Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seidenfessel - Maeda, K: Seidenfessel

Seidenfessel - Maeda, K: Seidenfessel

Titel: Seidenfessel - Maeda, K: Seidenfessel
Autoren: Kira Maeda
Vom Netzwerk:
dachte fieberhaft darüber nach, wie sie Yusuri außer Gefecht setzen konnte, aber außer ihnen befand sich auf diesem Dach nichts. Nur grauer, verputzter Beton.
    Isabelle sah auf ihre Armbanduhr. Es war soweit. Yusuri zückte die Pistole und kam auf Isabelle zu. Sie griff nach deren Arm und hielt die Pistole auf sie gerichtet, ihr Blick aber lag auf der Tür. Sie warteten, doch nichts geschah. Die Zeit dehnte sich ins Endlose. Isabelles eigener Atem ging immer schneller.
    Plötzlich erklang ein Schuss. Isabelle sah, wie Yusuri den Arm hochwarf und etwas Rotes auf ihrem Mantel erschien. Die Pistole fiel ihr aus der Hand. Isabelle wollte sich befreien, aber Yusuri reagierte schneller. Sie schlang den freien Arm um Isabelles Hals und presste sie an sich. Sie standen gefährlich nah am Rand des Daches; eine unachtsame Bewegung würde sie beide hinunterstürzen.
    Yusuri bückte sich mit Isabelle, um die Waffe aufzuheben. Die Tür zur Treppe flog auf und Toshi kam aufs Dach. Ihm folgte Shin. Isabelle versuchte sich loszumachen, aber Yusuri hielt sie fest. Sie konnte die Waffe nicht richtig halten; der Schuss hatte ihren Arm verletzt. Noch reichte ihre Kraft aus, um die Pistole zu heben. Aber wo war der Schuss hergekommen?
    „Lass sie los!“ Shin machte einige Schritte auf die beiden Frauen zu, doch Yusuri machte einen Schritt zurück. Isabelle fühlte sie schwanken und versuchte selbst das Gleichgewicht zu halten. Das Ende des Dachs war bedrohlich nahe.
    „Wo ist euer verdammter Schütze?“, schrie sie. Die Verletzung hatte ihre gesamte kühle Fassade zusammenbrechen lassen. Darunter kam eine verzweifelte Frau zum Vorschein, die ihre Pläne gefährdet sah; und das machte sie umso gefährlicher. Isabelles Angst schnürte ihr die Kehle zu.
    Toshi hielt Shin zurück und ging auf Yusuri zu. Die zitterte, Isabelle spürte es ganz genau. „Tsuki ist auf dem Dach dort drüben“, sagte er ruhig und deutete auf das Dach eines Gebäudes. Es lag nicht weit entfernt, und Isabelle sah, als sie den Kopf mühsam drehte, einen Wassertank. Auf seinen vier Stelzen wirkte er wie ein Ufo. Auf dessen Dach blitzte etwas auf. Tsuki konnte auf diese Entfernung nicht viel gesehen haben, trotz Zielfernrohr. Deswegen hatte er wohl auch erst geschossen, als Yusuri sich weiter auf den Rand zubewegt hatte.
    „Er wird nicht mehr schießen“, fuhr Toshi mit hypnotisch ruhiger Stimme fort. Yusuris Augen zuckten zwischen Shin, Isabelle und Toshi hin und her. „Du bist verletzt. Lass die Pistole fallen, dann besorgen wir dir einen Arzt.“
    Yusuri machte Anstalten, die Waffe zu senken. Hätte Shin sich in diesem Moment nicht bewegt, vielleicht hätte sie sie fallen gelassen. Aber Shin bewegte sich und der Lauf der Pistole zuckte wieder hoch. Isabelle hörte den Knall gar nicht. Das Erste, was sie bemerkte, war, dass der Lauf der Waffe, hochruckte. Etwas blitzte an dessen Spitze auf und der beißende Gestank von verbranntem Schießpulver erfüllte die Luft.
    Toshi sah Isabelle verdutzt an. Auf seiner Brust erschien ein roter Fleck, der schnell den Rest seines Jacketts durchtränkte. Kälte breitete sich in Isabelles Körper aus, und sie hörte sich selbst schreien. Ohne darüber nachzudenken, versetzte sie Yusuri mit dem Ellbogen einen Stoß in den Brustkorb. Diese taumelte und wankte zur Seite. Ein zweiter Schuss ertönte, und sie sah die Yakuza zu Boden gehen. Aber das zählt nicht. Isabelle rannte zu Toshi, auch wenn jeder ihrer Schritte sie durch Treibsand zu führen schien. Er lag auf dem Rücken und presste die Hand auf die Schusswunde. Shin hatte sich abgewandt. Er hatte sein Handy gezückt und beorderte sofort einen Notarzt. Isabelle presste ihre eigenen Hände auf Toshis Brust, um die Blutung irgendwie zu stillen.
    Vor ihren Augen verschwamm alles und Tränen verschnürten ihr den Hals.
    Toshi öffnete die Augen. So hatte er sie auch an diesem Morgen angesehen. „Toshi“, war alles, was sie hervorbringen konnte. Er legte seine Hand auf ihre. Sie war nass und glitschig von seinem Blut, aber Isabelle bemerkte es kaum.
    „Geht es dir gut?“, fragte er so leise, dass sie sich zu ihm herunterbeugen musste, um ihn zu verstehen. Sie nickte und ihre Tränen vermischten sich mit dem roten Blut. „Was ist mit Shin?“
    „Ihm ist auch nichts passiert“, erwiderte sie heiser. Toshi nickte. Diese Antwort reichte ihm. Er schloss die Augen und seine Hand auf Isabelles wurde schlaff.
    Sie schrie auf. Dann endlich kamen die Sanitäter durch die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher