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Sei schlau, stell dich dumm: Biographie

Sei schlau, stell dich dumm: Biographie

Titel: Sei schlau, stell dich dumm: Biographie
Autoren: Bastei Lübbe
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reicht, denn damit bekomme ich bis heute jeden auf die Matte (egal auf welche!).
    Außerdem war ich noch Funkenmariechen. Mit fünf Jahren bin ich zusammen mit meinem Bruder in den Karnevalsverein eingetreten, und wir haben dort getanzt. Das war lustig. Mehr als drei Jahre waren wir dabei. Bei einer Hebefigur hat er mich allerdings mal so richtig runterknallen lassen. Voll auf die Schnecke. Autsch, tat das weh! Ich konnte zwei Tage nicht richtig pinkeln. Den Spagat kriege ich aber heute noch hin.
    Mittlerweile bin ich aber eine ziemlich faule Socke, was den Sport angeht. Ich finde es ganz furchtbar, wenn man ins Schwitzen kommt. Das mag ich nur auf einer Sonnenliege bei vierzig Grad im Schatten, um dann brutzelbraun zu werden. Da erdulde ich auch das Rinnen der Schweißbächlein, wenn ich mich alle zwei Stunden von der einen auf die andere Seite rolle. Aber nur da. Deshalb finde ich Skifahren auch so doof. Da ist man dick eingemummelt, muss sich ohne Ende bewegen und leidet unter den Schweißperlen auf der Stirn, die kurz darauf den Pony festfrieren lassen. Und am Ende weißt du nicht mehr, ob dir kalt oder heiß ist. Nee, nix für mich.
    Trotzdem versuche ich, immer mal wieder auf die Fitness zu achten. Deswegen bin ich auch Mitglied in einem Sportstudio, und da kann man ja theoretisch vierundzwanzig Stunden am Tag trainieren, aber irgendeine blöde Ausrede finde ich immer. Ich bin dann so wie Scarlett aus Vom Winde verweht: Verschieben wir es auf morgen! Morgen ist auch noch ein Tag. Und übermorgen. Und überübermorgen. Und überhaupt …
    Am liebsten Pälzisch
    Auch wenn es heute niemand glaubt – bis ich zehn Jahre alt war, habe ich astreines Hochdeutsch gesprochen (na ja, was man in Ludwigshafen und Umgebung dafür hält). Da hat meine Mutter ganz großen Wert drauf gelegt. So wie ich heute quatsche, das habe ich erst auf dem Schulhof gelernt. Logisch, wenn Kinder so miteinander babbeln, hört man sich so einiges ab. Und unterm Strich habe ich mehr Zeit mit den Kindern als mit der Mama verbracht, weil die ja immer arbeiten musste.
    Die meiste Zeit hing ich damals im Jugendtreff ab. Da war nachmittags immer was los. Allerdings war ich nie so ein Cliquentyp, hab mein Ding lieber allein durchgezogen. Ich gehörte nie so richtig zu einer Gruppe dazu. Ich will es mal so beschreiben: Das ist wie im Schulbus – hinten sitzen die ganz Coolen, vorne die Streber und in der Mitte der Durchschnitt.
    Und wo war ich, die Katze? Ich saß gar nicht im Bus, ich bin immer gelaufen.
    An die vielen Lehrer, die ich hatte, kann ich mich kaum erinnern. Fünf Schulen habe ich besucht, bis ich endlich die Mittlere Reife in der Tasche hatte. Würde ich heute zu allen Ehemaligen-Klassentreffen gehen, wäre ich das halbe Jahr auf Achse.
    Letztens habe ich noch mal von einem ehemaligen Lehrer gehört, dem Direktor meiner letzten Schule (da habe ich nach einer Ehrenrunde meinen Abschluss gemacht). Den hatte meine Mutter schon als Lehrer. Damals trug er einen schwarzen Zopf. Bei mir hatte er immer noch einen Zopf, aber schon leicht grau, und heute ist er schlohweiß, aber immer noch bezopft.
    Der Herr Direktor hat meine Schwester, die nach zwei Ehrenrunden immer noch dort zur Schule geht, nach Autogrammkarten von mir gefragt. Hat er natürlich bekommen (vielleicht hilft’s meiner Schwester, wenn sie endlich ihre Abschlussprüfung macht).
    Und dann war da noch der Religionslehrer, den ich bei Gott wirklich nicht ernst nehmen konnte. Vormittags erzählte er von den zehn Geboten und nachmittags stand er halb nackt am Büdchen rum, trank Bier aus der Flasche. Gut, er hat da niemanden umgebracht, und ob er was mit der Frau des Kiosk-Besitzers hatte, weiß ich auch nicht. Aber sich jeden Nachmittag mit Bier die Hucke vollzuschütten und morgens Wasser zu predigen, das fand ich eben komisch.
    Ich bin ja bis heute in der Kirche, zahle artig meine Steuern. In die Kirche selbst schaffe ich es aber nicht mehr. Mit acht habe ich zum ersten und letzten Mal gebeichtet. Keine Ahnung mehr, was ich da erzählt habe. Aber danach habe ich mich nicht mehr in den Beichtstuhl getraut – ich hätte Angst, dass dem Pfarrer die Ohren wegfliegen, wenn ich beichte, dass ich in Gottes Schöpfung, insbesondere obenrum, eingegriffen habe.
    Mein Oggersheim
    Ich komme ja aus Ludwigshafen-Oggersheim. Kein Mensch hätte je von Oggersheim gehört, wenn es nicht Helmut Kohl gäbe. Ich wohne nur drei Minuten zu Fuß von ihm entfernt, habe ihn aber noch nie getroffen. Immer
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