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Sex und Folter in der Kirche

Sex und Folter in der Kirche

Titel: Sex und Folter in der Kirche
Autoren: Horst Herrmann
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durch Bilder belegt sind, auf denen - der geschlechtsspezifische Hinweis ist nicht unwichtig - nur Männer agieren?54 Noch gegen Ende des
    neunzehnten Jahrhunderts wurde in einigen katholischen Regionen Deutschlands am Fest des Apostels Jakobus (25. Juli) ein Bock mit vergoldeten Hörnern und Bändern geschmückt und unter Musik
    vom Kirchturm geworfen. Im belgischen Ypern stürzte die Menge am Mittwoch in der zweiten Fastenwoche lebendige Katzen vom
    Turm zu Tode.55
    Und heute? In einem kleinen Ort am Mittelmeer wird, als Höhe-
    punkt eines Festes, in aufgeräumter Stimmung ein Feuerwerk abgebrannt, am lebenden Objekt. Die Hörner eines Stieres, so schmerz-empfindlich wie unsere Fingerkuppen, brennen lichterloh. Das Tier brüllt, die Peiniger lachen. Eine gelungene Fiesta: Sind die Hörner abgebrannt, wirft die Bande das Tier ins Meer. Es darf endlich 23
    sterben. In einem anderen Dorf klettern junge Männer auf den
    Kirchturm. An einem Seil zappelt eine Ziege. Loslassen, köstliches Amüsement, das Tier landet zerschmettert auf dem Boden vor der Kirche; der Pfarrer hat nichts dagegen, er lädt anschließend zum Mahl. Im dritten Dorf baumeln lebende Gänse kopfüber von einem Seil. Um das Spiel zu gewinnen, müssen Berittene im Galopp den Hals der Tiere greifen und ihnen das Genick brechen. Im vierten schwirren Hunderte von nadeldünnen Pfeilen durch die Luft; die Dorfbewohner haben Blasrohre angesetzt und zielen auf einen
    Stier. Die Hinrichtung endet mit der Kastration des Tieres. Im fünften Dorf haben die Männer ihren Spaß, wenn sie Hühner, die bis zum Kopf eingegraben sind, mit Steinen traktieren und mit Knüppeln köpfen. Im sechsten hat ein Esel keine Chance, seinen Peinigern zu entgehen: Er wird bespuckt, beworfen, angesprungen, bis er zusammenbricht. Im siebten hält die Osterprozession vor einem großen Baum, an dessen Äste Tongefäße geknüpft sind. Bis vor kurzem waren hier Eichhörnchen und Katzen eingesperrt, inzwischen, Fortschritt der christlichen Zivilisation, sind es Tauben.
    Zu den Klängen der Nationalhymne schleudern fromme Bürger
    Steine nach den Gefäßen, bis die Tiere herausfallen. Zerschunden, entwürdigt, tot.
    Wieder erhebt der Gemeindepfarrer keine Einwände, deutet das
    gräßliche Geschehen vielmehr als Sinnbild des menschlichen
    Kampfes gegen die Sünde. Wie lange mag es dauern, bis sich selbst in den Köpfen der katholischen Patriarchen jene Einsicht durchgesetzt hat, die sich unter anderen, freilich Unfrommen, schon verbreitete? Noch immer gelten die Tiere, deren Unschuld doch unvergleichlich ist, der Liebesreligion als Opfer- und Schlachtobjekte.
    Der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz nannte sie soeben, ohne Quellenangabe, seelenlos. Offenbar meinte er, seinesgleichen, mit Seele begabt, habe da drüben irgendeinen Vorteil gegenüber einem Meerschweinchen zu erwarten. Diesen Unterschied sollte er einmal einem Kind erklären, das sein Zwergkaninchen verlor.
    Auch gegen diese Spielart der Himmelsselektion melde ich
    schwerste Bedenken an. Muß denn ein Mensch erst Tiere liebge-
    wonnen und verloren haben, um menschlicher als ein Theologe zu urteilen? Lebte der Mensch überhaupt, dem kein Tier je seine
    Freundschaft schenkte? Sollen ausgerechnet Tiere für ihre unzähligen Leiden ohne Ersatz bleiben, während es die Täter, Tierquäler, 24
    schließlich doch noch in den Christenhimmel schaffen? Ist für Hunde, die aus Gram über den Tod ihres Herrchens oder Frauchens sterben oder in den Tod gehen, um ein Kind zu retten, im Jenseits, wie es die Deutsche Bischofskonferenz vorstellen läßt, kein Platz?
    Gibt es keine Tiere, die fühlen, leiden, lieben?
    Gewiß finden sich Tierverächter auch außerhalb des Abendlan-
    des, da patriarchales (nicht menschliches!) Denken und Fühlen spezifische Ausbeuterqualitäten und Selektionsmechanismen aufweist. Doch gelang es dem Christentum nicht, diese Ideologien zu überwinden. Im Gegenteil. Auch in Sachen Tier (und Pflanze) stützen Christenethiken die Vorgaben des Patriarchats, statt das Denken und Handeln der Menschen von ihnen zu befreien. Die ideologische und praktische Mitleidlosigkeit gegen Tiere und Pflanzen ist ein Kennzeichen gerade derjenigen, die ständig die Schöpfung im Munde führen. Andere Religionen und Weltanschauungen sind
    den Christen voraus. Das wundert mich nicht, zumal selbst der angebliche Stifter des Christentums sich Tieren gegenüber nicht gerade als Vorbild des Menschseins zeigte: Er schwieg,
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