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Shannara VIII

Titel: Shannara VIII
Autoren: Terry Brooks
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habe einen weiten Weg zurückgelegt, um dich hier zu treffen. Einen zu weiten, um mich einschüchtern zu lassen und das für falsch zu erklären, was, wie ich weiß, wahr und richtig ist. Ich bin dein Bruder. Ich bin Bek. Grianne -«
    »Nenn mich nicht bei diesem Namen!«, kreischte sie. Ihre graue Robe bauschte sich auf, und sie fuchtelte wütend mit den Armen herum, fast so, als wolle sie seine Worte ersticken und sie gemeinsam mit ihrer Vergangenheit begraben. Sie spürte, wie der Zorn in ihr aufstieg, wie ihr die Beherrschung entglitt wie öliges Metall, und die rohe Kraft ihrer Stimme nahm eine Schärfe an, mit der sie alles und jedes in Stücke schneiden konnte, das sie ins Visier nahm. »Sprich ihn nie wieder aus!«
    Er wich nicht zurück. »Wie soll ich dich denn nennen? Ilse-Hexe? Soll ich dich so nennen, wie deine Feinde dich rufen? Soll ich dich so behandeln wie sie, wie ein Geschöpf dunkler Magie voll finsterer Absichten, wie jemanden, dem ich niemals nahe sein kann und von dem ich mir auch nicht wünsche, dass er wieder meine Schwester wird?«
    Mit jedem Wort schien er an Kraft zu gewinnen, und plötzlich erkannte sie, dass er eine viel größere Gefahr darstellte, als sie bislang geglaubt hatte. »Hüte dich, Junge.«
    »Du bist diejenige, die sich hüten sollte«, gab er zurück. »Und zwar vor jenen, denen du Glauben schenkst! Vor allem, was du dir hast einreden lassen, seit du aus unserem Haus verschleppt wurdest. Vor den Lügen, hinter denen du dich versteckst!«
    Plötzlich richtete er den Zeigefinger auf sie. »Wir sind uns ähnlicher, als du denkst. Nicht alles, was uns verbindet, lässt sich mit den Augen erkennen. Grianne Ohmsford besitzt ihre Magie und ihr Geburtsrecht, jedoch das Handwerkszeug der Ilse-Hexe. Aber ich besitze diese Magie ebenfalls! Hörst du sie nicht aus meiner Stimme heraus? Doch, das tust du. Ich bin nicht so geübt im Umgang damit, weil ich sie erst kürzlich entdeckt habe, trotzdem verbindet auch sie unser Leben, Grianne, und ist Teil unseres gemeinsamen Erbes -«
    Sie spürte, wie seine Stimme eine ähnliche Schärfe annahm wie ihre, einen Biss, der sie zusammenzucken ließ und veranlasste, sich innerlich zur Verteidigung zu wappnen.
    »- genau so, wie wir die gleichen Eltern hatten, das gleiche Schicksal erlitten, die gleiche Entdeckungsreise hinter uns gebracht haben und hierher auf der Suche nach jenem Schatz getrieben wurden, der sich in den Ruinen im Binnenland verbirgt…«
    Sie stimmte ein tiefes, vibrierendes Summen an, das sich sanft mit den Geräuschen der Nacht vermischte, leise und zischend, wie Blätterrauschen im Wind, wie das Zirpen der Insekten und das Zwitschern der Vögel, deren Schatten eilig vorbeizogen wie der Atem lebender Geschöpfe. Nun traf sie kurz entschlossen eine Entscheidung; es war zu gefährlich, ihn leben zu lassen, wer oder was immer er auch sein mochte. Zu gefährlich für sie, um ihn zu ignorieren, was sie zunächst beabsichtigt hatte. Denn er besaß eine Magie, die ihrer eigenen nicht unähnlich war. Diese hatte sie gleich gespürt, obwohl sie nicht sofort darauf gekommen war, da sie sich in seiner Stimme verbarg und nur flüsterleise in Erscheinung trat.
    Mach ein Ende mit ihm, ermahnte sie sich.
    Mach unverzüglich ein Ende mit ihm.
    Dann plötzlich schimmerte es hell neben ihr, und ihre Aufmerksamkeit wurde von dem Jungen abgelenkt. Sie schlug, ohne nachzudenken, zu, die Magie entfloh ihr in Form von Eisensplittern und messerscharfen Teilchen, die durch die Luft pfiffen und ihr Ziel vernichten würden. Aber das Schimmern hatte sich bereits fortbewegt. Erneut griff die Ilse-Hexe an, und ihre Stimme war eine Waffe von solcher Wucht, dass sie die Stille zerriss und das Laub peitschend von den Bäumen schlug, als seien sie von einem wilden Sturmwind erfasst worden, während der Junge, der gesprochen hatte, stimmlos und mit weit aufgerissenen Augen vor ihr stand.
    Um kurz darauf verschwunden zu sein. Das geschah so rasch und unerwartet, dass die Ilse-Hexe es nicht verhindern konnte. Blinzelnd starrte sie auf die leere Stelle, wo er gerade noch gestanden hatte, und sah etwas Helles, das Gestalt annahm und sich neu ausformte und sich durch die Nacht bewegte wie zwei vage menschliche Schatten, die einander jagten. Überrascht attackierte sie erneut, war jedoch zu langsam, und ihr Angriff erwischte nur die leere Luft.
    Sie wandte sich hierhin und dorthin und suchte nach dem, was sie so vollkommen getäuscht hatte. Worum immer es sich auch
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