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Sharpes Festung

Titel: Sharpes Festung
Autoren: Bernard Cornwell
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brauchen konnte, war ein nagelneuer Offizier, ein Engländer, der noch vor zwei Monaten ein Sergeant gewesen war.
    Die Männer unterhielten sich auf Gälisch, und Sharpe fragte sich – wie immer –, ob sie über ihn sprachen. Vermutlich nicht. Wahrscheinlicher war, dass sie über die Tanzmädchen von Ferdapoor sprachen, die mehr als Weintrauben hatten, eher verdammt große nackte Fleischmelonen. Es hatte eine Art Festival gegeben, und das Regiment war in eine Richtung marschiert und die halb nackten Mädchen in die entgegengesetzte, wobei Sergeant Colquhoun so rot wie ein nagelneuer Uniformrock geworden war und den Männern »Augen – geradeaus!« befohlen hatte. Was ein sinnloser Befehl gewesen war, denn ein Dutzend unbekleidete bibbis mit silbernen Glöckchen an den Handgelenken war vor den Augen des Bataillons über die Straße gehüpft, und selbst die Offiziere hatten sie angestarrt wie ausgehungerte Männer, die eine Platte mit Roastbeef sehen.
    Und wenn die Männer nicht über Frauen sprachen, dann grollten sie über all das Marschieren in den letzten Wochen, in denen sie unter der glühenden Sonne durch das Marathen-Gebiet gezogen waren, ohne etwas von dem Feind zu sehen oder auch nur zu riechen. Aber gleichgültig, worüber sie redeten, sie sorgten verdammt dafür, dass Ensign Richard Sharpe davon ausgeschlossen wurde.
    Was nur zu verständlich war, wie Sharpe fand. Er war lange genug in den Reihen der Mannschaften marschiert, um zu wissen, dass die Männer nicht mit Offizieren redeten, es sei denn, sie wurden angesprochen oder irgendein schleimiger Bastard wollte sich lieb Kind machen, um bevorzugt zu werden. Offiziere waren anders, doch Sharpe fühlte sich nicht so. Er fühlte sich einfach ausgeschlossen. Ich hätte Sergeant bleiben sollen, dachte er. Das war ihm in den letzten Wochen zunehmend durch den Kopf gegangen, und er hatte gewünscht, wieder in Seringapatams Waffenkammer bei Major Stokes zu sein. Das war schön gewesen! Und Simone Joubert, die Französin, die sich in der Schlacht bei Assaye an ihn geklammert hatte, war nach Seringapatam zurückgekehrt, um auf ihn zu warten. Besser dort Sergeant sein als hier ungewollter Offizier.
    Eine Weile war kein Geschützfeuer zu hören gewesen. Vielleicht hatte der Feind gepackt, seine Ochsengespanne angespannt, die Kartätschen aufgeprotzt und war nordwärts abgehauen? In diesem Fall würde es eine schnelle Kehrtwendung geben, zurück zu dem Dorf, in dem das Gepäck lagerte, und einen weiteren lästigen Abend in der Offiziersmesse. Lieutenant Cahill würde Sharpe mit Falkenaugen beobachten, für jedes Glas Wein auf Sharpes Rechnung ein Twopence hinzufügen, und Sharpe als der jüngere Offizier würde den Toast auf den König ausbringen und so tun, als sähe er nicht, dass die Hälfte der Bastarde ihre Krüge in die Feldflaschen leerten. Einen Trinkspruch für einen Stuart-Thronanwärter ausbringen, der im römischen Exil gestorben war. Jakobiten, die vorgaben, dass George III. nicht der richtige König war. Nicht dass irgendwelche von ihnen wirklich unloyal waren, und dass der Wein aufs Wasser geschüttet wurde, war auch kein wahres Geheimnis, sondern sollte in Sharpe nur englische Empörung wecken. Sharpe war dies jedoch schnuppe.
    Colquhoun bellte plötzlich auf Gälisch Befehle, und die Männer nahmen ihre Musketen auf, sprangen in den Bewässerungsgraben, formierten sich zu zwei Reihen und begannen nordwärts zu marschieren.
    Sharpe schloss sich überrascht an. Er nahm an, dass er Colquhoun hätte fragen sollen, was los war, doch er wollte keine Unwissenheit zeigen, und dann sah er, dass der Rest des Regiments ebenfalls marschierte. Wohl deshalb hatte Colquhoun sich entschieden, gleichfalls vorzurücken. Der Sergeant machte nicht einmal den Versuch, Sharpe um Erlaubnis zu fragen. Warum sollte er auch? Selbst wenn Sharpe einen Befehl gab, blickten die Männer automatisch zu Colquhoun und befolgten ihn, wenn er nickte. So funktionierte das in der Kompanie: Urquhart war der Kompaniechef, Colquhoun kam nach ihm und Ensign Sharpe lief hinterher wie einer der dreckigen Hunde, die von den Männern aufgenommen worden waren.
    Captain Urquhart trieb sein Pferd in den Wassergraben.
    »Gut gemacht, Sergeant«, sagte er anerkennend zu Colquhoun, der das Lob ignorierte. Der Captain zog das Pferd herum, und dessen Hufe brachen durch die Schicht des getrockneten Schlamms und wirbelten Klumpen auf. »Die Hundesöhne warten voraus«, sagte Urquhart zu Sharpe.
    »Ich
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