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SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

Titel: SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)
Autoren: Erik Kellen
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konnte dennoch nicht füllen, was nicht zu erklären war. Er umschloss die nackten Beine mit seinen Armen und hoffte, er würde reichen.
    Er ließ los.
    Ein Ast drang aus seinem Nacken empor, fächerte sich auf, wuchs und wuchs. Ein Blätterdach entstand über ihm, hielt jedes durstige Blatt in das fallende Nass und trank. Aus seiner Seite drückte sich zögerlich die schwarze Nase der Wölfin, sie schnupperte in den Fahrtwind, dann wölbte sich ihr Kopf durch seine Haut, ließ sich leise knurrend den Regen auf die zuckenden Ohren platschen, bog den weißen Fellhals und roch vorsichtig an seinen verschränkten Händen, die die Tropfen in der dadurch entstandenen Mulde sammelten. Er ließ los, doch er ließ sie nicht frei! Das konnte er nicht, ebenso wenig wie er sich selbst frei lassen konnte.
    Liran rieb sich den Regen dieser Welt in ein Gesicht, dass nicht länger existierte, so fühlte es sich an. Er ließ ihn durch seine Haare fallen, über seinen Rücken gleiten und tastete nach den Federn, die nicht mehr da waren, sondern fort.
    Nilah war anders. Mehr noch als … damals.
    Er blinzelte in das Laub über sich. Akkosh hatte sich sanft geduckt, über das halbe Deck verzweigt und genoss sichtlich alte Erinnerungen. Doch Dahi schnappte nach seinen Ästen, die in ihre Nähe kamen und zog drohend die Lefzen hoch.
    ›Manchmal muss man ein Leben beenden, um ein anderes zu beschützen. So war es doch, oder nicht?‹ Eine Entscheidung, die immer nur auf einer Seite stehen konnte, jene, die im Schatten lag. Nur wurde dieser Schatten mit jedem Mal dichter und ... kälter.
    Denn er war ein Mörder! Der dunkle Gegensatz zu Nilah.
    Aber er würde es ihr sagen müssen, bald schon. 
    So kauerte der Krieger da, klammerte sich an sich selbst und verlor die Hoffnung.
     
    Liran stand neben dem Lager, auf das er Nilah gelegt hatte. Mit stiller Verzweiflung in den Augen, betrachtete er den leblos daliegenden Körper seiner Anam Ċ ara. Wo würde sie jetzt sein? Gab es etwas, dass ihr dort zur Seite stehen würde? Jemand? Er hoffte es. Es war nun ihr Weg, sie ganz allein musste ihn beschreiten, ob ihm das gefiel oder nicht.
    Müde setzte er sich neben Nilah. Und wartete.
     

 
     
    An einem verlorenen Ort
     
    Etwas platschte auf ihren Kopf, lief noch ein paar Zentimeter weiter durch ihre Haare und ließ dabei ein Kitzeln zurück. Nilah sah auf und blickte in einen wolkenlosen Himmel, von dem letzte verirrte Regentropfen fielen.
    Sie lag auf einer dicken hölzernen Planke, unter ihr ein Stück Tau, das ihr in den Rücken drückte. Sie schob es beiseite. Stöhnend richtete sie sich auf. Ringsherum nur Wasser.
    Einzig eine dunkle Säule war dort, von der sie sich zunehmend entfernte. Es war, als rinne in einem nicht versiegenden Lauf schwarzer, öliger Rauch wie Tinte vom Himmel herab.
    ›Wo war sie?‹
    Sie suchte in ihrem dröhnenden Kopf nach einer Antwort. Aber der Anblick dieser Situation ließ keinen Schritt zurück zu. Sie schloss die Augen, doch dort gähnte derselbe Schlund aus Ungewissheit. Verzweifelt versuchte sie, sich zu erinnern. Aber es war, als wollte sie aus einem Scherbenhaufen die ursprüngliche Form erkennen. Alles tat ihr weh.
    Sie hatte Durst. Schwankend und mit den Armen balancierend, stand sie auf und riskierte einen neuerlichen Rundblick. Wasser, überall nur Wasser. Ein gigantischer Kreis aus dunkelblauer Endlosigkeit. Über ihr am Himmel, wie eine glühende Herdplatte, die Sonne, deren Strahlen glitzernd und schimmernd von den Wellen reflektiert wurden, dass es in den Augen schmerzte.
    Der Durst wurde langsam zur Qual.
    Viel später, Nilah konnte nicht genau sagen wie viel, denn ihre Taucheruhr bewegte nicht einen Zeiger mehr, schwappte ein kleines Fass neben dem Floß auf und ab und stieß stetig klopfend dagegen. Nilah streckte sich und griff danach, spürte unerwartete Schwere, aber sie schaffte es, das Fass auf die Planke zu ziehen. Mit zitternden Fingern öffnete sie den Deckel. Es war leer.
    Der Durst hatte nun etwas sehr Menschliches, fast Gewalttätiges an sich. Nilah starrte blinzelnd in den Himmel.
    »Bitte!«, schrie sie, aber der Ruf blieb ohne Antwort.
    Irgendwann, müde und zerschlagen, legte sie sich hin, benutzte das Tau als Kissen, damit ihr Kopf nicht in der Nässe lag. In ihrem schmalem Blick klebte der waagerechte Horizont, Wellen hoben sich unaufhörlich. Sie wusste nicht einmal, ob sie weinte oder ob der restliche Regen oder Schweiß aus ihrem Haar über ihre Wangen rollte. Immer
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