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Serum

Serum

Titel: Serum
Autoren: R. Scott Reiss
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überreichte. Ich sagte, ja, Aguinaldo hätte mich angerufen, nachdem er die Leiche entdeckt hatte. Ja, ich hätte das Haus durchsucht, das sei mein Job, und es gebe keine Anhaltspunkte für ein Verbrechen. Ja, ich hätte hier vor ein paar Stunden noch mit dem Vorsitzenden einen Scotch getrunken und das Glas in der Spüle verwendet, auf dem sie natürlich meine Fingerabdrücke finden würden.
    Nein, der Vorsitzende habe mir keine Disk gegeben, auch wenn seine Liste darauf hindeutete. Und nein, ich hätte keine Ahnung, worum es bei Dwyers Schlachtplan gegangen sei.
    Berg tat sein Bestes, nicht verunsichert auszusehen, als er nach dem »Weißen Haus« fragte, aber es gelang ihm nicht so recht.
    »Ich habe keine Ahnung, was der Vorsitzende damit gemeint hat«, sagte ich.
    Ob er gestern Abend Andeutungen über eventuelle Probleme gemacht hätte, Depressionen, Einsamkeit?
    Er habe aufgebracht gewirkt, meinte ich, ich wisse aber nicht, warum.
    Dann log ich, als ich behauptete, dass ich nichts vom Schauplatz entfernt hätte. Wahrheitsgemäß dagegen erklärte ich, für spätere Fragen gerne zur Verfügung zu stehen.
    Während der Vernehmung erhob unser Anwalt keine Einwände, obwohl ihm bei der Übergabe der Liste nicht wohl zumute war, und als wir fertig waren, hatte die Leichenbeschauerin – zu einem so wichtigen Fall war die Chefin selbst angerückt – den Toten bereits untersucht und seine Körpertemperatur gemessen. Die Blutproben waren etikettiert, die Fotos geschossen. Beamte suchten noch nach Fingerabdrücken. Aguinaldo und Danny waren in anderen Räumen befragt worden.
    »Siehst du? Nur keine Sorge«, sagte ich zu Danny.
    »Sag niemals nie.«
    Der Vormittag war bereits weit fortgeschritten, als ich ging. Sheila fing mich an der Haustür ab. Ich hörte den Verkehrslärm der Innenstadt draußen tosen und sah durch die karoförmigen Fenster in der schweren Eichentür die Köpfe der Reportermeute. Die Antennen ihrer Übertragungswagen ragten in die Luft wie die Lanzen eines Ritterheers, das nur darauf wartete, seine Opfer aufzuspießen.
    »Übrigens«, begann Sheila, »du siehst sexy aus in dem Anzug. Ein Todesfall erhöht die Wertschätzung für die angenehmen Dinge des Lebens. Was meinst du? Wir hatten doch eine schöne Zeit zusammen, oder? Ich denke oft daran zurück. Kann ich dich heute Nacht trösten, oder hast du schon etwas vor?«
    »Ich muss arbeiten«, erwiderte ich. Trost war kein Wort, das ich mit Sheila in Verbindung gebracht hätte. Aber unleugbar regte sich etwas in meiner Lendengegend.
    »Ach, ich meine danach«, sagte sie und strich mir zärtlich über den Bart.
    »Nicht heute Nacht.«
    Sie zwinkerte mir zu. »Ruf mich an, wenn du die kleine Sekretärin abserviert hast.« Als wir die Haustür erreichten, hatte sie auf ihrem hinreißenden Gesicht einen oscarreifen Ausdruck der Trauer komponiert.
    »Vergiss nicht, Keating erwartet dich«, sagte sie. »Er sagte etwas von Frühstück.«
    Sie öffnete die Tür, und die Fragen der Reporter prasselten auf uns ein.
    »Stimmt es, dass er Aids hatte?«
    »Ist der Vertrag mit dem Verteidigungsministerium gefährdet?«
    »Frühstück?«, raunte ich Sheila zu. Ich bekam den schrecklichen Gestank in Dwyers Arbeitszimmer nicht aus dem Kopf. »Ich werde eine Woche lang keinen Bissen mehr hinunterbekommen.«
    »Was für ein sensibler Junge«, flüsterte sie. Sie sah aus, als wollte sie gleich in Tränen ausbrechen.
    Ein Journalist ganz vorne rief: »Wie kommt es, dass es so lange gedauert hat, bis die Polizei gerufen wurde?«
    Andere Reporter schrieben die Frage mit und starrten mich stirnrunzelnd an.
    »Fragen beantworte ich«, sagte Sheila. »Nicht du.«
     
    Wenn Sie eine Pillendose aus Ihrem Medizinschrank umdrehen, sehen Sie auf dem Boden Zahlen und Symbole eingeprägt. Zum Beispiel ein Dreieck mit der Nummer 9 darin. Ein eingetragenes Warenzeichen, etwa »NL«, »SA«, »GR«. Ein Datum. Diese Hieroglyphen identifizieren den Hersteller, das Herstellungsdatum und die Fabrik, in der sie produziert wurde.
    Das ist eine von unseren, dachte ich mit einem Blick auf Lenox’ »LX« auf dem Fläschchen, das ich aus dem Bad des Vorsitzenden hatte. Ich war auf dem Weg zu unserem Interimsgeschäftsführer und Vorsitzenden – Bill –, stand an einer roten Ampel und tippte die Nummer einer meiner talentiertesten Angestellten ins Handy.
    »Hoot hier«, meldete sich ihre mädchenhafte Stimme. Sie saß im Hauptbüro der Sicherheit, einem großen, sonnendurchfluteten
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