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Seelenglanz

Seelenglanz

Titel: Seelenglanz
Autoren: Brigitte Melzer
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meiner neuen Kollegen. Neben Akashiel, Japhael und zwei oder drei anderen war ich bisher nur wenigen Schutzengeln begegnet. Sie alle versammelt zu sehen, zumindest jene, die Akashiel unterstellt waren, erstaunte mich. Noch mehr überraschte mich, dass Akashiel dieses Treffen anberaumt hatte, um mich offiziell als neues Mitglied seiner Truppe vorzustellen. Etwas, was Japhael nie getan hatte.
    Ich stand neben ihm, doch statt mich voll und ganz auf seine Ansprache zu konzentrieren, betrachtete ich die Gesichter der Anwesenden und beobachtete ihre Reaktion auf Akashiels Worte. Über Japhael verlor er kein Wort – anscheinend hatten sie das Thema bereits bei einem anderen Treffen erörtert –, stattdessen erklärte er, dass die Nephilim wieder freigelassen wurden. Nachdem die Verträge in Flammen aufgegangen waren, waren auch sie wieder im Besitz ihrer Seelen, sodass von ihrer Seite keine Gefahr mehr drohte.
    Dann kam er auf mich zu sprechen, den einstigen Gefallenen, der seinen Fehler erkannt und sich erneut dem Hirten zugewandt hatte. Mittlerweile schien durchgesickert zu sein, was mit Luzifers gesammelten Seelen geschehen warund welchen Anteil ich daran gehabt hatte. Ich argwöhnte allerdings, dass Akashiel und Uriel gewisse Aspekte meiner Geschichte hatten unter den Tisch fallen lassen.
    Nach Akashiels Ansprache nahmen mich die Engel so herzlich auf, dass ich mich fast schon dafür schämte, bis vor Kurzem noch so schlecht über die geflügelten Clowns gedacht zu haben, die jetzt meine Kollegen waren. Ein Umstand, den ich der Bequemlichkeit halber allerdings lieber Japhael und seinem Verhalten mir gegenüber in die Schuhe schob.
    Tatsächlich hatte ich erwartet, dass sie mich ablehnen oder auf mich herabsehen würden. Herabsehen auf den dunklen Engel, der sich zwar versetzen konnte und auch sonst noch einige Tricks auf Lager hatte, aber keine Flügel mehr besaß.
    Das tat niemand – zumindest nicht öffentlich.
    Ich wurde weder mit Mitleid überschüttet noch lachte jemand über mich. Als Akashiel die Versammlung auflöste und ein paar der Engel noch zu uns kamen, um sich zu verabschieden, schlug mir einer von ihnen vor, es mal mit Drachenfliegen zu versuchen, das käme unserem Flug am nächsten.
    Im ersten Moment war ich versucht, ihm eine scharfe Antwort zu geben, dann jedoch wurde mir bewusst, dass er es nur gut meinte, weshalb ich ihm dankte und mir vornahm, es tatsächlich einmal auszuprobieren.
    Schließlich blieben Akashiel und ich allein im Konferenzraum zurück, zusammen mit dem befremdlichen Gefühl, dass die Dinge genauso sein sollten. Nach Jahrtausenden hatte ich meinen Platz ausgerechnet im Kreise derer gefunden, gegen die ich so lange gekämpft hatte. Ich war wieder ein Engel. Rehabilitiert. Und doch anders als alle anderen.
    »Warum wolltest du mich haben?«, fragte ich.
    Akashiel verzog das Gesicht. »Vermutlich ein akuter Anfall von schwerem Masochismus.«
    »Gib es auf, du wirst nie witzig werden.«
    Er grinste. »Die Wahrheit willst du ja doch nicht hören.«
    »Ach ja?«
    »Ich weiß doch genau, was ich mir anhören muss, wenn ich sage, dass es mich überzeugt hat, wie du deine Entscheidungen getroffen hast, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, wem du dabei auf die Füße trittst oder wessen Interessen du auf diese Weise vertreten könntest.« Er zuckte die Schultern. »Du hast einfach das Richtige getan, und das hat mich beeindruckt. Die Selbstlosigkeit, mit der Jules und du füreinander buchstäblich durch die Hölle gegangen seid, erwähne ich einfach gar nicht mehr.«
    Durch die Hölle gegangen. Das waren wir wirklich – Jules mehr als ich.
    Nur zu gerne hätte ich ihm einen sarkastischen Kommentar um die Ohren gehauen, doch im Augenblick wollte mir nichts Passendes einfallen, darum begnügte ich mich mit einem bösen Blick.
    »Ich muss weg«, sagte ich und öffnete meine Signatur, um zu verschwinden, bevor es noch peinlicher werden und er mir am Ende noch seine Freundschaft anbieten konnte.
    »Warte!«
    Scheiße, zu spät. Genervt drehte ich mich zu ihm herum. »Was denn noch?«
    »Ich weiß, dass du dir Karen MacNamaras Sanatoriumsaufenthalt erschlichen hast.«
    Das war allerdings noch schlimmer als ein Freundschaftsangebot, aber Jules’ Mutter brauchte die Hilfe. »Hör zu, ich weiß, dass wir so nicht arbeiten, aber das ist ein Notfall, und wir sind immerhin Schutzengel, ich habe also nur meinen Job gemacht.«
    »Einen Job, den du zu diesem Zeitpunkt nicht einmal gewollt hast.«
    Ich
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