Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lauras Liebhaber

Lauras Liebhaber

Titel: Lauras Liebhaber
Autoren: Natalie Rabengut
Vom Netzwerk:
1.
    »Danke für die Hilfe beim Umzug!«
    Laura war so froh gewesen, die Wohnung gefunden zu haben, dass sie – bis jetzt gerade – nicht darauf geachtet hatte, wie ihre neue Mitbewohnerin eigentlich aussah.
    Sie musterte Chloe und musste zugeben, dass sie wirklich sehr attraktiv war: Sie war lässig gekleidet, trug Jeans zu einem einfachen Shirt, über das sie ein überlanges Karohemd gezogen hatte, zwischen Jeansbund und Shirt war ein heller Streifen Haut zu sehen. Und sie war lediglich leicht an den Augen geschminkt, die vollen Lippen brauchten keinen Lippenstift.
    Es war Samstagnachmittag. Am Montag begann das Semester an der Kunstakademie – es war also höchste Zeit gewesen, eine Bleibe zu finden. Laura hatte sich unzählige Zimmer angesehen, aber entweder war die Miete so hoch gewesen, dass sie praktisch nicht zu bezahlen war, oder die Zimmer lagen in Stadtteilen, die in ihren Eltern Bilder von Straßenbanden, Raubüberfällen und Leichenwagen hervorriefen. Dieses Zimmer kam wie gerufen, die Miete war angemessen, das Zimmer bezugsfertig, die Akademie mit der U-Bahn und sogar zu Fuß zu erreichen, wenn es sein musste. Chloe war nett, studierte ebenfalls an der Akademie, und vor allem kein Mann, was Lauras Eltern wohl am meisten beruhigte – denn immerhin mussten sie überzeugt werden. Wen interessierte es schon, dass Laura bereits dreiundzwanzig war?
    Beim zweiten Hinsehen war Laura sich sogar sicher, dass die Miete eigentlich zu günstig war, aber das behielt sie für sich, es würde eh schon schwer werden, mit dem Geld auszukommen, das sie sich seit dem Schulabschluss erarbeitet und gespart hatte.
    »Soll ich dir beim Auspacken helfen?« Chloe stand an der Spüle in der Küche und wusch sich einen Apfel unter dem laufenden Wasser ab. Laura saß immer noch am Tisch und trank ihren Tee. Sie hatte nicht direkt Heimweh, es war nur sehr ungewohnt, von zu Hause weg und allein zu sein. Ihr erster Umzug überhaupt. Sie kannte hier ja niemanden außer Chloe.
    Laura lächelte dankbar. »Das wäre wirklich nett.«
    Chloe zuckte lässig mit den Schultern und meinte grinsend: »Dann kann ich schon mal schauen, ob du ein paar Klamotten hast, die ich mir leihen kann.«
    Laura ging in ihr Zimmer, und Chloe folgte ihr. Sie war dankbar und ein wenig erleichtert, dass ihre neue Mitbewohnerin gleich so locker und offen war. Sie selbst war eher schüchtern und stand sich gern selbst im Weg. An unzähligen fremden Wohnungen zu klingeln, sich neuen Menschen vorzustellen und gleich zu beurteilen, ob sie sich ein Zusammenleben vorstellen könnte, war ihr mehr als nur unangenehm gewesen. In mehreren Wohnungen, die sie besichtigt hatte, herrschte das pure Chaos, und sie sah sich gezwungen, sich jedes Mal schlechte Ausreden einfallen lassen zu müssen, warum sie nicht mit Kakerlaken und kaputten Klospülungen hausen wollte.
    Nicht so bei Chloe. Schon als sie die Tür aufgemacht und gelächelt hatte, war klar gewesen, dass dies wirklich funktionieren würde. Gerade, als Laura sich entschuldigen wollte, dass sie so kurzfristig eine Wohnung suchte, entschuldigte sich Chloe, dass die Wohnung so kurzfristig zu beziehen und es hoffentlich nicht zu viel Stress für Laura sei. Als sie dann das große, helle Zimmer, das saubere Bad, die ordentliche Küche und diesen traumhaften Holzfußboden sah, hatte sie ihre Entscheidung sofort getroffen. Angesichts des günstigen Mietpreises hätte sie am liebsten sofort angefangen zu weinen.
    Chloe hatte jedoch mahnend den Finger gehoben und gesagt: »Einen Augenblick, ich muss da noch ein paar Dinge überprüfen.« Laura war fast das Herz stehen geblieben, doch dann wollte Chloe wissen: »Hund oder Katze?«
    »Was?«, fragte Laura verblüfft.
    »Hund oder Katze? Einfach spontan antworten.«
    »Ähm … Hund.«
    »Kaffee oder Tee?«
    Laura lächelte. »Morgens lieber Kaffee, sonst eine schöne Tasse Tee.«
    »Chinesisch oder indisch?«
    »Um Gottes willen, chinesisch! Auf jeden Fall chinesisch!«
    Chloe lachte. »Perfekt, drei von drei! Wenn du die Wohnung haben möchtest, ich kann damit leben!«
    Laura konnte kaum glauben, dass das erst fünf Tage her war. Danach war alles so schnell gegangen: Sie musste Umzugskartons organisieren, ihre Sachen packen. Und sie hatte ein neues Bett, einen Schrank und einen Zeichentisch gekauft, nachdem sie sorgfältig das Zimmer ausgemessen hatte.
    Jetzt stand sie in dem Zimmer und schaute sich noch einmal in dem noch leeren Raum mit den Kartons und Paketen in der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher