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Seidenfessel - Maeda, K: Seidenfessel

Seidenfessel - Maeda, K: Seidenfessel

Titel: Seidenfessel - Maeda, K: Seidenfessel
Autoren: Kira Maeda
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das in deinem kleinen Kopf sicher vorstellen magst.“ Sie deutete mit der freien Hand nach oben. „Mein lieber Tetsu da oben wird jetzt sicherlich schon auf dem Weg zu seinem Boss sein und ihm Bescheid geben. Er wird keine Zeit darauf verschwenden, dich zu suchen. Was eine Ironie ist, denn du befindest dich ja praktischerweise direkt vor seiner Nase.“
    Auf Yusuris kühler Maske erschien ein haarfeiner Sprung; Isabelle sah etwas in ihren Augen aufflackern, als sie von Toshi sprach. „Du liebst ihn noch“, sagte sie und starrte im nächsten Moment in den angehobenen Pistolenlauf.
    „Ich will nichts weiter, als die gesamte Yakuza Tokios. Alles andere schert mich nicht mehr. Und wenn du dich brav verhältst, bekomme ich das auch, und du darfst am Leben bleiben. Wie klingt das für dich?“
    Isabelle presste die Lippen zusammen. „Also tauscht du mich aus?“
    „So in etwa. Für meine Geduld habe ich doch eine Belohnung verdient, findest du nicht?“
    „Ich glaube, dass du etwas ganz anderes verdient hast“, erwiderte Isabelle.
    „Ich kann mir auch lebhaft vorstellen, was“, erwiderte Yusuri und deutete mit der Waffe in Richtung Tür. „Er hatte genug Zeit, zu seinem Oyabun zu rennen. Gehen wir.“
    Hi hatte ihren Chef noch niemals so wütend gesehen. Er schrie nicht, aber sie sah, wie es in ihm brodelte. Er bellte einige Befehle ins Telefon und schritt dann unruhig im Büro des Clanchefs auf und ab. Das Oberhaupt der Yamanote-Yakuza war auf den Weg ins Büro, aber selbst diese Zeitspanne schien Toshi zu lang zu sein. „Verfluchtes Weib“, donnerte er plötzlich. Selbst Tsuki, der neben Hi an der Tür stand, zuckte zusammen. „Oyabun, beruhige dich bitte.“
    „Wieso schafft sie es immer wieder, mich dann zu treffen, wenn ich unvorbereitet bin?“, wütete er weiter.
    „Weil sie dich kennt“, warf Tsuki ein. Toshi starrte ihn an, als würde er ihn gleich anspringen. Dann sackte er in sich zusammen. „Du hast recht“, murmelte er und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. „Das löst das Problem trotz allem nicht.“
    „Fahr hin, Oyabun“, warf Hi ein. „Wir müssen unseren Plan nicht ändern. Tsuki kann sich noch immer am richtigen Ort platzieren.“ Sie nickte leicht in Toshis Richtung. „Nur wirst diesmal nicht du, sondern sie das Ziel sein.“
    „Sie wird sich absichern.“
    „Wir kümmern uns darum“, versicherte Tsuki.
    Die Tür öffnete sich, und Shin trat ein. Hi hatte noch nicht oft mit ihm zu tun gehabt. Sie und Tsuki unterstanden direkt Toshi und waren in dieser Position auch mehr als zufrieden. Shin war jünger als Toshi, aber sein Auftreten besaß bereits die Autorität eines Clanchefs. Das kurze Haar trug er nach hinten gegelt. Sein Blick war wachsam, und die Farbe seiner Augen ließ die meisten Leute einen zweiten Blick auf ihn werfen – seinem ausländischen Erbe verdankte er ebensolche grünen Augen, wie sie seine Halbschwester Isabelle hatte. Kein Wunder, dass er lange als Host gearbeitet hatte.
    Tsuki und Toshi verneigten sich, und Hi tat es ihnen nach.
    Shin winkte einen Leibwächter, der ihm ins Büro gefolgt war, hinaus. „Woher weiß Yusuri von Isabelle?“, fragte er, ohne ein Wort des Grußes. Zwischen seinen Augenbrauen war eine steile Falte zu sehen.
    Toshi wirkte zerknirscht. Er mied Shins Blick. „Tanosuke hat ihr die Information gegen Geld verkauft.“
    Shin steckte die Hände in die Hosentaschen und senkte den Kopf. „Ich nehme an, dass ihr drei bereits geplant habt, wie wir Isabelle dort herausholen.“
    „Ich habe mir das Recht herausgenommen“, murmelte Toshi. Shin legte ihm die Hand auf die Schulter. „Das ist deine Pflicht als meine rechte Hand. Deswegen werde ich es mit Bedauern sehen, wenn du gehst.“
    Er wandte sich zur Tür. „Gehen wir. Wir haben eine Verabredung mit einem machtsüchtigen Miststück.“
    Isabelle schlang die Arme um sich. Sie fror erbärmlich, trotz der Mittagshitze. Schuld war der beißende Wind, der um die Hochbauten Tokios pfiff. Yusuri hatte sich vorsorglich in einen dicken Mantel gehüllt, Isabelle in ihrer Sommerkleidung hatte dabei das Nachsehen. Sie traute sich, einen Blick über den Rand des Hochhausdaches zu werfen. Zwischen ihr und dem Abgrund lag nur eine etwa kniehohe, schmale Mauer. Yusuri stand vor der einzigen Tür, die hinunterführte. In den Tiefen ihres Mantels hielt sie noch immer die Waffe versteckt.
    Die verabredete Zeit rückte näher und näher. Isabelles Gedanken bewegten sich im Kreis. Sie
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