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Seidene Küsse

Seidene Küsse

Titel: Seidene Küsse
Autoren: J Leheta
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Nachdenklich seifte sie sich ein, rasierte die Beine und duschte die Seifenreste ab.
    Was war denn schon geschehen? Er hatte sie nackt gesehen. Viele gingen in Saunas oder machten FKK. Marina war nicht verklemmt, aber nackt vor fremden Menschen mochte sie sich nicht zeigen, es war ihr unangenehm. Doch warum war sie dann so aufgeregt, wenn doch nicht wirklich etwas geschehen war? Na und, dann hatte er sie eben nackt gesehen. Sie rubbelte ihre Beine ab, hängte das Handtuch auf und erledigte ihre Abendtoilette. Da sie sich allein gewähnt hatte, war sie ohne Bademantel gekommen. Na ja, dann würde sie sich eben das Badetuch umwickeln. Mit ihren eins sechzig nicht weiter schlimm, es reichte ihr fast bis ans Knie. Sie schlüpfte aus dem Badezimmer und eilte in ihr Zimmer. Eigentlich wollte sie noch im gemeinsamen Wohnzimmer sitzen, aber Marina war sich noch nicht sicher, ob sie wirklich hineingehen sollte, denn wahrscheinlich würde Fabian dort sein.
    Eins nach dem anderen.
    Fabian saß im Wohnzimmer, mit dem Rücken zu ihr, und zeichnete in seinen Skizzenblock. Marina wusste nicht so recht, ob sie das Thema anschneiden oder meiden sollte. Ach, warum machte sie sich so viele Gedanken? Er hatte es sicher längst vergessen.
    Fabian hatte sie anscheinend nicht hereinkommen hören, und so trat sie näher und warf einen Blick über seine Schulter. Er erschrak und schloss ertappt den Block. Marina konnte trotzdem sehen, was auf dem Blatt war. Es war noch nicht fertig, dennoch hatte sie sich auf der Zeichnung erkannt.
    »Marina, erschreck mich doch nicht so.« Er fasste sich ans Herz.
    Er hatte sie gezeichnet, wie sie unter der Dusche gestanden und die Haare nach hinten in den Wasserstrahl gehalten hatte. Ihre Augen waren geschlossen gewesen. Es sah sehr sinnlich aus.
    »Ich habe es gesehen.«
    Er strich verlegen über den Zeichenblock. »Was meinst du?«
    »Zeig es mir.« Sie deutete auf den Block.
    »Nein.« Seine Antwort klang endgültig.
    Marina ging um den Tisch herum und stellte sich ihm gegenüber. »Du hast mich gezeichnet, und ich will es sehen.« Marina streckte die Hand nach dem Block aus.
    »Mensch, nein.« Schützend hielt er die Hand darüber.
    »Aber ich habe doch schon einen Blick darauf geworfen. Jetzt möchte ich es mir nur in Ruhe ansehen können. Und komm mir nicht mit dem Bockmist, dass du es unfertig niemandem zeigen kannst.«
    Widerstrebend hielt er ihr den Block hin. Marina nahm ihn und blätterte bis zu seinem letzten Werk. Er hatte sogar schon das Gesicht ausgearbeitet, filigran und verklärt sah es aus.
    Unruhig bewegte er sich auf dem Sofa.
    »Aber so schön bin ich doch gar nicht.« Sie musste es laut gesagt haben, denn er antwortete auf ihre vermeintlich stumme Frage.
    »Du bist wunderschön. Und das ist, was ich gesehen habe.« Mit den Händen fuhr er sich durchs Haar.
    Marina zog den Stuhl zurück und ließ sich darauf fallen.
    »Ich meine, ich wollte dich nicht als Künstler angreifen. Schließlich kann ich sehen, wie ausdrucksstark deine Bilder hier sind.« Dabei machte sie eine ausladende Handbewegung zu seinen Kunstwerken, die das Wohnzimmer schmückten. »Nur, so sehe ich mich nicht.« Immer noch war sie ganz verblüfft.
    »Ja, dann wird es aber Zeit.«
    Wie schön seine Hände waren. Das war ihr gleich beim ersten Zusammentreffen aufgefallen, aber jedes Mal staunte sie über die Sensibilität, die sie ausdrückten. Seine Haare wirkten immerfort zerzaust.
    Keiner sprach ein Wort, das diesen magischen Moment gestört hätte, so versunken waren sie im Anblick des anderen. Marina konnte sogar sehen, dass seine blauen Augen von hellen Glanzlichtern durchzogen waren. So ein Blau hatte sie noch niemals bei jemandem gesehen.
    Sie bewegten sich nicht. Nicht ein Laut war zu hören. Es war keine störende Stille, sondern sie war voller Leben. Auch wenn keiner ein Wort sagte, so sprachen doch ihre Augen zueinander. Sie hätte schwören mögen, dass er gerade daran dachte, ihren Körper zu streicheln, so wie er ihn gezeichnet hatte. Nackt. Marina schloss kurz die Augen, um sich zu sammeln, und sah ihn sofort wieder an. Eigentlich hätte sie aufstehen und gehen müssen, fort von hier. Aber nichts geschah. Ihr Gehirn gab den Befehl nicht an ihre Beine weiter. Sie blieb, wo sie war. Nicht einen Moment hatte er ihre Augen freigegeben, kaum geblinzelt. Heiliger Strohsack. Was passierte hier? Bisher hatte sie zu keiner Zeit jemals so ein vertrautes und zugleich beängstigendes Gefühl erlebt.
    »Möchtest du
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