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Seidene Küsse

Seidene Küsse

Titel: Seidene Küsse
Autoren: J Leheta
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also wieder, dieses Verstehen ohne große Umschweife. Klaus hätte drei Gegenfragen gestellt, bevor er ihr eine Antwort gegeben hätte. Katja schwieg. Sie wollte Robert Zeit geben zu erzählen, was er erzählen wollte.
    »Warst du schon mal in Südafrika?«
    »Ja, schon drei Mal«, erwiderte sie begeistert. »Ich liebe es dort. Sag bloß, dahin bist du untergetaucht?« Robert nickte.
    »Das glaube ich einfach nicht! Da hätten wir uns ja begegnen können …«
    »Ich war auf Weltreise, und in Kapstadt ist mir das Geld ausgegangen. Ich habe einen Job in einem Hotel angenommen und Kelly getroffen.« Er verstummte unvermittelt.
    »Kelly ist … war deine Frau?«
    Robert nickte, gedankenverloren auf den Boden sehend. »So was liest man sonst nur in der Zeitung. Wahrscheinlich hast du es sogar gelesen oder im Fernsehen gesehen.« Er machte eine Pause. »Kelly war Stewardess. Ein Flugzeugabsturz. Über dem Ozean.« Katja begriff. Und drückte seine Hand fester, mit der er sie noch immer durch den Tierpark leitete.
    »Sie haben sie nie geborgen, oder?«
    Ein leises »Nein« erklärte Roberts Rückkehr in sein Heimatdorf. Mehr brauchte Katja nicht zu wissen. Nach der Trennung von Klaus hatte sie ebenfalls mit dem Gedanken gespielt, alle Zelte abzubrechen. Ihr erstes Ziel wäre Südafrika gewesen. Wie seltsam. Dann wären sie sich ja wieder nicht begegnet. Tja, alles eine Frage des Timings.
    Sie waren am Dschungel haus angelangt. Hier, wo exoti sche Vögel und Kleintiere frei herumliefen, waren keine Ostereier versteckt worden und deshalb auch kaum Besucher unterwegs. Ohne ihre Hand loszulassen, verlangsamte Robert sein Tempo und sah Katja an. Forschend, sie studierend, sich ihr Bild einprägend. Er lächelte sie an. In einer kleinen Nische, von Palmen und Schlingpflanzen bewachsen, blieb er stehen und zog sie an sich. »Ach, Katja …«, seufzte er, als er sie fest und warm in seine kräftigen Arme schloss. »Katja, Katja …«, schüttelte er den Kopf. »Gut siehst du aus, Kleines.«
    »Du bist mir so fremd und so vertraut«, antwortete Katja leise und sah verlegen auf den Boden.
    »Gibt’s ein bestimmtes Tier, das du unbedingt noch sehen musst?«
    Katja lachte und zeigte auf ihn. Lächelnd holte sie ihr Handy aus der Handtasche und schrieb Ruth eine SMS: Fahre schon vor. Kommt einfach zum Kaffee, wenn ihr genug habt.
    Mit großen Schritten machten sie sich auf den Weg zum Ausgang.
    Nicht, dass es irgendjemandem was ausmachen würde, dass Katja fehlte. Das war immer schon so gewesen. Wenn sie da war, war es gut, wenn nicht, vermisste sie keiner so sehr, dass sich irgendeiner bei ihr melden würde. Ihre Abreise nach Südafrika hatten sie wohl erst bei der ersten Postkarte bemerkt. Das klang böse, aber nur mit Sarkasmus konnte Katja mit ihrer Austauschbarkeit umgehen.
    Ich bin definitiv adoptiert, dachte sie. Wenn Katja nicht regelmäßig anrief, erfuhr sie nicht mal, wann ihre Mutter in den Urlaub fuhr.
    »Ich dachte immer, ihr seid alle so eng miteinander«, meinte Robert. »Wie eine Großfamilie aus einem anderen Jahrhundert.«
    »Das sieht nur von außen so aus«, sagte Katja. »Nach meiner Trennung war ich in einem solchen Schockzustand, dass ich nicht mal irgendwo anrufen konnte. Meine Familie meldete sich erst nach zwei Wochen bei mir. Sie hatten es von meiner Freun din Doris erfah ren und es erst mal unterein ander durchgekaut, bevor sie
mich
fragten, wie’s mir geht.«
    »Aber wieso feierst du dann überhaupt Ostern mit ihnen?«
    »Gibt’s eine Alternative? Seine Herkunftsfamilie kann man sich nun mal nicht aussuchen.«
    »Und eine eigene Familie hast du nicht«, stellte Robert fest.
    »Tante Rosa?«, vermutete Katja.
    Robert nickte und grinste sie an. »Sonst wäre ich nicht mitgekommen.« Er zog Katja wieder an sich, vergrub die Nase in ihrem lockigen, nach Shampoo und Essen duftenden Haar.
    »Und du? Hast du keine Kinder?«, wollte Katja wissen.
    »Mein Sohn ist noch bei den Schwiegereltern in Kapstadt. Ich wollte erst mal die Lage sondieren, bevor ich ihn hole.« Er kramte in seiner Jackentasche, zog seine Brieftasche heraus, öffnete sie und zeigte Katja voller Stolz ein Foto. Ein sympathischer Fratz strahlte ihr entgegen, breitmäulig, wie nur Kinder strahlen können. Frei, frech, unverblümt. Ihr Herz weitete sich, pochte stärker, erwärmte sich und schmerzte gleichzeitig. Das hätte deiner sein können, schoss es ihr kurz durch den Kopf.
    »Mart in ist letzt en Monat zehn geworden. Er ist so ein schlaues
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