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Sharpes Beute

Titel: Sharpes Beute
Autoren: Bernard Cornwell
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hatte zwölf Jahre in der britischen Armee gedient und noch nie Pulver gerochen. Er hatte sich danach gesehnt, sich auszuzeichnen, und jetzt, ganz plötzlich, hatte sich die Chance ergeben, weil ein Offizier gebraucht wurde, um den Adjutanten des Duke of York nach Kopenhagen zu begleiten. Das war alles, was Willsen wusste, doch sein befehlshabender Offizier hatte angedeutet, dass seine Fähigkeiten mit Handfeuerwaffen ein großer Vorteil sein könnten.
    Willsen war zuerst besorgt gewesen, hatte befürchtet, dass er gegen das Volk seines Vaters kämpfen müsste, doch man hatte ihm versichert, dass die Gefahr in Kopenhagen von den Franzosen kam, nicht von den Dänen, und diese Versicherung hatte ihm erlaubt, die Verantwortung zu akzeptieren. Und sie hatte seine Neugier geweckt. Jetzt bot ihm Lavisser eine Erklärung an, und Willsen, der wusste, dass er mürrisch gewesen war, nickte. »Es wird mir ein Vergnügen sein, mit Ihnen zu speisen, Sir.«
    »Mein Name ist John«, sagte Lavisser, als er Willsen die Treppe hinab zur Straße führte. Willsen hatte fast erwartet, dass dort eine Kutsche auf sie wartete, doch Lavisser war anscheinend zu Fuß, obwohl ein leichter Nieselregen eingesetzt hatte. »Kaum zu glauben, dass es Juli ist«, grollte Lavisser.
    »Es wird eine schlechte Ernte geben«, bemerkte Willsen.
    »Ich dachte mir, wir könnten bei Almacks speisen«, schlug Lavisser vor, »und vielleicht danach ein wenig Karten spielen?«
    »Ich spiele nie«, antwortete Willsen. Selbst wenn er es könnte, hätte er sich nie die hohen Einsätze bei Almacks geleistet.
    »Wie klug Sie sind«, meinte Lavisser. Sie sprachen beide wieder Englisch. »Und ich dachte mir, es könnte Sie erfreuen, wenn wir vor dem Essen mit Hannsen sprechen.«
    »Hannsen?«
    »Der Erste Sekretär in der dänischen Botschaft«, erklärte Lavisser. Er bedachte seinen Gefährten mit einem ernsten Blick. »Ich möchte ganz sicher sein, dass unsere Aktivitäten nicht nachteilig für Dänemark sind. Hannsen ist ein anständiger Mann, und ich habe seinen Rat stets sehr gut gefunden.«
    Willsen teilte den Wunsch, alles zu vermeiden, was Dänemark schaden könnte, und so gefiel ihm die Idee, mit jemandem von der Botschaft zu reden, doch seine angeborene Vorsicht setzte sich durch. »Müssen wir unsere Ziele der dänischen Regierung preisgeben?«
    »Natürlich nicht, und das sollten wir auch nicht tun.« Lavisser blieb stehen und schenkte Willsen sein atemberaubendes Lächeln. »Sir David erzählte mir, Sie haben Skrupel wegen des Besuchs in Dänemark ausgedrückt. Stimmt das? Glauben Sie mir, mein lieber Willsen, mir geht es genauso. Dort lebt die Familie meiner Mutter. Und ich werde nichts tun, nicht das Geringste, was sie in Gefahr bringen könnte.« Er legte eine Pause ein, und dann klang seine Stimme sogar noch ernster. »Wenn Sie und ich Dänemark und Britannien nicht zu einer engeren Freundschaft bringen können, mein lieber Willsen, dann haben wir kein Recht, dorthin zu gehen. Ich möchte von Hannsen nur eine allgemeine Versicherung. Ich will das Neueste über die politische Situation in Dänemark hören. Ich will wissen, welchen Druck die Franzosen ausüben. Die Franzosen sind das Ärgernis, aber sind sie das nicht immer? Und natürlich wird Hannsen den Zweck unseres Besuchs wissen wollen, aber wir werden nur sagen, dass wir unsere Familien besuchen. Was wäre unverfänglicher?« Lavisser lächelte und ging weiter, und Willsen, beruhigt, folgte dem großen Gardisten über die Straße. Ein Straßenkehrer, ein magerer Junge mit einer Schramme auf der Stirn, lief zu einem Pferd, um es aus Lavissers Weg zu schieben. Der Gardist warf dem Jungen lässig einen halben Schilling zu. Dann führte er Willsen in eine Gasse.
    »Würde es Sie stören, wenn wir Hannsen durch den Dienstboteneingang besuchen?«, fragte er. »Man muss damit rechnen, dass die verdammten Franzmänner seine Eingangstür beobachten.«
    »Die Franzosen? In London?«
    »Sie haben überall Agenten«, sagte Lavisser. »Sogar in London. Aber nicht in dieser Gasse, glaube ich.«
    In der engen, düsteren Gasse roch es widerlich. Sie endete an einem Tor, das einen Spalt breit offen stand und in einen schmalen Hof führte, der durch die dichte Wolkendecke dieses grauen Tages und die Wände ringsum noch düsterer wirkte. Das Kopfsteinpflaster des Hofs war mit Abfall bedeckt, der von einem großen, stämmigen Mann auf einen Handkarren geladen wurde. Der Hüne schien überrascht zu sein, zwei Offiziere
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