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Shaos Todeswelt

Shaos Todeswelt

Titel: Shaos Todeswelt
Autoren: Jason Dark
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leid. Zudem hatte sie immer ein Faible für Schwächere. »Ich möchte Ihnen noch sagen, Mrs. Tenderly, dass mich Ihr Mr. Summerton sehr gut beraten hat. Diesen Service erlebe ich nicht bei all Ihren Mitarbeitern hier. Ich weiß, wovon ich rede, denn ich komme öfter her.«
    »Ach? Meinen Sie?«
    »Glauben Sie, dass ich lüge?«
    Mrs. Tenderly, eine Frau um die Fünfzig, vertrocknet und dürr, quälte sich ein Lächeln ab. »Jetzt, wo Sie es sagen, erinnere ich mich, Sie schon hier gesehen zu haben.«
    »Wunderbar. Wenn ich demnächst wiederkomme, möchte ich gern von Mr. Summerton beraten werden.«
    Die Spinatwachtel lächelte säuerlich. »Die Wünsche unserer Kunden sind uns heilig«, erklärte sie dann.
    Shao lächelte beiden knapp zu und bewegte sich in Richtung Kasse. Sie sah nicht, dass ihr der junge Verkäufer aus glänzenden Augen nachschaute, als wäre sie eine Person von einem anderen Stern. So etwas schien er noch nicht erlebt zu haben.
    An der Kasse musste sie sich anstellen. Hier hielten sich die meisten Kunden auf, denn in diesem Bereich wurden auch Zeitschriften verkauft. Ein Areal für die Laufkundschaft.
    Shao hatte Zeit genug, sich das Cover der CD-ROM anzuschauen. Es entsprach dem Titel. Es passte. Es war düster und strahlte etwas Unheimliches aus. Die Totenwelt war gut gezeichnet worden. Ein graubrauner Himmel, durch den sich an gewissen Stellen hellere Streifen zogen, als hätte sich dort Nebel festgefressen.
    Die Landschaft darunter war karg und menschenfeindlich. Es gab kein Grün. Weder eine Pflanze noch einen Baum. Dafür aber mächtige Lebewesen, die wohl als Wächter in dieser Welt fungierten.
    Riesige Vögel segelten durch die Luft. Für Shao nicht herauszufinden, welcher Gattung sie angehörten. Das konnten Adler oder Geier sein.
    Ein Vogel war zu Boden geflattert. Er hockte auf einem Felsen. Vor ihm lag die Beute. Ob Mensch oder Tier war nicht zu erkennen, das hatte der Zeichner der Phantasie des Betrachters überlassen. Zudem war die Beute durch spitze Schnabelhiebe zerfetzt worden. Der Vogel selber hielt den Kopf gesenkt. Mit der Schnabelspitze holte er einen blutigen Klumpen Fleisch aus der Beute.
    Ein nicht eben schönes Bild, aber richtungweisend. So konnte der Käufer bereits bei seiner Betrachtung sehen, was ihn später erwartete. Und es musste viele Käufer gegeben haben. Da hatte die Verkäuferin bestimmt nicht gelogen.
    »Hallo! Möchten Sie die CD-ROM kaufen?«
    Shao schaute hoch. Wieder war sie fast weg gewesen, nur beschäftigt mit ihren Gedanken, aus der sie die Stimme der Kassiererin hervorgeholt hatte. »Ja, natürlich, entschuldigen Sie.«
    »Macht nichts«, erklärte die Frau. »Es muss nur weitergehen.«
    Shao zahlte und steckte die Sachen in ihre Leinentasche. Danach wendete sie sich dem Ausgang der Buchhandlung zu. Auch jetzt war sie noch in Gedanken versunken und dachte über den Kauf des Videospiels nach.
    Okay, seit einiger Zeit hatte sie sich mit dem Computer beschäftigt. Sie hatte auch einige Kurse mit Erfolg absolviert und gehörte dank eines Internet-Anschlusses zu den Surferinnen. Für Computer-Spiele hatte sie bisher nicht viel übrig gehabt. Zu Beginn ihrer Arbeit hatte sich Shao einige gekauft, es dann aber gelassen, weil für sie persönlich andere Spielarten mit dem Computer doch interessanter waren.
    Heute nicht.
    Auf dieses Spiel war sie geflogen.
    Sie vergegenwärtigte sich noch einmal, was da überhaupt passiert war. Auch jetzt noch glaubte sie daran, dass genau dieses Spiel für sie prädestiniert war. Es war ihr vor die Füße gefallen, als wollte es ihr sagen: »Los, kauf mich!«
    Jetzt gehörte es ihr. Shao gab zu, dass sie von einer gewissen Nervosität befallen war. Es musste mit ihrem Kauf zusammenhängen. Von diesem Spiel ging eine Spannung aus, die sie bei anderen Käufen in dieser Richtung noch nie erlebt hatte. Es kam Shao vor, als wollte es mit ihr Kontakt aufnehmen. So bald wie möglich schien sie es spielen zu sollen.
    Darüber musste sie am Abend unbedingt mit ihrem Partner Suko und auch mit John Sinclair reden. Zunächst wollte sie so rasch wie möglich nach Hause kommen.
    Am Piccadilly tauchte sie in die Unterwelt eines U-Bahn-Schachts ein. Selbst hier war noch der Teufel los, denn zu dieser Zeit wurde London von den Touristen regelrecht überschwemmt. Auf ihre Bahn brauchte sie nicht mehr als eine Minute zu warten. Der stählerne Wurm rollte heran und stoppte zischend. Die Türen schwangen auf, und es drängten sich Menschen
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