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Seelenzorn

Seelenzorn

Titel: Seelenzorn
Autoren: Stacia Kane
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scheißegal war, und ein Mann, dem alles scheißegal war, war ausgesprochen Furcht einflößend, besonders in Anbetracht seiner Körpergröße und der Tatsache, dass er seinen Lebensunterhalt als Bumps Chefschläger bestritt. Dabei erschienen seine Schultern auf den ersten Blick gar nicht ganz so breit.
    Waren sie aber.
    Chess betrachtete ihn noch ein paar Sekunden lang, wie er da herumstand, dann wurde er auf sie aufmerksam. Grüßend reckte er das Kinn, rührte sich aber ansonsten keinen Millimeter. Ihn beunruhigte also etwas, aber danach würde sie ihn hier drinnen nicht fragen. Sie hatten schon mal versucht, in einer vollen Bar eine tiefschürfende Unterhaltung zu führen. Das hatte kein gutes Ende genommen. Chess schob die Erinnerung lieber gleich beiseite.
    »Hey, Chess«, sagte er. Beim dröhnenden »Garageland« verstand sie ihn mehr durch seine Lippenbewegungen als durch den Klang seiner Stimme. »Dachte, du kommst nicht mehr, so spät wie’s schon ist. Alles klar bei dir?«
    »Jep. Alles in Ordnung. Hat auf der Arbeit länger gedauert, als ich dachte.«
    »Siehst blass aus.«
    Sie zuckte die Schultern und trank ihr Bier. Hatte keinen Sinn, darüber zu diskutieren, solange man kaum ein Wort von dem verstand, was der andere sagte. »Wann fangen sie an?«
    »In ein paar Minuten. Kann nicht mehr lange dauern. Sie - warte mal.«
    Er zog ein kleines schwarzes Handy aus der Tasche und klappte es auf. Das Display leuchtete in der dunklen Barecke auf und warf seinen grellweißen Schein auf Terribles gerunzelte Stirn. »Scheiße.«
    »Was ist ...«
    Er schnitt ihr mit einem Blick das Wort ab und bedeutete ihr mit einer ruckartigen Kopfbewegung, mitzukommen. Sie gab sich Mühe, ihn nicht zu verlieren, während er sich durch die Menge einen Weg zum Ausgang bahnte, und hätte sich an einem stacheligen Iro fast die Wange aufgeschlitzt, bevor sie es aus der Tür schaffte.
    Draußen standen verstreute Grüppchen und trotzten der Kälte, um nach Konzertbeginn vielleicht noch umsonst reinzukommen. Sie machten Terrible Platz, der auf die Seite des Gebäudes zusteuerte. Chess folgte ihm. Einen Moment lang fand sie die Kälte wohltuend, dann fing sie an zu frieren. Sie hätte sich eine Jacke anziehen können, aber es war immer so nervig, die in einem Klub mit sich rumzuschleppen.
    »Es gibt Probleme.« Er sah sie nicht an, sondern wählte eine Nummer und hielt sich dann das Telefon ans Ohr. »Du kennst doch Red Berta, hm?«
    »Dem Namen nach.« Red Berta kümmerte sich um Bumps Mädchen - also um alle Prostituierten Downsides westlich der dreiundvierzigsten Straße.
    »Also ... hey.« Der Angerufene hatte sich offenbar gemeldet. »Gut, sie - wann haben sie sie gefunden? Scheiße. Okay, bleib da. Ich bin schon unterwegs.«
    Noch bevor er das Telefon zusammengeklappt hatte, war ihr klar, dass er sie mitnehmen wollte. Fragte sich nur, warum.
    »Was ist denn los?«
    Anstatt zu antworten, verharrte er einen Moment mit zusammengekniffenen Augen und schob sich das Telefon wieder in die Tasche, während er sich zurechtlegte, was immer er sich zurechtzulegen hatte. »Lust auf ’ne kleine Spritztour?«
    »Was ist denn los?«
    »’ne Leiche.« Die andere Hand verschwand ebenfalls in der Tasche, was seine Schultern noch breiter erscheinen ließ. Die Bedrohlichkeit seiner Größe war so offensichtlich wie nie. »Eins von Bumps Mädchen. Schon die dritte, die sie gefunden haben.«
    »Jemand bringt Nutten um?«
    Er zuckte die Achseln. »Sieht so aus, als wär der Mörder ein Geist. Würd dich sonst nich fragen.«
    »Was, mitten auf der Straße?«
    »Ist dir gar nicht kalt? Warum kommste nich mit, Chess? Im Auto ist es wärmer, hm? Gucks dir einfach mal an.« Er drehte den Kopf zu den wartenden Leuten. Klar. War wahrscheinlich keine gute Idee, das in aller Öffentlichkeit zu besprechen. Sie nickte und folgte ihm auf die andere Straßenseite, während in der Bar weiter die Musik spielte.
    Terribles 69er Chevelle parkte zwei Häuser weiter halb auf dem Bordstein unter einer Straßenlaterne, die ihn anstrahlte, als stünde sie nur seinetwegen da. Der neue schwarze Lack glänzte im orangefarbenen Licht. Chess traute sich fast nicht, laut aufzutreten; der Wagen wirkte wie ein lauerndes Raubtier, so als könnte er auf den fetten schwarzen Reifen jeden Augenblick einen Satz nach vorn machen und die Straße verschlingen.
    In dem Ledersitz saß man wie in einem Eisblock, aber Chess verlor kein Wort darüber. Terrible schien nicht zum Scherzen
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