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Serum

Serum

Titel: Serum
Autoren: R. Scott Reiss
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lesen, die er auf seinem persönlichen Schreibpapier hinterlassen hatte.
    Ich bin einsam.
    Nichts über das Geschäft oder die Probleme und den Verrat, auf den er angespielt hatte.
    Es schien sich um seine Handschrift zu handeln. Die Polizei würde den silbernen Füllhalter und das Papier nach Fingerabdrücken untersuchen. Ich war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, sie sofort anzurufen, und dem Bedürfnis, Dwyer und Lenox zu schützen. Schließlich war ich ein guter Ermittler.
    Das macht es einem schwer, aufzuhören.
    Ich arbeitete schnell. In den säuberlich aufgeräumten Schubladen lagen keine belastenden Berichte, E-Mails oder Notizen, obwohl ich zu meiner Überraschung auf einen mit rotem Gummiband zusammengehaltenen Stapel Wettscheine stieß. Es war nur Kleinkram: zwei Dollar auf Golden Hoof im Aqueduct-Rennen; zwei Dollar auf die Mets gegen die Phillies im Shea-Stadion, ebenso viel auf die Dodgers gegen die Marlins.
    Ich wusste gar nicht, dass er spielt.
    Außerdem entdeckte ich eine Liste von Aktien, die er im vergangenen Monat gekauft hatte. Vier Aktien der Compton Hotels à zwei Dollar dreiundsechzig. Zwei Anteile von Deep Sea Marine zu je einem Dollar siebzig. Zwei Aktien von Galvin Defense.
    Ich runzelte die Stirn. Warum nur zwei? Und warum lagen die Belege bei den Wettscheinen?
    Ich steckte sie ein. Besser, wenn Polizei und Reporter erst einmal nichts davon erfuhren. Inzwischen waren fünfzehn Minuten seit meinem Eintreffen vergangen, und langsam musste ich wirklich die Polizei verständigen. Ich hatte verifiziert, was Aguinaldo mir erzählt hatte. Nichts sprach für einen Einbruch. Doch dann überlegte ich es mir anders.
    Ich wählte die Nummer von Daniel Whiteagle, einem ehemaligen Geheimdienstmann der Air Force, meiner rechten Hand bei Lenox. Ich hörte den Rufton in seinem Murray-Hill-Apartment und sah ihn vor mir, einen durchtrainierten, 53 Jahre alten Irak-Veteranen, halb Ire, halb Mohawk-Indianer. Eine dünne Schrapnellnarbe zog sich über die linke Hälfte seines schmalen, karamellbraunen, trügerisch traurigen Gesichts. Er war ein hochdekorierter Held, Captain in einer Anti-Drogen-Einheit, der auf den Philippinen illegale Labors in die Luft gejagt und Dutzende von Crack-Dealern festgenommen hatte. Ein Straßenbulle mit Undercover-Erfahrung, der seine Jugendliebe geheiratet und mit ihr vier Kinder hatte.
    »Warum wollen Sie für Lenox arbeiten?«, hatte ich ihn beim Vorstellungsgespräch gefragt.
    Danny lächelte nie, aber er liebte Scherze. »Wegen des Aktienbezugsrechts. Wenn’s auf der Versammlung zu einem Patt kommt, kann ich mit meinen zwei Aktien den Ausschlag geben«, gab er zurück.
    »Können Sie sich hundertprozentig in eine Privatfirma einbringen, nachdem Sie beim Militär waren?«
    »Wenn Sie den besten Mann haben wollen«, meinte er und tippte sich an die Narbe, »dann nehmen Sie mich und bekommen tausend Prozent. Wenn Sie nur hundert wollen, suchen Sie sich jemand anders.«
    Danny klang hellwach, als er abhob.
    »Jetzt mach aber mal einen Punkt«, sagte er. »Du warst der Letzte, der ihn lebend gesehen hat, und jetzt bist du alleine dort? Kriege ich dein Eckbüro, wenn die Polizei dich festnimmt?«
    »Komm her. Vier Augen sehen mehr als zwei.«
    »Boss, lass dir von jemandem einen Rat geben, dessen Stamm seit Jahrhunderten von den Behörden für dumm verkauft wird. Ruf die Cops. Und zwar schleunigst.«
    »Danny, wenn er Selbstmord begangen hat, war es kein Verbrechen. Andernfalls übergeben wir der Polizei alles, was wir gefunden haben.«
    Er seufzte betrübt und schicksalsergeben. »Das interessiert die nicht. Sondern nur, was wir ihrer Meinung nach vertuscht haben.«
    Während Danny sich auf den Weg machte, suchte ich weiter. Die letzte Telefonrechnung steckte ich ein, um die Nummern später zu überprüfen. Ich fand keine Memos über schwebende Geschäftsabschlüsse und auch nichts, was auf eine schwere Krankheit hingedeutet hätte. Keine Drohbriefe oder Hinweise auf persönliche Probleme, keinen der Indikatoren, nach denen ich am Ort eines Mords oder Selbstmords Ausschau zu halten gelernt hatte.
    Da ich sein Passwort nicht kannte, blieb mir der Computer verschlossen, aber der Terminkalender bestätigte, dass er vor dem Ausschuss in Washington ausgesagt und ein Lenox-Labor inspiziert hatte.
    Um der Wahrheit die Ehre zu geben, es sah absolut nach einem Selbstmord aus, auch wenn mir das nicht gefiel. Und dass ich den neuen amtierenden Aufsichtsratsvorsitzenden noch nicht
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