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Septimus Heap 03 - Physic

Titel: Septimus Heap 03 - Physic
Autoren: Angie Sage
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erwiderte sie, und bevor der Mann widersprechen konnte, zog sie ihr Kaufmannspatent hervor und legte die Pergamentrolle mit der roten Kordel und dem großen Siegel aus rotem Siegelwachs vor ihn hin. Wie um ihr ihren Willen zu lassen, zog der alte Mann sehr langsam seine Brille hervor, schüttelte über die Dreistigkeit der heutigen Jugend den Kopf und las bedächtig das Schriftstück, das Snorri ihm gegeben hatte. Während sein Zeigefinger an den Wörtern entlangwanderte, nahm sein Gesicht einen ungläubigen Ausdruck an, und als er fertig gelesen hatte, hob er das Pergament ans Licht und suchte nach Anzeichen dafür, dass es sich um eine Fälschung handelte.
    Es war keine. Snorri wusste, dass es keine war, und der alte Mann wusste es auch. »Das ist höchst irregulär«, sagte er zu Snorri.
    »Irregulär?«
    »Höchst irregulär. Es ist unüblich, dass Väter ihr Kaufmannspatent auf ihre Töchter übertragen.«
    »Unüblich?«
    »Aber wie es scheint, hat alles seine Richtigkeit.« Der alte Mann seufzte, fasste recht unwillig unter den Tisch und zog einen Stapel Handelsscheine hervor. »Unterschreiben Sie hier«, forderte er Snorri auf und legte ihr einen Stift hin. Sie setzte ihren Namen darauf, und der alte Mann stempelte den Schein, als hätte sie ihn persönlich beleidigt.
    Er schob ihn über den Tisch. »Stand Nummer eins. Sie sind früh dran. Die Allererste. Der Markt beginnt Freitag in zwei Wochen bei Sonnenaufgang. Und endet am Tag vor dem Mittwinterfest. Bis Sonnenuntergang muss alles geräumt sein. Das macht dann eine Krone.« Der Mann nahm die Krone, die Snorri vorhin auf den Tisch gelegt hatte, und warf sie in eine andere Geldkassette, in der sie klimpernd landete, da die Kassette noch leer war.
    Mit einem breiten Grinsen nahm Snorri den Handelsschein. Es war vollbracht. Sie gehörte jetzt zu den zugelassenen Kaufleuten, genau wie früher ihr Vater.
    »Bringen Sie Ihre Warenmuster zum Schuppen, wir brauchen sie für die Qualitätskontrolle«, sagte der alte Mann. »Sie können sie morgen wieder abholen.«
    Snorri stellte ihren schweren Sack in den Verschlag vor dem Schuppen. Sie fühlte sich so erleichtert, dass sie auf den Marktplatz hinaustanzte und prompt mit einem Mädchen in einem roten, mit Gold verbrämten Kleid zusammenstieß. Sie hatte langes dunkles Haar und trug ein goldenes Diadem auf dem Kopf wie eine Krone. Neben ihr stand ein Geist in einem purpurroten Gewand. Er hatte freundliche grüne Augen und trug sein graues Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Snorri vermied es, die Blutflecken auf seiner Robe direkt unter dem Herzen anzusehen, denn es galt als unhöflich, auf das zu starren, was einen Geist zum Geist gemacht hatte.
    »Oh, Verzeihung«, sagte das Mädchen in Rot zu Snorri. »Ich habe nicht aufgepasst, wo ich hintrete.«
    »Nicht doch, ich muss mich entschuldigen«, erwiderte Snorri. Sie lächelte, und das Mädchen lächelte zurück. Nachdenklich schlug Snorri den Weg zur Alfrun ein. Sie hatte gehört, dass in der Burg eine Prinzessin lebte, aber das konnte sie doch unmöglich gewesen sein. Eine Prinzessin spazierte doch nicht einfach so herum wie jeder x-Beliebige.
    Das fragliche Mädchen, das tatsächlich die Prinzessin war, und der purpurrot gekleidete Geist setzten ihren Weg zum Palast fort.
    »Sie ist eine Geisterseherin«, sagte der Geist.
    »Wer?«
    »Diese junge Händlerin. Ich bin ihr nicht erschienen, und trotzdem hat sie mich gesehen. Ich bin noch nie einem Geisterseher begegnet. Solche Menschen sind sehr selten. Man findet sie nur in den Ländern der Langen Nächte.« Der Geist erschauerte. »Bei dem Gedanken bekomme ich eine Gänsehaut.«
    Die Prinzessin lachte. »Sie sind lustig, Alther«, sagte sie. »Ich wette, dass Sie den Leuten immer eine Gänsehaut verursachen.«
    »Tu ich nicht«, erwiderte der Geist entrüstet. »Na, jedenfalls nur, wenn ich will.«
    In den folgenden Tagen herrschte herbstliches Wetter. Nordwinde bliesen das Laub von den Bäumen und wirbelten es durch die Straßen. Es wurde kalt, und die Menschen merkten, dass es früher dunkel wurde.
    Doch Snorri Snorrelssen gefiel das Wetter. Tagsüber schlenderte sie in der Burg umher, erkundete die Straßen und Seitengassen, bestaunte die Auslagen in den Schaufenstern der vielen kleinen Geschäfte, die versteckt in den überwölbten Gängen der Anwanden lagen, und kaufte sich hier und dort sogar ein billiges Schmuckstück. Sie blickte ehrfurchtsvoll zum Zaubererturm empor, erhaschte einen Blick von der
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