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Sharpes Beute

Titel: Sharpes Beute
Autoren: Bernard Cornwell
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in roten Röcken in seine schmuddelige Domäne eindringen zu sehen. Er trat hastig zur Seite, nahm seinen verknautschten Hut ab und strich eine Locke aus der Stirn, als die beiden Offiziere vorsichtig durch den Abfall im Hof stiegen.
    »Hätten Sie etwas gegen weibliche Gesellschaft nach dem Essen?«, fragte Lavisser.
    »Ich bin ein verheirateter Mann, Captain«, sagte Willsen ernst.
    »Nennen Sie mich John, bitte.«
    Willsen fühlte sich unbehaglich wegen dieser vertraulichen Einladung. »Nach dem Essen werde ich nicht bleiben«, sagte er peinlich berührt und ging um den Karren mit Müll herum.
    Henry Willsen war einer der besten Kämpfer in der britischen Armee, und um seine Fähigkeiten mit einer Pistole hätte ihn jeder Duellant beneidet, doch ihm blieb keine Zeit zur Gegenwehr bei dem Angriff, der urplötzlich erfolgte, als er den Müllkarren passiert hatte. Der große, stämmige Mann trat Willsen in die Kniekehle, und als er stürzte, zückte er ein Messer und stieß es ihm zwischen die Rippen. Die Klinge drang bis zum Heft ein, und der große Mann hielt Willsen damit aufrecht, während der Captain aufstöhnend nach dem Griff seines billigen Degens tastete. Er schaffte es, seine Hand um den Griff der Waffe zu legen, doch Captain Lavisser, der sich beim Angriff des großen Messerstechers umgedreht hatte, lächelte nur und schlug Willsens Hand beiseite. »Das hilft dir nicht mehr, Harry«, sagte er.
    »Du ...« Willsen versuchte zu sprechen, doch seine Lunge füllte sich mit Blut. Er begann zu würgen, und seine Augen weiteten sich, als er den Kopf schüttelte.
    »Ich entschuldige mich, mein lieber Willsen«, sagte Lavisser, »aber ich befürchte, deine Anwesenheit in Kopenhagen wäre äußerst peinlich gewesen.« Der Offizier der Gardisten trat schnell zurück, als der große Mann, der Willsen mit seinem Messer aufrecht gehalten hatte, die Klinge aus dem Körper riss. Willsen sackte zusammen, und sein Angreifer ging neben ihn auf die Knie und schnitt ihm die Kehle durch. Willsen zuckte im Todeskampf auf den Pflastersteinen. »Gut gemacht«, sagte Lavisser zufrieden.
    »Leichte Arbeit«, grunzte der Hüne. Er stand auf und wischte die Messerklinge an seinem schmutzigen Rock ab. Er war sehr groß, sehr breitschultrig und hatte die narbigen Knöchel eines Boxers. Sein Gesicht war mit Pockennarben übersät, seine Nase war mindestens einmal gebrochen und schlecht gerichtet worden, und seine Augen wirkten wie Steine. Alles an ihm wies darauf hin, dass er aus der Gosse kam, und wenn man ihn nur ansah, war man froh, dass es die Galgen vor dem Newgate-Gefängnis gab.
    »Er lebt noch.« Lavisser blickte Willsen finster an.
    »Nicht mehr lange«, sagte der Hüne. Dann stampfte er auf Willsens Brust. »Jetzt nicht mehr.«
    »An dir können wir uns alle ein Beispiel nehmen, Barker«, sagte Lavisser und trat nahe an den toten Willsen heran. »Er war ein sehr dummer Mann, vermutlich ein Lutheraner. Willst du sein Bargeld haben? Lass es aussehen wie einen Raubüberfall.«
    Barker hatte bereits begonnen, die Taschen des Toten aufzureißen. »Meinst du, sie werden einen anderen Scheißer finden, der uns begleiten soll?«, fragte er.
    »Sie sind anscheinend wild darauf, mir eine Begleitung mitzugeben«, sagte Lavisser, »aber die Zeit drängt jetzt, und ich bezweifle, dass sie jemanden finden werden. Aber wenn doch, Barker, dann musst du ihn erledigen wie diesen.« Lavisser schien von dem toten Willsen fasziniert zu sein, denn er nahm nicht den Blick von ihm. »Du bist eine große Beruhigung für mich, Barker, und es wird dir in Dänemark gefallen.«
    »Wird es das, Sir?«
    »Sie sind nette Leute«, sagte Lavisser, der den Blick immer noch nicht von Willsens Leiche nehmen konnte. »Wir werden wie reißende Wölfe unter blökenden Lämmern sein.« Er schaffte es schließlich, sich von der Anblick der Leiche loszureißen, hob träge die Hand und ging an dem Handkarren vorbei durch die Gasse.
    Der Regen fiel jetzt stärker. Es war Ende Juli im Jahre 1807, doch das Wetter passte mehr zum März. Es würde eine schlechte Ernte geben, es gab eine neue Witwe in Kent, und der Ehrenwerte John Lavisser ging ins Almacks, wo er beträchtlich mehr als tausend Guineas verlor, doch das störte ihn nicht weiter. Er hinterließ wertlose handschriftliche Notizen, in denen er versprach, seine Schulden zu begleichen, und ging davon. Er befand sich auf seinem Weg zum Ruhm.
 
    Mister Brown und Mister Belling, der eine dick, der andere dünn, standen
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