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Septimus Heap 03 - Physic

Titel: Septimus Heap 03 - Physic
Autoren: Angie Sage
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Außergewöhnlichen Zauberin, die einen ziemlich herrischen Eindruck machte, und wunderte sich über die Misthaufen, die sich auf dem Hof der Zauberer türmten. Sie stand in der Menge der Schaulustigen, als die alte Turmuhr im Tuchhändlerhof zwölf schlug, und musste über die Gesichter der zwölf Zinnfiguren lachen, die aus der Uhr herausgeschlendert kamen. Ein andermal bummelte sie durch die Zaubererallee, besichtigte die älteste Druckerpresse und spähte durch den Gitterzaun zu dem schönen alten Palast, der kleiner war, als sie erwartet hatte. Am Palasttor unterhielt sie sich sogar mit einem alten Geist namens Gudrun, die in ihr eine Landsfrau erkannte, obwohl sie altersmäßig durch sieben Jahrhunderte getrennt waren.
    Doch den einen Geist, den Snorri bei ihren Streifzügen zu entdecken hoffte, bekam sie nicht zu Gesicht. Sie wusste zwar nur von einem Bild, das auf dem Nachttisch ihrer Mutter stand, wie er aussah, aber sie war sich sicher, dass sie ihn auf Anhieb erkennen würde. Doch obwohl sie unablässig mit den Augen die Menge der vorbeiziehenden Geister absuchte, erhaschte sie nicht einmal einen flüchtigen Blick auf ihren Vater.
    Eines späten Nachmittags, nachdem sie hinter den Anwanden durch mehrere dunkle Gassen gestreift war, in denen sich viele Kaufleute ein möbliertes Zimmer nahmen, bekam Snorri einen gehörigen Schrecken. Es war kurz vor Sonnenuntergang. Sie hatte sich gerade in Maizie Smalls Fackelladen eine Handfackel gekauft und ging durch die Schlupfgasse zurück in Richtung Südtor, als sie das unangenehme Gefühl hatte, dass sie verfolgt wurde. Doch jedes Mal, wenn sie sich umdrehte, war niemand zu sehen. Plötzlich hörte sie hinter sich ein Schlurfen. Sie fuhr herum und da waren sie – ein Paar rote Knopfaugen und ein langer, nadelartiger Zahn, der im Schein ihrer Fackel blitzte. Kaum erblickten die Augen die Fackel, verschwanden sie im Halbdunkel, und Snorri bekam sie nicht mehr zu Gesicht. Nur eine Ratte, sagte sie sich, doch wenig später, als sie zur Hauptdurchgangsstraße hastete, hörte sie aus der Schlupfgasse einen gellenden Schrei. Offenbar hatte jemand, der sich ohne Fackel in die Gasse gewagt hatte, weniger Glück gehabt.
    Snorri war erschüttert und brauchte menschliche Gesellschaft, und so ging sie zum Abendessen in Sally Mullins Cafe. Sally war mittlerweile mit ihr warm geworden, denn, wie sie zu ihrer Freundin Sarah Heap sagte: »Man kann einem jungen Mädchen ja keinen Vorwurf machen, nur weil sie das Pech hat, Händlerin zu sein, und vermutlich sind ja nicht alle so schlecht. Man muss sie sogar bewundern, Sarah. Sie ist mit dem großen Boot ganz allein hierhergesegelt. Ist mir ein Rätsel, wie sie das vollbracht hat. Ich habe schon mit der Muriel meine liebe Mühe.«
    Das Cafe war an diesem Abend seltsam leer. Snorri war der einzige Gast. Sally brachte ihr ein besonders großes Stück Gerstenkuchen und setzte sich zu ihr. »Diese Seuche ist verheerend für das Geschäft«, klagte sie. »Niemand wagt sich nach Einbruch der Dunkelheit mehr auf die Straße, obwohl ich den Leuten immer wieder sage, dass Ratten das Weite suchen, wenn sie eine Flamme sehen. Man braucht nur eine Fackel bei sich zu tragen. Aber es nützt nichts, alle haben jetzt Angst.« Sally schüttelte bekümmert den Kopf. »Sie springen dir an die Waden. Und sie sind schnell wie ein geölter Blitz. Ein Biss genügt, und du bist hin.«
    Snorri hatte Mühe, Sallys Redefluss zu folgen. »Hin?«, fragte sie, indem sie einfach den Schluss des Satzes wiederholte.
    Sally nickte. »So gut wie. Nicht unbedingt tot, aber man geht davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist. Eine Weile fühlt man sich noch ganz leidlich, dann bekommt man rund um die Bisswunde einen roten Ausschlag, Schwindelgefühle, und zack – wenn du wieder zu dir kommst, liegst du flach auf dem Boden und bist nicht mehr ganz richtig im Oberstübchen.«
    »Im Oberstübchen?«, fragte Snorri.
    »Ja«, sagte Sally und sprang beim willkommenen Anblick eines neuen Gastes auf.
    Der Gast war eine groß gewachsene Frau mit kurzem Igelhaarschnitt. Sie hielt ihren Umhang eng um sich geschlungen. Snorri konnte ihr Gesicht nicht richtig sehen, doch aus der Art, wie sie dastand, schloss sie, dass sie zornig war. Die Frau wechselte leise ein paar Worte mit Sally, und so rasch, wie sie gekommen war, verschwand sie wieder.
    Lächelnd kehrte Sally zu Snorri zurück, von deren Platz aus man den Fluss überblicken konnte. »Tja, so hat alles seine guten Seiten«,
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