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Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd
Autoren: U Renk
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Herrschaft und Macht, die nun die von der Leyen über uns ausüben«, sagte Johann von Beckerathbitter. »Für Bartholomäus und Gerhard Rahr, Isaak op den Graeff, den Tischler, der ihre Mühlen gebaut, und dem Schlosser van Velbert, der die Eisenteile dazu geschmiedet hat, ist heute das Urteil gekommen, dass sie für einige Tage im Gefängnis zu sitzen haben. Nur weil sie Bandmühlen errichtet und betrieben haben, gegen den Willen der von der Leyen.«
    »Ja.« Engelbert vom Bruck nickte ernst. »Auch andere Familien haben Verfügungen erhalten, nach welchen es ihnen verboten ist, den Arbeitern von Friedrich und Heinrich von der Leyen Arbeit zu geben, wenn diese keinen unterschriebenen Entlassungsschein haben. Für die Arbeiter ist das hart, denn fügen sie sich den von der Leyen nicht, können sie auch unter Strafe keine andere Arbeit annehmen, wenn sie keinen solchen Schein haben, den sie natürlich nicht bekommen.«
    »Die von der Leyen«, sagte Peter Lobach bedrückt, »haben allen Wind in den Segeln, nun, da Preußen in den Frieden zu gehen scheint und sie sich gut mit dem König stehen. Sie werden ihre Macht gnadenlos ausüben. Sie tun es schon, auf unsere Kosten.«
    »Die ganzen Jahre des Krieges«, fügte Abraham hinzu und schenkte seinen Freunden noch einmal nach, »haben wir, die Weberfamilien mit kleinen Fabriken und Geschäften, uns an allen Kosten beteiligt, gleichberechtigt mit der Familie der Kommerzienräte von der Leyen. Doch nun schließen sie die Türen und Tore, lassen uns ohne eine Möglichkeit des Erwerbs außen vor. Ich habe das befürchtet, aber nicht geglaubt, dass sie so hart durchgreifen.«
    »Der junge Monsieur und seine angetraute Frau sollen nun endlich nächste Woche nach Krefeld kommen.« Engelbert vom Bruck schüttelte den Kopf. »Und es soll kräftig gefeiertwerden.« Er hob sein Glas. Der Rotwein schimmerte im Schein des Kaminfeuers. »Mögen sie sieben Kinder haben, die sich als die sieben Plagen erweisen und sich um das Erbe streiten.« Er sah in die Runde und senkte dann wieder sein Glas. »Darauf könnt ihr, meine mennonitischen Freunde natürlich nicht anstoßen. Sei’s drum, lasst uns auf den Frieden trinken.«
    In der nächsten Woche, die Herbststürme hatten sich gelegt und es war ein strenger Frost eingetreten, kamen Frieder von der Leyen und seine Frau Isabella, geborene Herstatt, nach Krefeld.
    Die Mehrzahl der Weber, der von der Leyschen Fabriken gingen ihm entgegen, etliche zu Pferd. Beim Eintritt in die Stadt gaben sie Gewehrsalven ab. Am nächsten Tag wurde im Haus der von der Leyen ein großes Festmahl gefeiert, bis spät in die Nacht waren die Fenster erleuchtet, Musik war bis in die Morgenstunden zu hören.
    Die beiden Wirtshäuser in der Stadt gaben Wein, Bier, Brot und Käse an die Arbeiter der Familie aus, welche diesen reichlich zusprachen.
    Catharina hatte den Einzug des Ehepaares vom Straßenrand verfolgt. Doch das Gedränge war so dicht, dass sie kaum einen Blick auf die Kutsche erhaschen konnte. Nachts schlich sie sich aus dem Haus und ging zum Anwesen der von der Leyen. Sie lauschte der Musik und dem Gelächter und wusste, wie es war, mittendrin zu sein. In ihrem Herz spürte sie einen wehen Schmerz. War es nicht ihr Platz, dort an seiner Seite? Aber würde sie das wirklich wollen?
    Catharina wusste es nicht.
    Die Friedensverhandlungen schritten fort, und so manches Mal wurde der Frieden schon voreilig verkündet, dochim Haus ter Meer herrschten andere Sorgen. Anna ging es zunehmend schlechter. Wahnvorstellungen quälten sie, oftmals schrie sie des Nachts auf und konnte kaum beruhigt werden. Dann wieder versank sie in eine unheilvolle Apathie, aß und trank nicht. Sie magerte immer mehr ab.
    »Sie wird mir sterben.« Abraham vergrub sein Gesicht in die Hände, schluchzte. Catharina setzte sich neben ihn, legte ihren Arm um seine Schultern und zog ihn an sich.
    »Sie leidet, Abraham. Sie leidet sehr. Aber Ihr seid bei Ihr und steht Ihr bei. Was mehr kann eine Frau erhoffen als solch einen liebenden Ehemann?«
    »Nein, Catharina, Ihr täuscht Euch. Ich hätte sie nie ehelichen dürfen. Es war egoistisch von mir und selbstgerecht – ich wollte sie so sehr zur Frau, weil ich sie so verehrte und liebte. Das tue ich immer noch. Doch ohne unsere Ehe ginge es ihr besser.«
    »Weshalb«, sagte Catharina fast tonlos, »glaubt Ihr das?«
    »Ist es nicht offensichtlich? Sie wurde krank, als sie sich mit mir verband. Schleichend erst, aber dann habe ich sie
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