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Seelenzorn

Seelenzorn

Titel: Seelenzorn
Autoren: Stacia Kane
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aufgelegt zu sein. Sie wartete lieber, bis er von sich aus zu reden anfing. Erfahrungsgemäß kam er in seinem eigenen Tempo zur Sache.
    Sie hatten ungefähr zehn Häuserblocks in den verlassenen Straßen westlich von Downsides Rotlichtbezirk hinter sich gelassen, als er so weit war. »Erste Nutte«, sagte er. »Aber schon die dritte Leiche. Bump hat’s bisher nich groß gekratzt, außer, dass er angepisst war. Zuerst war's ein Dealer, Slick Michigan. Schon mal gehört?«
    Sie schüttelte den Kopf. Die Heizung kam langsam auf Touren, und eigentlich hätte sie sich entspannen können, aber ihre Nerven machten ihr einen Strich durch die Rechnung. Sie hatte nicht die geringste Lust, sich mit einem mörderischen Geist anzulegen. Schon wieder, um genau zu sein - sie hatte sich noch nicht mal von dem Traumdieb erholt.
    Während Terrible weiterredete, fischte sie ihr Pillendöschen hervor, warf ein paar Cepts ein und spülte sie mit dem Bier runter, das sie noch in der Hand hielt. »Wir haben ihn vor ungefähr fünf Wochen gefunden, unten an den Docks. Hat sich keiner was bei gedacht. Du weißt, wie's an den Docks zugeht. Und Slick war auch nicht grad ’n ruhiger Typ. Haben gedacht, er ist in ’ne Prügelei geraten, hat sich mit wem angelegt, der flott mit dem Messer ist.«
    »Er ist erstochen worden?«
    »Jep.«
    »Aber dann ...«
    Er warf ihr einen Blick zu. »Der zweite kam vor ungefähr ’n paar Wochen. Little Tag. War ’n Drogenkurier. Hat nichts verkauft, auch nie viel in die Finger gekriegt. Hat’s bloß von A nach B gebracht. Den haben wir in ’ner Seitenstraße von der Brewster gefunden.«
    »Ich wusste nicht mal, dass die Brewster Seitenstraßen hat.« Sie sah aus dem Fenster. Zuerst waren sie in südlicher Richtung gefahren, runter nach Mather. Jetzt zog Terrible das große Auto nach links rüber und fuhr dabei über eine rote Ampel. Was machte eine Nutte so weit ab vom Schuss, so dicht an der Grenze von Bumps Territorium?
    »Tja. Ist auch ne üble Gegend da. Weiß keiner so genau, wie lange er sich da überhaupt rumgetrieben hat. Was von ihm übrig war ... kein schöner Anblick, weißte? Gibt so gut wie nichts zu beerdigen.« Er nahm einen tiefen Zug aus seiner Bierflasche und klemmte sie sich wieder zwischen die Beine, zog dann zwei Zigaretten aus der Tasche und steckte sie an.
    Chess nahm die angebotene Zigarette und lehnte sich in den Sitz zurück, während sie den Rauch aus dem Mund unter das Dach kriechen ließ. »Und jetzt also eine Nutte«, sagte sie.
    »Genau.«
    »Du hast mir immer noch nicht verraten, warum du glaubst, dass ein Geist dahintersteckt.«
    »Bin mir auch nicht sicher, ob es einer war. Ich nicht, und Bump auch nicht. Paar von den anderen denken das aber.«
    »Und jetzt willst du, dass ich mir das ansehe und sage, dass es kein Geist war?«
    »Wär ganz hilfreich, ja.«
    »Und was, wenn es doch einer war?«
    Er sah zu ihr rüber, während er das Auto vor einem ausgebrannten Gebäude parkte. »Wenn du sagst, es war ’n Geist, holt Bump dann die Kirche, damit sie sich drum kümmert? Oder glaubst du, er wendet sich an dich?«
    Scheiße.
    Als sie in seine Jacke schlüpfte, verschwand sie praktisch darin. Sie zog sie wieder aus und gab sie ihm zurück. Jetzt bloß nicht wie ein kleines Mädchen aussehen. Und wahrscheinlich war es auch besser, sich dort nicht in seinen Klamotten blicken zu lassen. Die Leute zerrissen sich schon wegen ihrer flüchtigen Bekanntschaft das Maul - obwohl es wahrscheinlich nicht halb so viel Gerede gegeben hätte, wenn sie nicht vor drei Monaten den Kopf verloren und in der Bar vor den Augen von halb Downside praktisch mit ihm gevögelt hätte. Wieder drängte sie die Erinnerung beiseite und versuchte, sich auf das Nächstliegende zu konzentrieren.
    Feuer in Blechtonnen wärmten ein wenig die Luft und warfen gespenstische Schatten auf die unverputzten, verfallenden Fassaden entlang der Straße. Hier unten war die Fünfundvierzigste praktisch ein Niemandsland, eine Straße, wo Slobags Leute unablässig auf die Gelegenheit lauerten, ihr Territorium erweitern zu können. Hier und da flackerte Licht hinter den zerbrochenen Fenstern und deutete auf menschliche Bewohner hin, während die Straße ansonsten überwiegend zersplitterten Flaschen und gebrauchten Nadeln eine Heimstatt bot.
    Chess warf einen Blick nach links auf die andere Straßenseite. Einen Häuserblock weiter begannen Slobags Gebäude. Zehn oder elf Blocks weiter nördlich und ein paar nach Osten wohnte
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