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0020 - Der Mord, der mir den Atem nahm

0020 - Der Mord, der mir den Atem nahm

Titel: 0020 - Der Mord, der mir den Atem nahm
Autoren: der mir den Atem nahm Der Mord
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Am Dienstagfrüh kam ich wie an jedem Morgen gegen acht ins Districtsgebäude. Ich suchte mein Office auf und ließ mich zufrieden in meinen Drehstuhl plumpsen, der hinter meinem Schreibtisch steht. Ich steckte mir die Morgenzigarette an und überdachte mir den wahrscheinlichen Verlauf des Tages. Man weiß ja ungefähr, was anliegt. Und ich gehöre zu den Leuten, die sich ihre Arbeit gern überlegen, bevor sie sie beginnen.
    Ein paar Minuten später sah Phil Decker, mein Freund, zur Tür herein: »Morning, Jerry!«
    »Morning, Phil. Was Besonderes?«
    »Nein. Ich habe Akten aufzuarbeiten. Eine Sache, die ich liebend gerne tue.« Man sah seinem sauren Gesicht an, wie sehr er die Wahrheit sprach. Aber mir ging es nicht anders:
    »Desgleichen, mein Lieber«, erwiderte ich. »Vor mir liegt auch ein Berg Papier. Ich fragte mich, wer von unseren Leuten bloß die Zeit hat, das ganze Zeug vollzuschmieren? Wir sind doch mehr unterwegs, als wir uns im Bau herumdrücken!«
    »Ich hab‘ vor ein paar Tagen ‘ne nette Geschichte gelesen. Irgendwo im alten Germany gab's mal Fabelwesen, die machten in der Nacht alle die liegengebliebene Arbeit. Heinzelmännchen hießen die netten Leute. Aber sie scheinen ein Vorurteil gegen Amerika zu haben. Gestern abend habe ich sämtliche Akten, die noch zu bearbeiten sind, säuberlich geordnet auf den Schreibtisch gelegt. Eben habe ich nachgesehen. Meinst du, es wäre auch nur ein Vorgang erledigt? Fehlgeschossen, alles noch genau wie gestern abend.«
    Ich lachte:
    »Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als das ganze Zeug selber durchzuackern.«
    »Ja, ich bemerke es mit Entsetzen!«
    Haben Sie das gehört? Er ›bemerkte es mit Entsetzen‹! Phil kann manchmal unglaublich gebildet sprechen.
    »Gehen wir heute mittag zusammen essen?« fragte er noch.
    »Sicher. Hol mich ab, wenn's soweit ist.«
    »Okay, bis dann. So long, Jerry!«
    »So long, Phil!«
    Er zog seinen Kopf aus dem Türspalt zurück und klappte die Tür zu. Ich machte mich über meinen Papierkrieg. Glauben Sie bloß nicht, die nord amerikanische Bundeskriminalpolizei hätte keine Bürokraten! Unsere G-men sind zwar fabelhafte Burschen, aber eine Seuche ist uns doch nicht erspart geblieben: die Krankheit, daß alles aufgeschrieben, geordnet und registriert werden muß. Natürlich hat das alles seinen Sinn, aber das ist ja das Schlimmste daran! Wenn es sinnlos wäre, könnte man wenigstens herzhaft darüber fluchen und sich dadurch Luft machen. So aber muß man sich zähneknirschend eingestehen, daß es nun einmal sein muß.
    Ich biß also in den sauren Apfel und schrieb, daß mir die Fingerspitzen weh taten. Ein Protokoll nach dem anderen tippte ich schön in die Maschine, lochte die Seiten und heftete sie ab. Aktenvermerke wurden angefertigt und natürlich ebenfalls abgeheftet. Unser Jahrhundert ist das Jahrhundert des Abheftens, glauben Sie mir!
    Ich weiß nicht genau, wie spät es war, als unser Kontaktmann Neville hereinkam. Es muß aber schon kurz vor zwölf Uhr mittags gewesen sein.
    »Hallo, Jerry!« griente er.
    »Hallo, Neville! Was ist los? Wenn du kommst, ist doch immer etwas los!«
    Er lachte geschmeichelt.
    »Nicht viel. Du sollst nur mal rüber zum Chef kommen.«
    »Auf der Stelle oder sofort?« witzelte ich.
    »Das darfst du dir aussuchen«, konterte er.
    »Dann bin ich für sofort.«
    Ich stand auf und ging hinüber. Mister John D. High, unser Districtschef, ist ein schlanker Herr in den mittleren Jahren. Wenn Sie ihn sehen, wissen Sie auf den ersten Blick, daß er unser Boß ist, obgleich er genauso Zivil trägt wie wir alle. Er hat schöne, schmale Hände mit langen Künstlerfingern und eine sehr feine, stille Art.
    »Guten Morgen, Jerry«,' sagte er und deutete auf einen Sessel. »Ich habe eine kleine Sache für Sie, die Sie nebenbei mit erledigen können. Die Citizen Police hat mir gerade einen Mordfall gemeldet. Sie wissen, einfacher Mord ist nicht Sache der Bundespolizei. Aber das Opfer hatte irgendeine leitende Stellung in einer politischen Partei, und es besteht also zumindest theoretisch die Möglichkeit, daß es sich bei dem Mord um ein politisches Verbrechen handelt. Da müssen wir uns natürlich einschalten. Fahren Sie mal hinaus und sehen Sie sich die Sache an. Hier, die Adresse habe ich Ihnen aufgeschrieben. Ein gewisser Haters.«
    »Okay, Mister High«, sagte ich und steckte den Zettel ein. Als ich in der Tür stand, rief mir der Chef noch nach: »Aber kümmern Sie sich wirklich nur um die
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