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Setz dich über alles weg

Setz dich über alles weg

Titel: Setz dich über alles weg
Autoren: Mary Bard
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von der Sorte.«
    »Wie wird man Athlet? Wo sind Tarzan,
Siegfried und die alten Wikinger?« fragte Maggie, als wir die kahlen und
nüchternen Plakate der Nährmittelfirmen lasen. Sie hielten sich ausschließlich
an drei Punkte. Eins: Nährmittel passen zu jeder speziellen Diät. Zwei: Nur
wenige Nahrungsmittel übertreffen an Nährgehalt eine Portion Nährmittel mit
Milch. Drei: Dieser Nährwert ist in fast sämtlichen Nährmitteln enthalten,
gleichgültig aus welcher Getreidesorte sie hergestellt sind.
    Ich sagte: »Da mag etwas dran sein,
wenn ich bedenke, daß sich Jim mit dem Gedanken trägt, den Kindern die
Weizenflocken zu entziehen, weil sie von fünf bis sechs am Radio hocken und
nicht an die frische Luft wollen.«
    »Jetzt werde ich aber böse!« Maggie
warf eine Broschüre weg, die eine Seifenfirma ihr überreicht hatte und die den
Titel trug: ›Wie man einen bettlägerigen Patienten badet‹ — »Und was ist mit
den vierzehn führenden Kapazitäten, die in vierzehn Tagen vierzehn alte Weiber
in vierzehn verführerische Schönheiten verwandelt haben, indem sie ihnen bloß
das Gesicht mit ›unserer‹ Seife wuschen — oder was den Lügenhälsen sonst noch
einfallen mag!«
    Als ich eine Broschüre las, die
sämtlichen Ärzten großmütig zur Verteilung unter ihre Patienten in unbegrenzten
Mengen angeboten wurde und die den Titel trug ›Wie man ein Baby badet‹, kam es
mir auch so vor, als ob die Seifenfirmen leicht übertrieben. Aus reiner
Dankbarkeit sollten sie ein paar hunderttausend Dollar als Preis für den Arzt
aussetzen, der imstande wäre, in höchstens fünfundzwanzig Worten zu formulieren,
warum seiner Meinung nach ihre Seife ein kleines bißchen weniger schädlich sei
als andere Marken.
    »Es müßte aber eine ›führende Kapazität
sein«, antwortete Maggie. »Und es würde sich bald herausstellen, daß kein Arzt
auf Gottes Erdboden imstande ist, etwas mit weniger als einer Million Worten
auszudrücken — und zwar lauter achtsilbigen.«
    Die kosmetische Industrie war durch
zwei Firmen vertreten. Die eine machte Reklame für hypoallergene
Schönheitsmittel, die wissenschaftlich zusammengesetzt und für Leute mit
empfindlicher Haut bestimmt sind — etwas ganz anderes als die ›Venussalbe‹, das
›Tabu‹ und die sonstigen Sorten präparierter Sinnenlust! Die zweite Firma —
obwohl es ihr nur gelungen war, den Irritationsindex ihres Gesichtspuders auf
ein nicht mehr zu unterschreitendes Minimum herabzudrücken — behauptete steif
und fest, sie brächten ihren Puder in den »wunderbarsten neuen
Farbschattierungen« heraus.
    Den Arzneimittelfirmen war nichts von dieser
untertänigen und unsicheren Haltung anzumerken. Sie sind erprobte und echte
Freunde des ärztlichen Berufs, und ihre Reklame war einfallsreich und
originell. Nachdem ich mir fast eine Stunde lang eine echte Apotheke aus dem
Jahre 1793 angeschaut hatte — mit Kräuterkrügen und uralten Salben,
Patentmedizinen und Geheimmitteln, ganz ausgezeichnet reproduziert — , landeten
wir in einem kleinen Salon, den eine andere Arzneimittelfirma zur Verfügung
gestellt hatte. Hier gab es einen Fernschreiber mit den Nachrichten einer
großen Agentur und mehrere bequeme Stühle und Sofas. Aus einer mit Efeu
bewachsenen Wand plätscherte ein beleuchteter Springbrunnen hervor (zweifellos
ein diskreter Wink, daß den Fabriken dieser Firma die Arzneimittel ebenso
leicht entströmten), aber es war trotzdem ein recht angenehmer Zufluchtsort.
    Auf verschiedenen Plakaten wurde die
Entwicklung der einzelnen Arzneimittel gezeigt und der Fortschritt der Medizin
mit wunderschönen Bildern demonstriert. Da dieser Teil der Ausstellung auch Nichtfachleuten
zugänglich war, waren die Kommentare in einfachen und tröstlichen Worten
gehalten, die mir das behagliche Gefühl gaben, wenn sich bei mir beunruhigende
Symptome einer gefährlichen Krankheit zeigten, wie die wissenschaftlichen
Ausstellungsobjekte sie mir suggeriert hatten, würden die Arzneimittelfirmen zu
Hilfe eilen und sich bemühen, meine Leiden zu lindern.
    »Was machen wir heute nachmittag?«
fragte ich, ließ mich in einen der bequemen Sessel sinken und zündete eine
Zigarette an.
    Maggie kramte in ihrem Täschchen und
fischte das wissenschaftliche Programm hervor. »Schauen wir uns einen guten
Film an!« sagte sie, während sie sich zu mir setzte. Es war schwer, unter so
vielen Perlen zu wählen. ›Mesenteriale Lymphdrüsen, ihr Verhalten und die Reaktion
ihrer Klappen bei lebenden
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