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Sharpes Festung

Titel: Sharpes Festung
Autoren: Bernard Cornwell
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dachte, sie wären abgehauen«, sagte Sharpe.
    »Sie sind formiert und bereit«, entgegnete Urquhart. Der Captain sah gut aus, hatte ein ernstes Gesicht, eine stramme Haltung und gute Nerven. Die Männer vertrauten ihm. Eigentlich wäre Sharpe stolz gewesen, unter einem solchen Mann zu dienen, aber der Captain schien ärgerlich über Sharpes Anwesenheit in seiner Kompanie zu sein. »Wir werden bald nach rechts abschwenken!«, rief Urquhart Colquhoun zu. »Formieren Sie rechts eine Linie zu zwei Gliedern!«
    »Aye, Sir.«
    Urquhart blickte zum Himmel. »Noch drei Stunden Tageslicht«, schätzte er. »Das reicht für den Job. Sie werden die linke Flanke übernehmen, Ensign.«
    »Jawohl, Sir«, sagte Sharpe. Und er wusste, dass er dort nichts zu tun haben würde. Die Männer kannten ihre Pflicht, die Corporals würden die Reihen schließen und Sharpe würde einfach hinterhertrotten, wie ein Hund, der an einen Karren angebunden war.
    Es donnerte plötzlich gewaltig, als eine ganze Batterie feindlicher Kanonen das Feuer eröffnete. Sharpe hörte die Geschosse durch die Hirse peitschen, doch keines kam gefährlich nahe an die Kompanie heran. Die Dudelsackpfeifer des Regiments begannen zu spielen, und die Männer packten ihre Musketen fester und bereiteten sich innerlich auf die furchtbare Arbeit vor, die vor ihnen lag. Zwei weitere Geschütze feuerten, und diesmal sah Sharpe Rauchfetzen über der Hirse und wusste, dass ein Geschoss hoch über sie hinweg flog. Die Rauchspur der brennenden Lunte zitterte in der windstillen Luft, als Sharpe auf die Explosion wartete, die jedoch nicht erfolgte.
    »Hat seine Lunte zu lang geschnitten«, sagte Urquhart. Sein Pferd war nervös, oder vielleicht behagte ihm der trügerische Boden in dem Wassergraben nicht. Urquhart trieb das Pferd zum Ufer hinauf und zertrampelte die Hirse. »Was für ein Zeug ist das?«, fragte er Sharpe. »Mais?«
    »Colquhoun sagt, es ist Hirse«, erwiderte Sharpe, »Rispenhirse.«
    Urquhart stieß einen Grunzlaut aus und trieb sein Pferd weiter vor die Kompanie. Sharpe wischte sich Schweiß vom Gesicht. Er trug den roten Uniformrock eines Offiziers mit den weißen Aufschlägen des 74. Regiments. Der Rock hatte einem Lieutenant Blaine gehört, der bei Assaye gefallen war, und Sharpe hatte den Rock bei einer Auktion zugunsten der toten Offiziere für einen Schilling gekauft. Dann hatte er mühselig das Kugelloch in der linken Brust vernäht, aber kein noch so intensives Schrubben hatte Blaines Blut, das dunkle Flecken in dem verblichenen Rot hinterlassen hatte, ganz unsichtbar machen können. Er trug die alte Hose, die ihm ausgegeben worden war, als er Sergeant gewesen war, und die roten Reitstiefel, die er einem arabischen Gefallenen in Ahmadnagar abgenommen hatte, und eine rote Offiziersschärpe von einem Leichnam in Assaye. Als Blankwaffe trug er einen leichten Kavalleriesäbel, die gleiche Waffe, die er in der Schlacht von Assaye benutzt hatte, um Wellesley das Leben zu retten. Den Säbel mochte er nicht besonders. Er war plump, und die gekrümmte Klinge war nie dort, wo man es annahm. Man schlug mit dem Säbel zu, und gerade wenn man dachte, es wäre ein Volltreffer, stellte man fest, dass die Klinge noch sechs Inches unterwegs sein würde. Die anderen Offiziere besaßen schottische Breitschwerter, groß, mit gerader Klinge, schwer und tödlich, und Sharpe hatte sich selbst mit einem ausrüsten wollen, doch er war vor den Preisen bei der Auktion zurückgeschreckt.
    Er hätte sich jedes schottische Breitschwert bei der Auktion kaufen können, wenn er das gewünscht hätte, doch er hatte nicht den Eindruck erwecken wollen, dass er wohlhabend war. Das war zwar der Fall, aber bei einem Mann wie Sharpe sollte man keinen Reichtum vermuten. Er war aus den Mannschaften aufgestiegen, ein gemeiner Soldat, geboren und aufgewachsen in der Gosse, und er hatte ein halbes Dutzend Männer besiegt, um Wellesleys Leben zu retten. Der General hatte Sergeant Sharpe belohnt, indem er ihn zum Offizier ernannt hatte. Ensign Sharpe war zu schlau, um sein neues Bataillon wissen zu lassen, dass er das Vermögen eines Königs besaß. Den Reichtum eines toten Königs: die Juwelen, die er dem Tippu Sultan beim nach Blut und Pulverrauch stinkenden Wassertor in Seringapatam abgenommen hatte.
    Würde er beliebter sein, wenn bekannt wäre, dass er reich war? Das bezweifelte er. Reichtum führte nicht zu Ansehen, es sei denn, er war ererbt. Außerdem lag es nicht an seiner Armut, dass Sharpe
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