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Settlers Creek

Settlers Creek

Titel: Settlers Creek
Autoren: Carl Nixon
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Gänsehaut.
    Das neue Unterrichtsgebäude sollte in zehn Tagen fertig sein, damit es im zweiten Schulhalbjahr bereits genutzt werden konnte. Deshalb arbeiteten sie sonntags. Der Dachstuhl war fertig, aber sie hatten erst am Nachmittag des Vortags damit begonnen, das Dachblech anzubringen. Mitch wäre nicht erfreut darüber, daß sie nun den größten Teil eines weiteren Tages verloren, schließlich waren sie schon genug im Rückstand. Sogar in den paar Augenblicken, die Box weggeschaut hatte, waren die Wolken nähergekommen; wie ein schlammiger Tsunami wälzten sie sich über die Hügel. Er steckte den Hammer in seinen Werkzeuggürtel, lief leichtfüßig über das Dach zur Leiter und kletterte hinunter, um sein Buschhemd aus dem Pickup zu holen.
    Taylor und natürlich Grant packten schon ihre Sachen zusammen. Das war vorhersehbar. Was Taylor anlangte, genügte schon das kleinste Anzeichen von schlechtem Wetter, und er ließ das Werkzeug fallen. Die beiden würden schon so gut wie in der Kneipe sein, wenn es gerade mal sachte anfing zu tröpfeln. Und es war mehr als wahrscheinlich, daß sie Mitch erzählten, sie hätten bis 17 Uhr gearbeitet. Sie hatten sowieso schon die ganze Zeit gemault, daß sie an einem Sonntag hier sein mußten.
    Tatsächlich hatte Box keine Zeit, sich um die beiden zu kümmern. Die Rezession, der globale Abschwung, die internationale Finanzkrise – was auch immer es war – hatte die Bauindustrie wie eine Dampfwalze plattgemacht. Box wußte das besser, als ihm lieb sein konnte. Er schaute Taylor und Grant beim Einpacken zu. Während jede Menge Zimmerleute arbeitslos waren, jammerten die beiden, weil sie sonntags ranmußten; beklagten sich darüber, eine feste Stelle zu haben und auch noch Überstunden bezahlt zu bekommen. Denen war nicht mal ansatzweise bewußt, wieviel Glück sie hatten. Dank Mitch und seinen Kontakten zu Regierungskreisen, bekamen diese beiden Clowns die Arbeit jeden Tag auf dem Silbertablett serviert, und das das ganze Jahr über.
    Wären es seine Leute gewesen, hätte Box sie noch zu einem letzten Großeinsatz verdonnert, bevor es richtig zu donnern anfing. Das Dach müßte unbedingt noch drauf, jedenfalls größtenteils. Aber Taylor war der Vorarbeiter und Box derzeit kaum mehr als ein Tagelöhner. Er hatte hier ungefähr soviel zu sagen wie der jüngste Lehrling. Box schüttelte den Kopf und ging zu seinem Pickup.
    Als er zurückkam und sich gerade das Buschhemd überzog, stand Taylor auf dem Betonfundament bei den Sägeböcken. Die roten Ohrenschützer hingen ihm um den Hals.
    »Wir sind weg. Kommst du mit?«
    »Vermutlich dauert es noch eine Stunde, bis es regnet«, erwiderte Box.
    Taylor zuckte mit den Schultern. »Wir gehen ein Bier trinken.«
    »Wenn wir alle weitermachen, kriegen wir das Dach vielleicht noch dicht.«
    Taylor sah nach den Wolken und schüttelte den Kopf. Seine lockigen braunen Haare waren voller Sägespäne. Er war noch in seinen Zwanzigern, verbarg aber unter seinem farbbespritzten Sweatshirt bereits einen Bierbauch in Luftballongröße; darunter kamen kurze, muskulöse Beine zum Vorschein.
    »Nein, dazu reicht die Zeit nicht mehr.«
    »Wenn das Dach erst mal drauf ist, können wir die Wände abisolieren. Die Putzer könnten dann morgen anfangen.«
    »Es fängt gleich an zu schiffen.«
    »Wir müssen uns schon verdammt ranhalten, wenn das vor dem 29. fertig sein soll.«
    »Das schaffen wir schon.«
    Box’ größere Erfahrung spielte hier keine Rolle. Er wußte sogar, daß sie gegen ihn sprach. Taylor wollte ihn nicht dabeihaben. Eingebildetes Arschloch. Er war einer von denen, die immer nach einem Kritikpunkt suchen, nach einem Grund, einen runterzumachen, die sowieso immer alles besser wissen. Jetzt ließ er Box spüren, wer hier das Kommando hatte.
    »Wieso bist du da so sicher?«
    »Vergiß es. Wir sind weg. Kommst du mit oder nicht?«
    Box gab sich keine Mühe, seinen Ärger zu verbergen. Er schüttelte den Kopf. »Ich mach noch fertig, was ich kann. Dafür werde ich schließlich bezahlt.«
    »Wie du willst.« Das Grinsen hätte ihm Box am liebsten mit einer Handvoll Hobelspäne aus dem Gesicht gerieben.
    Statt dessen ließ er ihn stehen und ging zur Leiter. Er stieg aufs Dach, wo der aufgefrischte Wind ihm eine Ladung Eis ins Gesicht blies. Es war ziemlich sinnlos, Taylor zu widersprechen. Box war das alles ohnehin scheißegal, der Baustellenzoff mit seinen Machtspielchen. Ein Sturm im Wasserglas. Damit war er fertig. Er machte seine Arbeit
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