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Seidig wie der Tod

Seidig wie der Tod

Titel: Seidig wie der Tod
Autoren: J Ross
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gehetzten Blick in Roman Falconers mitternachtsblauen Augen und dachte, dass der Name passte.
    O’Malley, dem nie etwas entging, musterte sie forschend.
    „Vielen Dank für die Warnung“, sagte sie mit gespielter Munterkeit, weil sie ihm entkommen wollte, bevor er merkte, dass sie nicht ganz aufrichtig zu ihm gewesen war. „Ich melde mich wieder.“
    „Daran zweifle ich nicht.“ Er legte einige Scheine zu jenen, die sie hinterlassen hatte. „Denk dran, dass alles, was ich dir gesagt habe, nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist.“
    „Selbstverständlich.“
    Zusammen verließen sie das Restaurant. Während O’Malley in seinen Dienstwagen stieg, ging Desiree weiter die Straße hinunter und um die nächste Ecke, in Gedanken bereits bei den Fragen, die sie Roman Falconer stellen wollte.
    Romans Finger flogen über die Tastatur, erzeugten Worte, die einander über den Computerbildschirm jagten.
    In Gedanken befand er sich auf der Exchange Alley, einer schmalen Gasse, die zwischen Chartres Street und Royal Street zur Conti Street führte. Um 1800 hatten in den Häusern an der Straßenecke Conti Street und Exchange Alley berühmte Fechtmeister gelebt, die sich darauf spezialisiert hatten, ihre Schüler in der vornehmen alten Tradition des Duellierens auszubilden.
    Nicht, dass es ihnen etwa stets gelungen wäre. Tatsächlich starben einige der Meister sogar selbst bei einem Duell, während einer der einfallsreicheren von ihnen einen Friedhof eröffnete, um von jenen zu profitieren, die den Tod der Schande vorzogen.
    Der Mann in Schwarz war über die Jahrhunderte hinweg unter vielen Namen bekannt – Vlad der Pfähler, Jack the Ripper, Blaubart oder der Würger von Boston … Doch ganz gleich, welchen Namen die dummen Menschen ihm verleihen mochten, er war und blieb ein Räuber. Von einem unstillbaren Durst nach Blut getrieben, durchstreifte er die Gassen des Vieux Carré, lautlos und verstohlen wie ein Panther auf der Suche nach einem neuen Opfer.
    Ein Sturm tobte in seinem Kopf, ein wütendes, misstönendes, bewusstseinstrübendes Dröhnen, das sich nur durch eins zum Schweigen bringen ließ. Er schob eine Hand in seine Jackentasche, berührte den Griff des Messers und sammelte sich, um sein nächstes Opfer auszuwählen.
    Er war auf der Suche nach einer ganz besonderen Person, einer ganz bestimmten Frau, die er zu seinem Versteck mitnehmen würde. Und dann …
    Süße Vorfreude erwachte in seinem Blut und sammelte sich in seinen Lenden. Vorfreude, heißer als Höllenfeuer und verlockender noch als Sex. Bald.
    Roman erwachte jäh aus seiner Versunkenheit. Er stand auf und trat an die Tür des Balkons. Als er die Frau die schmale Straße hinaufkommen sah, fluchte er und begriff mit einem gewissen Fatalismus, dass er sie erwartet hatte.
    Er kehrte zum Computer zurück, speicherte die neue Szene und stellte den Apparat ab. Dann seufzte Roman schwer und ging hinunter, um zu warten, bis Desiree Dupree an seine Tür klopfte.

3. KAPITEL
    D as plötzliche Öffnen der Tür, noch bevor sie den altmodischen Türklopfer betätigt hatte, erschreckte Desiree. Sie schnappte nach Luft und hielt ganz unbewusst den Atem an.
    Jene mitternachtsblauen Augen, die so dreist gewesen waren in ihrem erotischen Piratentraum und so eigenartig gehetzt in der Nacht zuvor, als sie ihn auf dem Friedhof gesehen hatte, waren von tiefen Schatten umrahmt, die mangelnden Schlaf verrieten.
    Auch heute war er wieder ganz in Schwarz gekleidet und sah wie ein Mann aus, der im Schatten lebte. Keine Spur von Liebenswürdigkeit war auf seinen grimmigen Zügen zu wahrzunehmen. Ungekämmtes schwarzes Haar kräuselte sich über seinem Kragen.
    „Mr Falconer?“ Sie streckte ihre Hand aus. „Ich bin Desiree Dupree vom …“
    „Ich weiß, wer Sie sind, Miss Dupree“, fiel er ihr brüsk ins Wort, und seine Finger schlossen sich um ihre Hand. „Ich verpasse selten eine Ihrer Sendungen. Sie sind sehr gut.“
    Seine Stimme war schwül wie ein heißer Sommerabend. Als er ihre Hand einen Herzschlag zu lange hielt, lösten jene tiefen Töne ganz unwillkürlich frivole Gedanken in ihr aus.
    Rasch zog sie ihre Hand zurück. „Danke. Sie sind es auch. Ich war fasziniert von
Jazzman’s Blues
und lasse mir seitdem keins Ihrer Bücher entgehen. Sie sind ungemein fesselnd.“
    Bei ihren Worten verdüsterten sich seine Züge. „Vielen Dank.“
    Schweigen.
    „Nun, da wir jetzt die obligatorischen Komplimente ausgetauscht haben, sollte ich Ihnen vielleicht sagen,
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