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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer
Autoren: Horst Biernath
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sein Angebot ausschlagen würde. Nun hatte die Absage ihn so unerwartet getroffen, daß er in Gedanken schon den letzten Schritt gegangen war, sich von dem unbequemen Partner zu trennen, und zwar durch Mord. Hogendahl stand ihm im Wege. Hogendahl stand zwischen ihm und dem Gold der >Kentucky<. Also mußte Hogendahl ausgeschaltet werden und verschwinden.
    Alle diese Gedanken schossen mir blitzschnell durch den Kopf, zugleich aber auch die Frage, was ich nun tun sollte? Hogendahl warnen? Etwa auf einen Verdacht hin, oder weil mir Don Saraivas Gesicht nicht gefallen hatte? Hogendahl hatte eine vertrackte Art, mich von der Seite anzusehen und zu grinsen und alles für Räubergeschichten und mich selber für vernagelt zu halten, wenn man ihm mit etwas daherkam, das man sozusagen mehr in den Fingerspitzen als im Kopf hatte.
    Ein paar Minuten stand ich so in die dunkle Ecke gedrückt auf meinem Posten, als die Mechaniker aus dem Logis stapften. Im gleichen Augenblick, in dem Don Saraiva hörte, daß sich die Leute näherten, verschwand er wie ein Schatten in seiner Kabine. Doch der drohende und haßerfüllte Blick, den er in den Gang warf, verscheuchte auch meine letzten Zweifel, daß er jetzt, nach Hogendahls Absage, aufs Ganze gehen würde.
    Wenn ich schon Hogendahl nicht warnen konnte, dann wollte ich wenigstens mit Fräulein Lydia sprechen, um mit meinen Gedanken und Ängsten nicht ganz allein zu sein. Ich traf sie auf dem Weg zum Salon, aber als ich ihr dann in aller Eile von meinen Beobachtungen erzählte und ihr sagte, daß es jetzt für Hogendahl um Leben oder Tod ginge, da sah sie mich an, als ob sie in meinem Kopf nach einer lockeren Schraube suchte und fragte ganz sanft, ob ich in der letzten Zeit nicht doch zu viele Kriminalgeschichten gelesen hätte. Und dann klopfte sie mir freundlich auf die Schulter und sagte, sonst wäre ich ein sehr netter Junge...
    Nach diesem Reinfall verging mir natürlich jede Lust, auch noch von Hogendahl für übergeschnappt gehalten zu werden. Zum Schluß hätte ich wohl selber daran geglaubt, einen Nagel im Kopf zu haben. Nein, solange ich keinen Beweis für Don Saraivas teuflische Pläne in den Händen hatte, mußte ich schon allein auf dem Posten stehen. Es war ein niederträchtiges und scheußliches Gefühl, ein Unheil zu ahnen, ohne zu wissen, wann und wo und wie es zuschlagen würde.
    Inzwischen war längst die Nacht hereingebrochen. Zwei Scheinwerfer erleuchteten das Deck taghell. Hogendahls Leute waren dabei, den Unterbau des >Eierkorbs<, wie sie das Startgestell für das Tauchgerät nannten, durch starke Krampen und zolldicke Bolzen mit den Teakplanken zu verbinden. Ich hatte die letzte Stunde in einer so fürchterlichen Spannung zugebracht, daß ich sogar den Heini und unsere Abmachung wegen der Taucher vollständig vergessen hatte. Jetzt konnte ich ihm nicht mehr helfen, und wenn er inzwischen nicht kalte Füße bekommen hatte, dann mußte er schon allein fertig werden. Wenigstens wollte ich ihn an unsere Abmachung erinnern, und deshalb lief ich für einen Augenblick zu ihm ins Logis hinunter. Er hatte Freizeit, weil er erst die Mittelwache von zwölf bis vier übernehmen sollte.
    Als ich ins Mannschaftslogis hineinschaute, schnitt er sich gerade mit seinem Taschenmesser die Zehennägel, und drei von den Jungens spielten neben ihm Skat. Ich konnte ihn deshalb nur aus einem Auge anblinzeln, aber er verstand sofort, was ich meinte, blinzelte zurück, klopfte mit der Hand auf seine Hosentasche und sagte kurz, als ob er mit seinen Fußnägeln zufrieden sei: »Ohlrait, geht alles in Ordnung.«
    Da lief ich wieder an Deck und beugte mich über die Reling, um zu sehen, ob die Taucher eine Chance hätten, unbemerkt davonzukommen. Das Wasser war so schwarz wie die Nacht, und der Lichtschein der beiden Scheinwerfer am Kranmast fiel nicht übers Speigatt hinaus. Ganz im Gegenteil, die Finsternis der Nacht wurde durch den heckwärts und seitlich aufs Wasser fallenden Schatten des Schiffsrumpfes nur noch tiefer.
    Wenn es dem Heini gelang, den Taucherbunker unbemerkt aufzuschließen, und wenn die Mechaniker achtern Lärm genug machten, dann konnte es dem Nelson und den anderen Kerlen nicht schwerfallen, heimlich zu entkommen. Eine bessere Gelegenheit fanden sie überhaupt nicht mehr, denn um beim Transport der Eisenträger vom Vorschiff nach achtern mehr Freiraum zu haben, waren die Boote an der Backbordseite für die Nacht zur Hälfte aus den Davits geschwungen worden.
    Mir wurde
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