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SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)

Titel: SeelenZauber - Die Wahrheit (German Edition)
Autoren: Erik Kellen
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wieder glitt sie in eine formlose Dunkelheit und nur noch am Rande bemerkte sie, dass der Lauf der Sonne sich weiter über den Himmel bog.
    Doch je flacher das Licht über das Meer glitt, desto kälter wurde ihr.
    Die Dämmerung senkte sich in ein Meer, das Nilah völlig fremd war. Als dieser runde feuerrote Ball unter den fernen schwarzen Horizont sank, da konnte sie die Angst jener verstehen, die einst geglaubt hatten, dort wäre ein Abgrund verborgen, der alles Leben verschlang und mit sich riss – das Ende der Welt.
    Die Nacht brach herein. Kein einziger Stern leuchtete.
    Dann wurde die Kälte körperlich. Nilah schlang die Arme um sich und rollte sich zusammen wie ein Ball. Immer wieder döste sie ein -  floh von diesem Ort.
    Als sie die Kraft wieder fand, ihre Augen zu öffnen, sah sie helle Flecken durch die Dunkelheit treiben. Ihre Zunge schwoll an. Das Einzige , an das sie denken konnte, hatte die Farbe Grau. Sie klammerte sich an das Stück Tau, wickelte es um ihr Handgelenk und hielt sich fest. Sie glaubte, das Richtige damit zu tun. Sich festhalten.
    Irgendwann war alles vor ihren Augen verschwunden. Schlaf. Doch eigentlich war es nur ein lang gezogener, lautloser Schrei.
     
    Alle Sinne wurden durch ein regelmäßiges Klatschen ersetzt, so als würde ein Geräusch in einer Rille feststecken.
    Sie öffnete die verklebten Augen zwischen den Rippen eines  großen Tieres, so glaubte sie, als sie die dunklen Schattenrisse von Bögen über sich wahrnahm, die sich schwarz vor einem schimmerndem Licht in den Himmel hoben. Der Geruch von nassem Holz steckte in ihrer Kehle, Durst kroch wieder auf ihrer Zunge umher und schrie sie an.
    Nilah sah einen Mond, der viel zu nah an der Erde zu stehen schien. Er füllte den halben Himmel über ihr aus. Dieser Mond aber leuchtete in einem Licht, das einen sanften Stich ins Bläuliche hatte, fast so als würde er nicht aus totem Gestein, sondern aus Wasser bestehen.
    Sie fror bis unter die Haut.
    Und auch wenn das letzte Bild, das sie in sich fühlte, rabenschwarze Haare in ihrem Gesicht und geflüsterte Worte waren, so fühlte sich das jetzt hier vollkommen richtig an. Sie war eine Schiffbrüchige, sie wusste es.
    Die Luft war schneidend kalt und saugte sich in ihre nasse Kleidung. Nilah blickte an sich herunter. Sie trug ein nachtblaues, knielanges Kleid und darunter eine enge schwarze Hose, die sich wie eine Leggings anfühlte. Ein breiter Gürtel lag eng um die Hüfte. Ihre nackten Füße steckten in kunstvollen Sandalen, die kreuzförmig bis fast zur Wade geschnürt waren. All das war ein wenig zu eng, aber das mochte von der Nässe herrühren. Dennoch, auch die Kleidung schien ihr seltsam selbstverständlich.
    Ein paar bucklige graue Felsen führten ins Meer hinein. Sie schritt, die Arme wärmend um sich selbst geschlungen, behände bis an deren Ende und starrte ins Wasser. Keine zehn Schritte entfernt hob und senkte sich in der flachen Dünung eine Gallionsfigur mit dem Gesicht nach unten. Der geschnitzte Umhang der Figur schaukelte sachte hin und her. Nilah konnte nicht erkennen, was es darstellen sollte. Ein undeutliches Flimmern stieg über der Figur auf, als würde das Meer darunter Hitze aufwirbeln. Als sie genauer hinschaute, sah der Umhang doch eher aus wie ein Paar hinter dem Rücken verschränkter Flügel. Holzkisten, die halb versunken umher trieben, Reste von zerfetzten hellen Segeln, die mit Wasser vollgesogen wie Gespenstergewänder in der Tiefe waberten, abgerissene Taue, noch immer in den Ösen verknotet. Ein riesiger Schatten zog darunter hinweg und ließ die Segel von unten mit einem roten Glühen beleuchtet für einen Augenblick erstarren. Dann war es fort.
    Die Szenerie machte wahrlich den Eindruck, als wäre ein Schiff untergegangen und Nilah sei samt dieser Überreste an einen Strand gespült worden. Nichts in ihrem Inneren sagte ihr, warum das so sein mochte. Nur, dass dies schon vor langer Zeit geschehen war.
    Sie blickte die Küste entlang und stellte fest, dass sie verdammtes Glück gehabt hatte, denn die Bucht, in der die Wrackteile träge vor sich hin schwappten oder schon auf dem Sand verstreut lagen, war kaum mehr als einhundert Schritt breit. Links und rechts davon erhoben sich schroffe, hohe Klippen in die Nacht.
    Sie ging zurück. Vorbei an den gewölbten Spanten, die sie für Rippen gehalten hatte. Eine breite Rinne, einst ein Fluss, der hier ins Meer geströmt war, hatte eine lange Senke in den steilen Felsen der Bucht
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