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Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Sehet die Sünder: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Liv Winterberg
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Söldnerheere zu halten, die sie in eigenem Interesse einsetzen dürfen –, und so kommt es im Frühjahr 1440 zur Praguerie.
    Dieser Aufstand einer Gruppe französischer Adeliger richtet sich gegen König Karl VII. Das Ziel ist, ihn unter Vormundschaft zu stellen und seine Berater auszutauschen. Der bewaffnete Aufstand scheitert und bleibt folgenlos für die beteiligten Adeligen.

Der geschichtliche Hintergrund des Prozesses
    Bereits im Jahr 2007 wurde ich auf die Biografie von Baron Gilles de Rais aufmerksam. Dieser Mann, der 1404 geboren wurde, war einer der Helden Frankreichs, der sich im Hundertjährigen Krieg hervortat, weil er furchtlos für König Karl VII. gegen die Engländer kämpfte. Zudem gehörte er zu den Begleitern von Johanna von Orléans. König Karl VII. gewährte dem Baron zum Dank für seinen Einsatz die Ehre, die königliche Lilie im Wappen zu tragen. Kurzum: Dieser Mann war ein Nationalheld.
    Er galt als großzügig, gläubig und war ein Förderer der Künste. Da er einen recht ausufernden Lebensstil pflegte, geriet er irgendwann in finanzielle Schwierigkeiten und begann, erste Ländereien zu verkaufen. Als Käufer traten immer wieder der Herzog der Bretagne und der Bischof von Nantes, Jean de Malestroit, auf. Tatsächlich erwirkte Gilles de Rais’ Familie eine königliche Verfügung, das heißt, der König untersagte dem Baron, weiterhin seine Ländereien zu verkaufen. Doch durch verschiedene rechtliche Winkelzüge des Herzogs der Bretagne wurde die Verfügung außer Kraft gesetzt, und der Ausverkauf der Ländereien ging weiter.
    Gilles de Rais, der sich mit Alchemie beschäftigte, begann nun zu hoffen, dass er seinen Reichtum über das Goldmachen und Teufelsbeschwörungen wiedererlangen könne.
    So weit scheint die Biografie des Barons de Rais denen anderer Adeliger durchaus zu ähneln. Selbst die Tatsache, dass er sich mit verbotener Alchemie beschäftigte, war nicht ungewöhnlich, befassten sich doch zahlreiche Menschen im Mittelalter damit.
    Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt begann Baron de Rais aber – sadistisch-sexuell motiviert –, Kinder zu ermorden. Bei diesen unfassbar grausamen Taten standen ihm mehrere Helfer zur Seite, die unter anderem zahlreiche Kinder entführten und in sein Schloss beziehungsweise auf seine Landsitze brachten. Lange Zeit blieb das Verschwinden der Kinder unerklärlich, und als erste Mutmaßungen darüber in Umlauf gerieten, dass der Baron mit diesen Taten in Zusammenhang stehen könnte, entstand in der Bevölkerung eine Machtlosigkeit: Denn wer sollte einen Adeligen und Günstling des Königs vor Gericht bringen?
    Als sich die Klagen über verschwundene Kinder beim Bischof von Nantes häuften, ließ dieser »Ermittlungen« aufnehmen, die zu einem Inquisitionsprozess führten, in dem Baron de Rais unter anderem die Teufelsbeschwörungen, ein tätlicher Angriff auf einen Geistlichen in einer Kirche und die Morde an den Kindern vorgeworfen wurden. Dem Inquisitionsprozess folgte ein weltlicher Prozess, der jedoch mehr oder weniger eine Formalität war. Das weltliche Gericht folgte uneingeschränkt dem Urteil des Inquisitionsgerichts, und so wurde Gilles de Rais am 26. Oktober 1440 erhängt, auf dem Scheiterhaufen »angebrannt« und schließlich beigesetzt.
    Man geht davon aus, dass der Baron bis zu vierhundert Kinder ermordete, auch wenn man ihm »nur« einhundertvierzig Fälle nachweisen konnte.
    Mir war sofort klar, dass mich die Geschichte eines soziopathischen Kindermörders nicht interessierte, und dennochließ mich der Fall im Hinblick auf zwei völlig andere Aspekte nicht los, sodass ich mich in weiterführende Literatur vertiefte.
    Schnell stellte sich dabei heraus, dass die Kirche nicht ausschließlich hehre Motive hatte, sich des Falles anzunehmen. Der Bischof der Bretagne war unter anderem Schatzmeister von Herzog Johann. Sicherlich war beiden daran gelegen, diesen Serientäter zur Verantwortung zu ziehen, doch die Prozessführung lässt durchaus den Gedanken aufkommen, dass zudem monetäre Interessen im Spiel waren. Denn mit einer Verurteilung durch ein Inquisitionsgericht fielen Gilles de Rais’ Ländereien an die Kirche. Es gibt auch Hinweise darauf, dass schon zwei Wochen vor Prozessbeginn die Ländereien des Barons, zumindest auf dem Papier, zwischen dem Bischof und dem Herzog verteilt wurden. Ohne das Eingreifen der Kirche hätte es aber auch keine Rettung für die Bauern der Umgebung gegeben, denn Gilles de Rais hätte ungehindert
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