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Sei schlau, stell dich dumm: Biographie

Sei schlau, stell dich dumm: Biographie

Titel: Sei schlau, stell dich dumm: Biographie
Autoren: Bastei Lübbe
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Darauf hat Mama immer Wert gelegt. Ganz im Gegenteil, ich war immer topgestylt – fand ich zumindest.
    Streifen sind doch wurscht
    Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten, und das tun die meisten Leute auch heute noch, wenn sie mich sehen. Die einen finden es geil, die anderen zum Kotzen. Aber ich bin lieber schwarz oder weiß als grau. (Am liebsten bin ich natürlich rosa!)
    Wie auch immer, gut aussehen hat definitiv nichts mit Geld zu tun, aber so gar nicht. Es gibt doch auch jede Menge coole Sachen in günstigen Klamottenläden. Hauptsache, man weiß, wo man was bekommt. Ich kaufe heute noch da, wo es wenig kostet. Habe gerade ein Paar Turnschuhe für zwanzig Euro geschossen. Ist mir doch wurscht, ob die Streifen, Sterne, springende Katzen oder ich weiß nicht was drauf haben.
    Auch dieses ganze Getue bei den Pumps! Wenn ich unbedingt eine rote Sohle haben will, kann ich mir die doch auch mit Nagellack aufmalen. Sehen denn die Frauen, die diese Lala-, Lolo-, Lulutins (oder wie auch immer diese Millionärs-Stecklschuhe heißen) tragen, jetzt besser aus als ich? Also wenn das wirklich nur an den Schuhen liegen sollte, muss – glaube ich – auch noch was anderes falsch sein. Fünfhundert Euro für ein Paar? Das ist doch total bekloppt. Kommt gar nicht in die Tüte!
    Da bin ich schon bei kleineren Beträgen wahnsinnig aufgeregt. Letztens musste ich erst dreimal um mein Lieblingsschuhgeschäft schleichen und fast eine Woche überlegen, bis ich mir das Paar Stiefel geleistet habe. Hundertachtzig Euro, die teuersten Schuhe meines Lebens. Dass bei uns zu Hause das Geld nicht locker saß, weil eben sehr wenig da war, steckt immer noch tief in mir drin. Und mit wenig meine ich so richtig wenig.
    Von regelmäßigem Taschengeld konnten mein Bruder und ich nur träumen. Wir mussten auch immer mit so einer Vereinigung für sozial schwache Kinder verreisen. Meistens nach Frankreich ins Zeltlager. Da sind wir Kanu gepaddelt, saßen am Lagerfeuer, und ich habe einigen Jungs auf die Schnauze gehauen, wenn die meinen Bruder veräppelt haben. Dann bin ich immer abgegangen wie eine Furie.
    Lieblingslied
    Mein Bruder und ich sind sehr, sehr eng. Ich meine, wer kann schon von sich sagen, dass er bei der Entjungferung seines Bruders live dabei war? Also jetzt nicht direkt live, aber ziemlich dicht dran. Genauer gesagt in Hörweite, nur getrennt durch eine Rigips-Wand – und die sind bekanntermaßen sehr dünn.
    Ich war also Ohrenzeuge, und zwar intensiver, als mir eigentlich lieb sein konnte. Er war neunzehn, es wurde also langsam Zeit, und brachte ein Mädchen mit nach Hause. Hinter der Rigips-Wand lief in Endlosschleife der Song »Schwule Mädchen« (das war damals ein Hit), aber das Stöhnen habe ich trotzdem gehört.
    Wie kamen die überhaupt auf »Schwule Mädchen« – da gibt’s doch tausend passendere Songs für so eine Gelegenheit, oder? »Touch me« oder »I want your Sex« oder »Satisfaction« oder vielleicht »Nothing’s gonna stop me now« (in der Originalversion von Samantha Fox, meine Coverversion davon gab’s da ja noch lange nicht). Aber dass ihm beim ersten Sex die Schwester ins Ohr trällert, das hätte mein Bruder bei aller Liebe nicht gewollt. Na gut, jeder wie er mag.
    Auf jeden Fall leierte dieser Song in jener Nacht nonstop. Manchmal war kurz Pause, dann rauschte die Dusche – und weiter ging’s. Heute kriege ich Pickel, wenn ich »Schwule Mädchen« höre, weil ich das eine ganze Nacht lang ertragen musste.
    Gott, waren wir hässlich!
    Bis ich zwölf war, habe ich ja mit meinem Bruder ein Zimmer geteilt, dann sind wir wieder mal umgezogen, und ich wohnte von da an in einem eigenen Zimmerchen. Zu der Zeit wurde auch meine Schwester Jennifer geboren, wir waren also zu viert.
    Jennifer war – genau wie ich – als Baby furchtbar hässlich. Nicht böse sein, Schwesterherz, ich habe dich sehr lieb, und du hast dich ja schick zurechtgewachsen, aber man muss der Wahrheit ins Gesicht sehen. Und das sah folgendermaßen aus: Riesig. Überhaupt, der ganze Kopf – riesig und rund. Und als Krönung prangte mittendrin eine ebenfalls riesige Nase. Da passte so gar nichts. Ganz anders als bei unserem Bruder, der war schon immer ein ganz Hübscher.
    Meine Schwester und ich haben also die gleichen optischen Startschwierigkeiten, dieselbe Mama, aber nicht mal im Ansatz dieselbe Erziehung. Der Unterschied ist eigentlich ganz simpel: Alles, was mir verboten war, das durfte und darf sie.
    Während ich schon
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