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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer
Autoren: Horst Biernath
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antworten, Herr Hogendahl?« fragte ich atemlos und spürte, wie mein Blut durch die Schlagadern am Hals rauschte. Er drehte sich nach mir um und sah mich über die Schulter hinweg mit einem fast traurigen Blick an, als wolle er sagen: Pitt, Pitt, wie kann man nur so dämlich fragen?
    »Daß ich selbstverständlich auf sein albernes Angebot nicht ein-gehen werde, sondern daß ich mich an den Vertrag halte!« antwortete er ruhig und gelassen.
    »Das dürfen Sie nicht tun!« rief Fräulein Lydia und stellte sich mit halb ausgebreiteten Armen vor den Schreibtisch, als wolle sie ihm den Zugang verwehren. »Nein, das dürfen Sie nicht tun! Sie dürfen nicht meinetwegen...«
    »Entschuldigen Sie vielmals!« fuhr er sie mitten im Wort an, als ob er eine unerhörte Zumutung zurückweisen müsse. Er schob sie, ohne viele Umstände zu machen, vom Schreibtisch weg und drückte sie in einen Stuhl nieder. »Wozu glauben Sie, mir zureden zu müssen? Sie haben damit überhaupt nichts zu tun! Und was mich angeht, so denke ich auch nicht einmal im Traum daran, eine Arbeit abzubrechen, die kurz vor der Vollendung steht. Nur weil ich Don Saraiva plötzlich unbequem werde, lasse ich mich doch nicht aufs tote Gleis abdrängen. Glauben Sie denn, ich weiß nicht, weshalb Don Saraiva plötzlich kalte Füße bekommt? Doch nur, weil er fürchtet, die Millionen der >Kentucky< mit mir teilen zu müssen, hören Sie?!«
    »Selbstverständlich höre ich!« antwortete sie heftig. »Aber Sie können mir nicht einreden, daß das Wrack der >Kentucky< der Grund ist, weshalb Sie ein Angebot ausschlagen, das für Sie die Freiheit bedeutet!«
    »Freiheit«, sagte er und lachte durch die Nase, »mir nützt die Freiheit nichts! Oder was glauben Sie, weshalb ich mich mit Don Saraiva zusammengetan habe? Weil ich ihn brauchte und weil er der einzige war, der mir die Chance gab, meine Ideen zu verwirklichen!«
    »Schön, das war damals! Aber was brauchen Sie den Don Saraiva jetzt noch, wenn Sie mit den Kinleys in Verbindung stehen?«
    »Was wissen Sie von den Kinleys?« fragte er.
    »Sie vergessen, daß ich seit einem Jahr sozusagen in der Branche tätig bin und daß mir der Name Kinley mehr als einmal untergekommen ist.«
    Hogendahl warf mir über ihren Kopf hinweg einen Blick zu, der mich warnte und zugleich drohend ermahnte, ihn nicht zu verraten und unbedingt das Maul zu halten.
    »O weh«, sagte er und ließ ein kleines meckerndes Gelächter hören, »ich hoffe doch, daß Sie auf meinen Bluff nicht hereingefallen sind. Erstaunlich genug, daß mein Schreckschuß seine Wirkung auf Don Saraiva nicht verfehlte. Immerhin hat er dem Neger das Leben gerettet. Aber sagen Sie, ist Don Saraiva im Ernst darauf hereingefallen?«
    Sie nickte erschüttert und ließ den Kopf sinken, als ob sie allen Mut verloren hätte: »Sie stehen also mit den Kinleys wirklich nicht in Verbindung?«
    »Natürlich nicht! Oder glauben Sie ernsthaft, daß ich mit dieser Verbindung in der Tasche auch nur einen Fuß auf die >Esperanza< gesetzt hätte?«
    »Ja, ich habe es geglaubt«, sagte sie und sah müde und erschöpft aus, »und ich hätte es Ihnen von Herzen gegönnt. Trotzdem — trennen Sie sich von Don Saraiva! An Ihrer Stelle würde ich nicht eine Sekunde zögern, wenn ich dieses schreckliche Schiff verlassen dürfte. Tun Sie, was Don Saraiva von Ihnen verlangt, und versuchen Sie, einen anderen Partner zu finden!«
    »Ich danke Ihnen, Fräulein Lydia«, sagte Hogendahl, und ich glaubte zu bemerken, daß eine flüchtige Röte sein Gesicht dunkler färbte, »Sie meinen es gut mit mir — und denken dabei zu wenig an sich selbst. Leider gibt es für mich keine andere Möglichkeit, als hier weiterzumachen. Aber es wäre nett von Ihnen, wenn Sie Don Saraiva weiterhin im Glauben ließen, ich hätte das Angebot aus Chikago wirklich bekommen.«
    »Das ist doch selbstverständlich!« sagte sie.
    »So?« sagte er und schien durch ihre bedingungslose Bereitschaft, auf seiner Seite zu stehen, ein wenig außer Fassung zu geraten. »Nun ja«, fuhr er rasch fort, »wie die Geschichte auch weitergehen mag, eines steht fest: wenn Don Saraiva sich einbildet, von jetzt an allein bestimmen zu können, was an Bord zu geschehen hat, weil er meinen kleinen Bluff ja bald durchschauen wird, dann befindet er sich in einem großen Irrtum. Ich kenne die Rechte, die mir der Vertrag gibt, sehr genau! Und er kann sich darauf verlassen, daß ich auch nicht um ein Haar nachgeben werde. Was mich interessiert, ist
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