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Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd
Autoren: U Renk
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sich mit Herstatts verbunden?«
    »Habt Ihr das nicht vernommen, Mademoiselle te Kamp?Frieder von der Leyen hat letzte Woche Isabella Herstatt geehelicht.«
    »Pardon?« Catharina wurde ganz flau.
    »Angeblich soll das Brautpaar nächste Woche nach Krefeld kommen. Die Arbeiter der von der Leyen wollen ihnen eine Parade bieten zur Begrüßung.« Engelbert vom Bruck rümpfte die Nase. »Und sicherlich wird es ein prunkvolles Fest geben.«
    In dieser Nacht tat Catharina kaum ein Auge zu. Sollte diese Nachricht tatsächlich stimmen? Hatte Frieder sich doch dem Wunsch seines Onkels gebeugt? Was war mit ihr? Mit seinen Gefühlen für sie?
    Natürlich, dachte sie, war ich nun längere Zeit nicht mehr im Haus der von der Leyen, aber er wird mich doch nicht so schnell vergessen haben? Es ist doch eine Tat der Nächstenliebe, Anna und Abraham zu helfen, dafür hatte er Verständnis gezeigt.
    »Geht es Euch nicht gut?«, fragte Abraham Catharina am nächsten Morgen besorgt. »Ihr seht so blass und müde aus.«
    Catharina winkte ab. »Ich habe nur unruhig geschlafen. Macht Euch keine Gedanken«, fügte sie schnell hinzu.
    »Es ist heute ein wunderbarer Herbsttag. Ich dachte, ich spanne die Kutsche an und fahre mit Anna ein wenig aufs Land. Wollt Ihr uns begleiten?«
    Catharina schüttelte den Kopf. »Ich bleibe mit Marijke und Johannes hier. Ist Anna denn stark genug?«
    Abraham verzog das Gesicht. »Ich hoffe es. Seit zwei Monaten liegt sie nun im Schlafgemach, steht kaum auf. Ein wenigfrische Luft und andere Ausblicke werden sie vielleicht beleben.«
    »Das wäre zu wünschen«, sagte Catharina leise. Annas Zustand war besorgniserregend. Sie fantasierte viel, hatte hysterische Anfälle, dann wieder zog sie sich ganz zurück und sprach kaum.
    »Doktor Pempelfort hat mir versprochen, in der nächsten Woche noch einmal vorbeizuschauen und nach ihr zu sehen.« Abraham holte tief Luft. »Doch jetzt machen wir erstmal eine Ausfahrt.«
    Anna hatte sich tatsächlich angezogen. Langsam und unsicher kam sie die Treppe herunter. Sie lächelte Catharina zaghaft an.
    »Danke«, sagte sie leise und strich Johannes, den Catharina auf dem Arm trug, flüchtig über den Kopf. »Ihr seid uns eine große Hilfe.«
    »Ich helfe gern«, sagte Catharina ehrlich. Es überraschte sie, wie sehr sie das Leben in dieser kleinen Familie mit ihren Alltäglichkeiten genoss. Sich um die Kinder zu kümmern, die Magd zu beaufsichtigen, Essen zu planen und den Wallgarten zu bearbeiten war nicht aufregend, aber es gab ihr das Gefühl, gebraucht zu werden. So etwas, wurde ihr klar, möchte ich auch. Ein schlichtes Leben, einfach, aber auch verlockend, auf eine gewisse Art und Weise. Durch die vielen Bücher, Abrahams Liebe zur Literatur, blieb auch ihr Geist rege. So manchen Abend verbrachten sie gemeinsam lesend in der Stube, diskutierten Aufsätze oder Bücher. Anders als bei Frieder hatte Catharina bei Abraham nicht das Gefühl, eine Prüfung bestehen zu müssen. Er wollte nicht ihr wachsendes Wissen abfragen und den Stand ihres Intellekts prüfen, sondern sich mit ihr austauschen. Sie genoss es sehr. Dennochwusste sie, dass ihre Zeit in diesem Haushalt dem Ende zuging. Sie konnte nicht für immer die Haushälterin sein, Anna musste ihre Pflichten bald wieder übernehmen.
    Was mache ich dann? fragte Catharina sich verzweifelt und schnupperte an Johannes Kopf, der immer noch wie ein Neugeborenes zu riechen schien. Kehre ich zurück zu den von der Leyen als Kammermädchen für ihn und seine Frau? Das würde sie nicht können, das spürte sie genau. Doch welche Möglichkeiten hatte sie noch? Sie konnte zurückkehren in ihr Elternhaus. Aber das würde sie nur als allerletzte Möglichkeit in Betracht ziehen. Esther und sie hatten sich zu weit voneinander entfernt, es gab gar keine Herzlichkeit mehr zwischen ihnen.
    Ich könnte mich bei einer anderen Familie als Magd oder Kammermädchen verdingen, dachte sie. Vielleicht bei Familie Floh, dort, wo ihre Schwester nun arbeitete und sehr zufrieden war.
    Catharina ging in den Hof, denn der späte Oktober schenkte ihnen noch einmal sonnige und überraschend warme Tage, auch wenn man den kommenden Frost schon riechen konnte.
    Marijke spielte glücklich mit Petite. Sie sah auf, als Catharina sich mit dem Säugling im Arm auf die Bank in die Sonne setzte.
    »Es ist so schön, dass du nun bei uns wohnst«, sagte das Kind.
    »Ja?«
    »Ich habe mir so sehr einen Hund wie Petite gewünscht, aber jetzt habe ich sie selbst
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