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Shampoo Planet

Shampoo Planet

Titel: Shampoo Planet
Autoren: Douglas Coupland
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Pendelverkehr zwischen hier und Tacoma eine unsichtbare Decke zur Sicherheit des Stammes ziehen. Bechtols Angestellte haben bislang die kohlrabenschwarze Drehtür zum Bechtol Tower nur betreten, um gleich darauf wieder hinaus auf die Piazza zu flitzen, wo ich jetzt seit fast einer Stunde sitze und zusehe, zu spät allerdings, um noch die Überschall-Rieger zu erspähen.
    Gegen zehn Uhr fahre ich mit dem Lift in den 73. Stock und mustere mich dabei verstohlen in den geschmackvoll braungetönten Spiegeln. Aber ich glaube, ich habe es doch zu offensichtlich getan, denn eine Frau, die im 54. Stock aussteigt, sagt: »Einen Augenblick«, lächelt und zupft meine Krawatte ordentlich unter den hinteren Hemdkragen.
    »Viel Glück!« sagt sie und winkt mir zu. Ich liebe Fremde.
    Die Türen gehen auf. Bechtols Büroräume sind voller sonnengebräunter Leute und Laserdrucker und Trubel; und alle Angestellten sehen einfach fabelhaft aus - allwissende Killertypen, die zweifellos zum Frühstück Schokoladenkuchen und Martinis verzehrt haben. Ich bemerke, daß die welken braunen Blattenden der Pflanzen im Vorraum sorgfältig weggeschnitten wurden - stets ein verräterisches Zeichen dafür, daß die Firma floriert.
    Als ich der Dame an der Rezeption mitteile, daß ich eine Verabredung mit Mr. Donald Kepke habe, wird mir erwidert, er würde gleich herauskommen. Wenn ich solange Platz nehmen wollte ... In Erwartung meines großen Fischzugs stiere ich in die Morgenzeitungen, kriege aber nichts mit; ich bin viel zu aufgeregt, Frank E. Miller kennenzulernen.
    Punkt 10.00 Uhr erscheint Mr. Kepke, ein äußerst korrekt und dynamisch gekleideter Mann in marineblauem Anzug. »Ich hoffe, ich habe Sie nicht zu lange warten lassen?« sagt er.
    »Nein. Überhaupt nicht.«
    »Donald Kepke.«
    »Tyler Johnson.«
    Ich schaue auf Mr. Kepkes Schuhe und stelle fest, daß ich noch nie Schuhe gesehen habe, die wie seine gebunden sind. O Gott, wahrscheinlich haben reiche Leute eine Art, ihre Schuhe zu binden, die ich niemals kennenlernen werde.
    Wir schütteln uns die Hände. Er mustert mich zweifellos von oben bis unten. Eine Welle von Panik - vielleicht hätte ich mein Haar mit Festiger stärken sollen -, aber mein Föhn ging kaputt, und im Hotel gab's keinen. »Kommen Sie mit durch, Mr. Johnson«, sagt er. »Ich mache Sie mit Frank bekannt.«
    Das geht ja fix.
    Wir spazieren durch ein Bürolabyrinth: Wände und Teppichboden in grau und smaragdgrün gehalten, um die Augen so wenig wie möglich anzustrengen, schalldämpfende Wandverkleidungen, um Minikonferenzräume herumgebaute Glaswände; ein Monitor der digital Bechtols Leistungsstand an der New Yorker Börse anzeigt, nicht angeschlossene Computer, die von Torten-Diagrammen träumen; breite Mittelgänge für fließenden Durchgangsverkehr; verschiedene Schutzvorrichtungen und Stimmenidentifikationsbarrieren zum Öffnen der Türen. Das Büro ist zuviel für mich. Mir ist zumute, als nehme ich an einem dieser mittelalterlichen Festgelage - »Pig-in-a-Sheep« - teil, bei denen der Koch eine Taube in ein Huhn steckt, das wiederum in eine Ziege, die dann in ein Schwein, das in ein Schaf, das in eine Kuh, und dann das Ganze am Spieß dreht.
    Wir gehen um eine Ecke und voila! (ich falle beinahe in Ohnmacht), da sitzt Frank E. Miller hinter einem dunklen Holzschreibtisch, genau wie auf dem Klappenfoto seines Buches. Er spricht gerade ausgerechnet etwas über Vorleger aus Eisbärenfell in das Kopfmikrophon seines Telefons. Er bedeutet uns durch Gesten, wir sollten uns setzen, und weist auf eine Kaffeekanne. Zu seiner Rechten steht ein Messingteleskop, zu seiner Linken hängt eine Weltkarte und hinter ihm der ruhende Vulkan Mount Rainier.
    Mr. Kepke schenkt mir Kaffee ein. Frank brüllt ein »Wiederhören« in sein Kopfmikrophon (das meinem Computer-Pommes-frites-Kopfhörer seinerzeit in WingWorld nicht unähnlich ist) und strahlt dann zu uns beiden herüber. Er scheint guter Dinge zu sein. »Johnson«, sagt er und winkt mich zu sich heran, »wie sind Ihre Gefühle, was die Zukunft angeht?«
    Was für eine Eröffnungsfrage.
    »Nun ja, Sir«, stottere ich, »ich glaube, um glücklich zu sein - um mit der Zukunft in korrekter und positiver Weise umzugehen -, sollte man nicht glauben, das Leben sei nicht mehr so schön wie früher. Das Leben muß jetzt besser sein als je zuvor und wird in Zukunft noch immer besser werden.«
    »Genau. Ganz genau. Ein Partner von mir maulte gerade am Telefon darüber, daß die
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