist Spelt?«, fragte McCallum.
    »Eine Getreideart im Heiligen Land«, antwortete Colquhoun, der es offensichtlich nicht wusste, sondern nur erriet.
    »Klingt für mich wie ’ne Krankheit, die mit Quecksilber behandelt wird.« Ein, zwei Männer kicherten bei dem Hinweis auf Syphilis, doch Colquhoun ging darüber hinweg.
    »Baut ihr in Schottland Hirse an?«, fragte Sharpe den Sergeant.
    »Nicht, dass ich wüsste«, sagte Colquhoun nachdenklich, nachdem er ein paar Sekunden überlegt hatte. »Vielleicht im Tiefland. Da pflanzen sie komische Dinge an. Englische Dinge.« Er wandte sich ostentativ ab.
    Blöder Hund, dachte Sharpe.
    Wo, zur Hölle, war Captain Urquhart? Wo waren die anderen? Das Bataillon war lange vor dem Morgengrauen marschiert, und gegen Mittag hatte es erwartet, das Lager aufzuschlagen, doch dann war ein Gerücht aufgekommen, dass der Feind voraus wartete, und so hatte General Sir Arthur Wellesley befohlen, den Vormarsch fortzusetzen. Das 74. Regiment war in das Hirsefeld vorgedrungen, und zehn Minuten später hatte es den Befehl erhalten, neben dem ausgetrockneten Graben zu halten, während Captain Urquhart vorausritt, um mit dem Bataillonskommandeur zu sprechen.
    Es war eine gute Kompanie, und sie brauchte Sharpe nicht. Urquhart führte sie gut, Colquhoun war ein großartiger Sergeant, die Männer waren zufrieden, wie es Soldaten nur sein konnten, und das Letzte, was die Kompanie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher