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Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition)

Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition)

Titel: Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition)
Autoren: Kim Lenox
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durch die Menge zwängte.
    Die Horde gestikulierte, lachte, trieb ihn an und fluchte. Hände streckten sich nach ihm aus, um ihn zu berühren. Hinter sich hörte er zischende Geräusche und ein Jaulen des Schmerzes von jenen, die es gewagt hatten, das amaranthinische Silber zu berühren. Er kletterte. Zweihundertzweiundneunzig Stufen. Endlich hatte er die letzte Treppe hinter sich und stand in dem Raum, dessen Außenwände durch die vier großen Zifferblätter der Uhr mit ihren gusseisernen Rahmen gebildet wurden. Sie schienen wie riesige Opale, beleuchtet von dem Licht der Gasbrenner. Ein Pianoforte stand am Fuß des nördlichen Ziffernblatts. Hier schien die Luft schwerer zu sein. Ein widerlicher Gestank stach ihm in die Nase – Schwefel und Verfall, der deutliche Geruch eines Brotos.
    Ein langsames Ticken – alle zwei Sekunden – akzentuierte die Stille.
    Tick.
    »Ich bin hier«, brüllte er. »Lass uns diese Hochzeit feiern.«
    Tick.
    Aus den schattigen Ecken erschienen fünf Männer, von Kopf bis Fuß in Leichentücher gehüllt. Er sah ihre Gesichter. Matthews. Lord Trafford. Die anderen kannte er nicht.
    Und dann sah er sie … die Dunkle Braut.
    Nicht eine Frau, sondern zwei.
    Evangeline und Astrid. Sie lächelten schelmisch und boshaft und zogen undurchdringliche schwarze Schleier über ihre Gesichter. Unbehagen glitt über sein Rückgrat. Aber es gab nur eine Dunkle Braut. Ihre Schritte klackerten auf dem Holzboden.
    »Geliebter. Ehemann. Du bist gekommen, so wie ich es vorhergesehen habe.« Die beiden Mädchen sprachen wie aus einem Mund, ihre Stimmen vereint zu einer furchterregenden Harmonie. Sie reichten sich die Hände, die in schwarzen Handschuhen steckten, und umkreisten einander. Das Rascheln ihrer dunklen Röcke erfüllte den im Dämmerlicht liegenden Ort. Vor seinen Augen verschmolzen die beiden und fügten sich zu einem Wesen zusammen.
    Mark hatte schon viele seltsame Dinge gesehen … aber angesichts dieses Spektakels weiteten sich seine Augen vor Staunen.
    Natürlich. Das war der Grund, warum er ihren Verfall in Hurlingham oder im Haus der Traffords nicht gespürt hatte. Sie waren nur dann ein Brotos, wenn sie vereint waren.
    Die Dunkle Braut ließ sich auf die Sitzbank vor dem Pianoforte sinken und glitt mit ihren Fingern über die Tasten. Misstönende Klänge erfüllten die Luft.
    »Ich habe immer gern ein wenig Musik gehabt, um an einem Abend wie diesem die richtige Stimmung hervorzurufen, du nicht auch?«, fragte sie.
    Aber nach nur wenigen Takten fuhr sie von der Bank auf und schritt zwischen ihm und den Männern in den Leichentüchern hindurch.
    Mit einer Neigung ihres Kopfs riss sie ihren Schleier zurück. Sie trug dieselbe weiße Maske wie zuvor, aber sie hatte Farbe aufgetragen: einen verschmierten Strich Rot auf den Mund und rund um die Augen dicke Linien mit Kohlstift.
    »Lass uns zum Glockenraum hinaufgehen.« Sie deutete mit einer Geste auf eine schmale eiserne Treppe. »Die Beleuchtung ist dort oben besser. Perfekt für eine Hochzeit.«
    Sie huschte hinauf. Ihre Schuhe klapperten über das Metall. »Beeil dich«, drängte sie mit leiser, verführerischer Stimme. »Zögere nicht zu lange.«
    Mark folgte ihr, erpicht darauf, Mina zu sehen und bestätigt zu finden, dass sie lebte. Die fünf Männer kamen hinter ihm her. Im Glockenraum war es finster. Ohne seine amaranthinische Sehfähigkeit hätte er die kolossale Glocke im Zentrum des Turms nicht einmal wahrgenommen. Eins der Fenstergitter war entfernt worden, um eine klare Sicht auf die Themse zu gewährleisten. An diesem Fenster, auf einem hölzernen Ständer, lag das Auge, ein flacher, runder Spiegel von der Größe eines Fassdeckels. Mondlicht spiegelte sich auf seiner Oberfläche. Mark entdeckte noch etwas anderes. Durch das Fenster sah er in einiger Entfernung die Spitze der Nadel Kleopatras, die genau auf das Auge ausgerichtet war.
    Es ist wie ein Schachspiel, gespielt auf der Erde als Schachbrett, aber mit Menschen und mächtigen Artefakten.
    Eine vage Bewegung erregte seine Aufmerksamkeit. In der gegenüberliegenden Ecke erschien eine Gruppe von Kriechern, die Mina hinter sich herzerrten und ihren Vater vor sich herschoben.
    »Mark«, rief Mina.
    Die Braut flüsterte: »Ihr Opfer wird dein Hochzeitsgeschenk an mich sein.«
    Mark biss die Zähne zusammen, um einen Aufschrei zu unterdrücken. Er konnte es nicht riskieren, den Brotos zu verärgern. Nicht, bis Mina sicher war.
    »Komm jetzt, Liebling.« Das bemalte,
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