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SGK330 - Tanzplatz der Verfluchten

SGK330 - Tanzplatz der Verfluchten

Titel: SGK330 - Tanzplatz der Verfluchten
Autoren: Larry Brent
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Selma war da...
sag’s ruhig weiter!«
    Sie lachte nun lauter und warf den
Kopf zurück, dass die Flut ihrer roten Haare in den
Nacken zurückfiel.
    Der Hund knurrte unterdrückt. Sein
Fell war gesträubt, die Zähne gefletscht, aber er wagte nicht, sich der
seltsamen Frau, die wie ein Geist in der Nacht aufgetaucht war, auch nur einen
Schritt näherzukommen. Eine unsichtbare Macht schien ihn davon abzuhalten.
    Die Rothaarige lief weiter mit
aufreizendem Gang, wiegenden Hüften und verschwand irgendwo in der Dunkelheit
zwischen Ackern und Wiesen.
    Gessler stand benommen da.
    Die gerade angezündete Pfeife war
wieder erloschen.
    Mit zitternder Hand nahm er sie aus
dem Mund und steckte sie zurück in die Tasche seines Mantels.
    »Komm, Harras ... komm’«, Gesslers Stimme klang fremd. Man sah dem
Mann den Schrecken an, unter dem er stand.
    Der Bauer kehrte ins Haus zurück. Er
war aufs äußerte erregt. Seine Lippen bewegten sich ständig und murmelten nur
einen Namen.
    »Die rote Selma ...«
    Er stolperte mehr die Treppe nach oben, als er sie ging. Er bewegte sich zu schnell. Gessler kehrte nicht ins Schlafzimmer zurück.
    Sein Ziel war der Dachboden.
    Der war nur über eine Hühnerleiter zu
erreichen. Obwohl dies beschwerlich für ihn war, ließ Gessler sich nicht davon abbringen.
    Er stieß die Bodenklappe nach oben und
kroch in den muffig riechenden Raum unter dem Dach.
    Es raschelte in den Wänden, im Gebälk.
Mäuse vermutlich.
    Gleich neben der Bodenklappe hing an
einem rostigen Haken eine Öllampe. Die elektrische Versorgung des Hauses begann
erst einen Stock tiefer. Gessler hatte den Dachboden
nie einbezogen.
    Ein Streichholz war gleich angerissen.
    Ausrangierte Gartengeräte, allerlei
Gerümpel und Kisten mit Büchern und alten, abgetragenen Kleidern standen herum.
    In einer dick verstaubten und mit Spinngewebe
bedeckten Kommode waren Pappschachteln mit alten Fotografien aufbewahrt.
    In den gleichen Schubladen lagen auch
größere Bilder, mit öl- und Aquarellfarben gemalt. Einige waren gerahmt.
    Gessler zog eine Schublade nach der anderen
aus dem Schrank. In seiner Aufregung stellte er die Lampe einfach auf die
Kommode, die beängstigend wackelte, wenn er die klemmenden Schubkästen
herauszerrte.
    Es staubte. Er musste husten.
    Gessler durchwühlte die Pappschachteln. Er
schien genau zu wissen, was er suchte.
    Schweiß perlte auf seiner Stirn, seine
Aufregung wuchs.
    »Was ist denn los mit dir? Was suchst
du denn hier oben ?« Die Stimme seiner Frau klang
plötzlich aus der geöffneten Bodenklappe hinter ihm.
    »Das Bild ...«, sagte er einfach, ohne
sich umzudrehen.
    »Welches Bild?«
    »Ihr Bild ... Selma ... es muss hier sein...«
    Herta Gessler kam vollends nach oben.
    »Was hast du gesagt ?« fragte sie erbleichend. »Du suchst i h r Bild ?«
    »Ja.«
    »Aus welchem Grund? Weshalb mitten in
der Nacht?«
    Herta Gessler stand neben ihrem Mann. Die Kommode rings um die Petroleumlampe und der Boden
um seine Füße waren übersät mit Fotos und kleinen Zeichnungen. Die Bilder waren
alle vergilbt und durchweg über hundert Jahre alt.
    »Weil ich sie gesehen habe ...«
    Herta Gessler fuhr zusammen beim Klang der Stimme ihres Mannes. »Peter... komm’, geh’ ins
Bett... dir ist nicht gut. Was redest du da für Unsinn ?«
    »Ich habe sie gesehen... sie hat mich
bedroht... sie will wiederkommen...«
    Er hielt plötzlich ein großes, aus
Tusche und Wasserfarbe gemaltes Bild in der Hand, das zwischen den Seiten einer
total vergilbten, brüchigen Zeitung lag.
    »Das ist es !«
    Das Bild zeigte ein junges,
rothaariges Mädchen. Etwa zwanzig Jahre alt. Die Konturen der dargestellten
Person waren stark verblasst , kaum mehr wahrzunehmen,
die abweisende Kühle und Verderbtheit der Züge aber hatte sich dennoch
erhalten.
    »Die rote Selma... im Jahr 1784... vor
fast zweihundert Jahren, Herta... sie hat sich nicht verändert. Sie ist so
jung, so teuflisch schön und verführerisch geblieben... und sie ist noch immer
mitten unter uns !«
    »Das ist eine Legende, Peter, nichts
weiter. Keiner hat sie je gesehen .«
    »I c h habe sie gesehen...«
    Da legte Herta Gessler ihre Rechte an seine Stirn. »Du fühlst dich ganz heiß an, ich werde den Arzt
anrufen«, sagte sie erschrocken. »Du hast Fieber .«
    »Nein, ich fühl’ mich gut. Ich glühe
vor Aufregung, das ist alles .«
    »Du phantasierst! Jemand, der vor
zweihundert Jahren gelebt hat, kann unmöglich deinen Weg gekreuzt haben...«
     
    *
     
    Er war zwar nervös,
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