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Shardik

Titel: Shardik
Autoren: Richard Adams
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nicht spielen?«
    »Komm doch, vorwärts!« sagte Taphro ungeduldig und scharrte mit den Füßen im Staub.
    »Nein, es ist wahr!« sagte Kelderek, ohne sich um ihn zu kümmern. »Ich bin auf dem Weg zum Großbaron. Aber ich komme zurück: entweder heute abend oder – nun, vielleicht an einem anderen Abend.«
    Er wandte sich ab, aber die Knaben trabten weiter neben ihm her.
    »Heute nachmittag haben wir gespielt«, sagte der Kleine. »Wir spielten ›Katze fängt Fisch‹. Ich habe den Fisch zweimal erwischt.«
    »Bravo«, sagte der Jäger und lächelte zu ihm nieder.
    »Haut ab!« schrie Taphro und tat, als wollte er sie schlagen. »Vorwärts – verschwindet! Du schwachköpfiger Narr«, fügte er, zu Kelderek gewandt, hinzu. »In deinem Alter mit Kindern zu spielen!«
    »Gute Nacht!« rief ihnen Kelderek nach. »Die gute Nacht, um die ihr betet – wer weiß, für wen?«
    Sie winkten ihm und verschwanden zwischen den rauchgeschwärzten Hütten. Ein vorbeigehender Mann sprach Kelderek an, aber der antwortete nicht, sondern ging geistesabwesend, den Blick zu Boden gerichtet, weiter.
    Nachdem sie ein ausgedehntes Gebiet von Seilerbahnen durchquert hatten, kamen die beiden schließlich zu einer Gruppe größerer Hütten, die im Halbkreis nicht weit von der Ostspitze der Insel und dem zerstörten Damm standen. Dazwischen waren Bäume gepflanzt worden, und das Geräusch des Flusses vermengte sich mit der Abendbrise und der Bewegung der Blätter, die nach dem heißen, trockenen Tag eine erfrischende Kühle vermittelten. Mehrere Männer, die ihrem Aussehen und ihrer Beschäftigung nach Diener und Handwerker zu sein schienen, richteten Pfeile aus, spitzten Pfähle zu und reparierten Bogen, Speere und Äxte. Ein stämmiger Schmied, der seine Tagesarbeit eben beendet hatte, stieg aus seiner Schmiede in eine flache, offene Grube, während seine zwei jungen Helfer das Feuer löschten und hinter ihm Ordnung machten.
    Kelderek hielt an und wandte sich nochmals an Taphro.
    »Schlecht gezielte Pfeile können Unschuldige verwunden. Es ist nicht nötig, daß du mit diesen Männern über mich redest und klatschst.«
    »Was geht es dich an?«
    »Sie sollen nicht erfahren, daß ich ein Geheimnis bewahre«, sagte Kelderek.
    Taphro nickte kurz und näherte sich einem Mann, der einen Schleifstein säuberte; das Wasser spritzte spiralenförmig auf, als er das Rad drehte.
    »Shendrons Bote. Wo ist Bel-ka-Trazet?«
    »Der? Beim Essen.« Der Mann wies mit dem Daumen zu der größten Hütte.
    »Ich muß mit ihm reden.«
    »Wenn es warten kann«, antwortete der Mann, »solltest du eben warten. Frag Numiss – den Rothaarigen –, wenn er herauskommt. Der wird dir sagen, wenn Bel-ka-Trazet fertig ist.«
    Der neolithische Mensch, der bärtige Assyrer, die klugen Griechen, die brüllenden Wikinger, die Tataren, die Azteken, die Samurais, die Ritter, die Menschenfresser und Menschen, deren Köpfe unterhalb ihrer Schultern wachsen: eines zumindest haben sie alle gemeinsam – das Warten, bis jemand Wichtiges bereit ist, sie zu empfangen. Numiss kaute ein Stück Speck, während er Taphro zuhörte, unterbrach ihn und wies ihn und Kelderek zu einer Bank an der Mauer. Dort nahmen sie Platz. Die Sonne ging unter, bis ihr Rand den Horizont stromaufwärts berührte. Die Fliegen summten. Die meisten Handwerker gingen fort. Taphro döste. Der Platz wurde beinahe leer, das einzige Geräusch über dem Wasser war das Stimmengemurmel, das aus dem Inneren der großen Hütte nach außen drang. Endlich kam Numiss heraus und schüttelte Taphro an der Schulter. Die beiden erhoben sich und folgten dem Diener durch die Tür, auf der Bel-ka-Trazets Zeichen aufgemalt war: eine goldene Schlange.
    Die Hütte war in zwei Teile geteilt. Hinten lagen Bel-ka-Trazets Privatgemächer. Der größere Teil, bekannt als Sindrad, diente als Beratungsraum und als Speisesaal für die Barone. Es geschah selten, daß alle Barone zugleich versammelt waren, es sei denn, es wurde eine Vollversammlung einberufen. Es gab dauernd Reisen zum Festland, Jagdausflüge und Handelsunternehmungen, denn die Insel besaß kein Eisen oder anderes Metall außer dem, das von den Gelter Bergen im Austausch gegen Häute, Federn, Halbedelsteine und Artikel wie Pfeile und Seile und was immer eben einen Tauschwert besaß, eingeführt wurde. Abgesehen von den Baronen und deren Dienerschaft mußten alle Jäger und Händler um die Aus- und Einreiseerlaubnis einkommen. Sooft die Barone zurückkehrten, mußten sie
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