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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe
Autoren: P Mennen
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sie das Medaillon in seinem kleinen Beutel neben ihrem Bett.
    »Gott sei Dank«, seufzte sie erleichtert. Vorsichtig zog sie es heraus und klappte es auf. Das Bild ihrer Mutter lächelte ihr entgegen. »Ohne meine Mutter bei mir zu haben, hätte ich nicht heiraten können«, erklärte sie ihrer Freundin. »Wenn ich es trage, dann ist es fast so, als wäre sie hier bei uns!«
    Ein paar Tränen kullerten aus Jellas hellgrünen Augen und rollten ihr über die Wange. Lisbeth strich ihrer Freundin tröstend über den Arm.
    »Sie würde sich sicherlich sehr über Fritz freuen!«, versicherte sie ihr. Jella schniefte und ließ sich ungeduldig nochmals die Haare aufstecken.

    »Wo ist eigentlich Fritz?«, wollte sie wissen. Sie hatte ihren Zukünftigen heute nur kurz gesehen.
    »Ich glaube, er hilft den anderen beim Aufbau der Tanzbühne. Das Orchester ist auch schon eingetroffen. Wenn ich ehrlich bin, glaube ich allerdings nicht, dass sie sehr gut spielen können. Die meisten Instrumente sehen ziemlich verbeult aus!«
    Jella lachte vergnügt. »Imelda hat unbedingt darauf bestanden. Sie meinte, eine Hochzeit ohne Orchester ist wie ein Weihnachtsessen ohne Gans. Sie hat die Leute selbst zusammengestellt und behauptet steif und fest, dass sie den Hochzeitswalzer richtig gut spielen könnten. Außerdem hat Fritz noch ein Grammofon organisiert. Damit ist der musikalische Teil der Feier wohl gesichert.«
    »Ist diese kleine, fette Witzfigur tatsächlich der Pfarrer? Wieso ist er eigentlich schon hier?«
    Jella zuckte mit den Schultern. »Mein Vater hielt es für das Beste, Traugott Kiesewetter gleich in der Missionsstation abzuholen, damit er die Hochzeit nicht vergisst. Der gute Mann ist zwar herzensgut, aber er neigt dazu, manche Dinge zu vergessen.«
    »Und jetzt macht er sich daran, das Hochzeitsessen schon vor der eigentlichen Feier zu vertilgen«, kicherte Lisbeth. »Ich habe ihn die paar Tage, die ich hier bin, noch nie ohne Essen herumlaufen sehen. Ich glaube, er ist der Einzige, der sich ungestraft in Nancys Küche begeben darf.«
    »Weiß der Teufel, wie er das anstellt«, meinte Jella. »Bist du nun endlich fertig?«
    Lisbeth steckte die letzten Nadeln in die Frisur und betrachtete zufrieden ihr Werk.
    »Wenn du deine Finger jetzt gefälligst bei dir behältst, dann bist du die schönste Braut Südwestafrikas!«
    »Bis auf das Brautkleid! Wie spät ist es eigentlich?« Lisbeth sah auf die Taschenuhr auf der Kommode.

    »O je, wir haben uns total verplappert! Schnell, du musst in dein Brautkleid schlüpfen! Aber vorsichtig. Nicht, dass du es noch zerreißt!«
     
    Alles auf der Farm Owitambe war feierlich geschmückt worden. Jella, Imelda, Sarah und Nancy hatten sich alle Mühe gegeben. Herausgekommen war eine Mischung aus deutsch-burischer Gemütlichkeit und afrikanischen Elementen. Die Trauung selbst sollte oben auf dem Hügel stattfinden, wo die große Schirmakazie stand. In ihrem Schatten waren lange Tischreihen mit weißen, gestärkten Baumwolltischdecken aufgestellt worden. Nancy hatte einen Teil der Küche nach draußen verlagert und kochte auf offenem Feuer. Auf gusseisernen Dreibeinen standen riesige Töpfe mit Eintopf, Suppen und Gemüsegerichten. Samuel und Josua hatten sich weiße Schürzen umgebunden und sollten über gewaltigen Rosten das Fleisch garen. Dazu gab es verschiedene Fruchtsoßen, selbst gebackenes Brot, frisch gebrautes Bier, das Fritz extra aus Grootfontein hatte kommen lassen, und sogar einige Kisten mit südafrikanischem Wein. Auf den Tischen standen Schalen mit frischem Obst und Blumen aus dem hauseigenen Garten. In die weit ausladenden Zweige hatte Johannes bunte Papierlampions hängen lassen. Überall waren Fackeln und Petroleumlampen aufgestellt worden, die nach der früh einsetzenden Dunkelheit den Platz erhellen sollten. Auf dem Hof vor dem Wohnhaus stand eine Holzbühne für den Tanz. Daneben war Platz für das »Orchester«. Die vier dunkelhäutigen Musiker besaßen hauptsächlich Blechblasinstrumente, die so verbeult waren, dass die Vermutung nahelag, sie könnten schon bei der einen oder anderen Schlägerei eingesetzt worden sein. Imelda, Fritz’ Mutter, hatte die Instrumente aufgetrieben und kurzerhand dazu ein paar ihr musikalisch erscheinende Herero aus Okakarara ausgewählt. Mit unendlicher Geduld hatte sie mit ihnen in den letzten Wochen
einige Tanzlieder, unter anderem auch den Kaiserwalzer, eingeübt. Hinter vorgehaltener Hand hatten Jella und Fritz kichernd die
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